Ist der Impfstatus wirklich eine reine Privatangelegenheit?

Seit dem 8. Oktober sind im Giswiler Altenheim «Dr Heimä» neun Menschen an Covid-19 verstorben. Der Fall wurde nur bekannt, weil Angehörige und das Pflegepersonal die Öffentlichkeit suchten. Von den Verstorbenen waren lediglich drei geimpft. Der Heimleiter hingegen behauptete, die Todesfälle seien Impfdurchbrüche und er meinte, für die Wirkung des Impfstoffs verheisse das nichts Gutes. Besonders krass: Die Pflegenden sollen auf Weisung der Heimleitung gegen die Covid-19- Verordnung verstossen und keine Masken getragen haben – was nun Gegenstand einer Strafuntersuchung ist.

Ungeimpftes und «unzertifiziertes» Restaurantpersonal – das notabene zu prüfen hat, ob der Gast über ein gültiges Covid-Zertifikat verfügt – Physiotherapeuten, die ohne Impfung mit Patientinnen und Patienten arbeiten. Zehn Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die sich dem Piks – aus welchen Gründen auch immer – verweigern. Tatsachen, die man vor dem Hintergrund vermehrter Impfdurchbrüche und teilweise untauglicher oder betrügerisch angewendeter Tests sehen muss und die erschrecken.

Betrug bei Covid-Tests? Das ist kinderleicht zu machen, wie der «Tages-Anzeiger» aufgedeckt hat. Um was geht es? Wer in einem Betrieb arbeitet, welcher regelmässig Covid- Spucktests durchführt, kann in den Kantonen Bern, Basel-Stadt und Graubünden gratis ein Zertifikat bekommen. Oft werde beim Spucken auf das Vier-Augen-Prinzip und damit auf eine Kontrolle verzichtet – was einem Missbrauch Tür und Tor öffnet. Aber auch mit Kontrolle könne man sicher sein, negativ getestet zu werden und am Freitagabend Party feiern zu dürfen. Der Trick? Vor dem Spucken die Zähne gut putzen. Italien und Österreich gehen angesichts wieder steigender Fallzahlen einen radikalen Weg. Bereits heute gilt auch an den Arbeitsplätzen Zertifikatspflicht. Neu will man 2G verfügen. Nur noch Geimpfte und Genesene dürfen dann noch zur Arbeit. Ja, das läuft in Richtung Impfzwang.

Was gegen Impfen spricht? Die Diskussion ist müssig. Fakt ist aber, hätte es im 19. Jahrhundert «soziale Medien» gegeben, wären die Pocken – eine hochgefährliche Krankheit, gegen die es keine Heilmittel gibt – wohl kaum ausgerottet worden. Besiegt wurde der Virus ab 1801 mit Impfungen, gegen welche damals keine Verschwörungstheorien per Internet verbreitet werden konnten. Richtig ist aber auch, dass es in der Schweiz gegen eine Durchimpfung der Bevölkerung Widerstand gab. Speziell in der Innerschweiz und im Wallis hatte man religiöse Bedenken und Vorbehalte.

Der aktuelle Papst Franziskus ist zweifach geimpft und bezeichnet die Impfung als «Akt der Menschenliebe». Was er damit meint, verdeutlicht Jürgen Klopp, Erfolgstrainer des Fussballklubs Liverpool, in bildhafter Sprache. Er vergleicht die Verweigerung einer Corona-Impfung mit Alkohol am Steuer. Das Gesetz sei nicht dazu da, ihn nach mehreren Gläsern Bier zu schützen, sondern die anderen Leute, weil er dann unfähig sei, ein Auto zu lenken. Die Covid-Impfung habe er nicht nur zu seinem eigenen Schutz gemacht, sagt Klopp, und er wünscht sich mehr Transparenz zum Impfstatus. Den Taxifahrer dürfe man auch fragen, ob er betrunken sei – um dann sofort wieder aussteigen zu können.

Zurück zu Papst Franziskus. Der hat für die Mitglieder der Schweizer Garde eine Impfpflicht eingeführt. Drei Gardisten haben sich dem verweigert und sind aus dem Dienst geschieden. Ungehorsam dem Papst gegenüber – etwas, was im tief katholischen privaten Umfeld der drei jungen Männer wohl kaum gut ankommt.