Jedes fünfte Kind hat Antikörper im Blut

Seit Beginn der Pandemie geben die Schulen zu reden. Wurden diese im ersten Lockdown im Frühling 2020 noch für Wochen geschlossen, wurde in der zweiten und dritten Welle darauf verzichtet. Während allen drei Wellen hat die Universität Zürich mit dem Projekt «Ciao Corona» in den Zürcher Schulen untersucht, wieviele Kinder, Lehrpersonen und Eltern sich mit dem Coronavirus angesteckt haben. Dafür wurden in allen drei Phasen die Antikörper im Blut von etwa 2500 Kindern drei Mal untersucht. Im Juni/Juli 2020, im Herbst und nun im März/April 2021. Auf diese Weise konnte die Entwicklung der Pandemie in der Schule über den ganzen Zeitraum beobachtet werden.

 
Milo Puhan, Leiter des Instituts für Epidemiologie an der Universität Zürich. Bild: PD

Milo Puhan, Leiter des Instituts für Epidemiologie an der Universität Zürich. Bild: PD

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Eine wissenschaftliche Beobachtung, die gemäss Professor Milos Puhan von der Universität Zürich auch international von Interesse ist. Immerhin gehen zur Zeit 200 Millionen Kinder wegen Corona nicht in der Schule. Gerade auch für unsere Nachbarländer sei diese Studie von Bedeutung, weil dort im Gegensatz zur Schweiz die Schulen lange geschlossen blieben sind – mit fatalen Folgen, die sich nach Puhan schon zeigen und noch weiterhin nachwirken.

Anstieg von 2 auf 19 Prozent

Nachdem die dritte Phase des Projekts «Ciao Corona» nun abgeschlossen ist, hat Projektleiterin Susi Kriemler von der Universität Zürich heute die Resultate vorgestellt. Die Zahl der Schulkinder, die Antikörper im Blut haben, ist von der ersten Welle zur dritten von 2 auf 19 Prozent gestiegen. «Somit hat ein eins von fünf Kindern eine Coronainfektion durchgemacht», sagt Kriemler. Zwei Drittel der infizierten Kinder und Jugendlichen bleiben symptomlos. Und war vor allem interessiert: 80 Prozent der Kinder, die im Herbst infiziert worden sind, haben auch ein halbes Jahr später noch Antikörper im Blut. «Der immunologische Schutz besteht also weiterhin und diese Kinder haben ein tieferes Risiko wieder angesteckt zu werden», sagt die Projektleiterin. «Es ist möglich, dass Kinder mit durchgemachter Infektion trotz fehlender Antikörper durch andere Abwehrmechanismen des Körpers wie T-Zellen vor einer Wiederansteckung geschützt sind», erklärt Susi Kriemler. Aber man wisse nicht, wie sich das sechs Monate nach der Infektion entwickle.

Die Untersuchungen des Instituts für  Epidemiologie, Biostatistik und Prävention zeigen, dass die Oberstufenschüler weniger betroffen sind, als die jüngeren Schüler. Das könnte man als Erfolg der Maskenpflicht bei den älteren Schülern interpretieren. «Generell zeigt das Monitoring, dass alle untersuchten Gruppen etwa gleich betroffen sind. Also Schulkinder, Lehrpersonal und Eltern», sagt Kriemler. Bemerkenswert hält die Uni-Professorin dabei, dass sich nicht mehr Lehrpersonen angesteckt werden, obwohl diese an zwei Orten der Ansteckung ausgeliefert sind. Zu Hause und in der Schule.

Die Entwicklung angesteckter Klassen ist gleich wie bei den Schülern

Interessiert hat die Forscher auch die Ansteckungen bezogen auf die Schulklassen. In der ersten Welle waren zwei von 100 Schulklassen im Kanton Zürich von Corona betroffen. Im Herbst in der zweiten Welle nahm der Anteil von Klassen in denen sich drei oder mehr Schülerinnen und Schüler angesteckt hatten zu auf 6 von 100. In der dritten Phase sind es nun 20 auf 100 Schulklassen, die mehrere Schüler mit Antikörpern im Blut haben. Der Anteil der Klassen mit positiv getesteten Schülern entspricht somit auch dem Anteil der Kinder im Gesamten, die eine bemerkte oder unbemerkte Coronaerkrankung durchgemacht haben. Die Resultate zeigen gemäss der Uni-Professorin Kriemler auch, dass es nicht zu grossen Übertragungen zwischen den einzelnen Klassen gekommen ist. Die Schüler haben sich Klassenübergreifend kaum angesteckt, sondern wohl entweder im eigenen Schulzimmer oder noch viel öfter zu Hause im Privaten.

Interessiert haben den Long-Covid-Experten Milos Puhan auch die langfristigen Auswirkungen einer Coronainfekton bei Kindern. Noch gebe es keine verbindlichen Kriterien, welche Symptome wirklich Long Covid seien. Aber man habe nun die Symptome angeschaut, die über drei Monate nach einer Erkankung spürbar waren. Bei Long Covid handle es sich dabei um sehr unspezifische Symptome. Das heisst, ein typisches Symptom wie zum Beispiel Kopfweh ist schwierig einer Ursache zuzuordnen, in diesem Fall Covid-19. Deshalb habe man für die Long-Covid-Untersuchung eine Kontrollgruppe gemacht, die keine Antikörper im Blut hatte. «Dabei zeigt sich, dass zwei Prozent der Infizierten Symptome haben, die Long Covid zugeschrieben werden können», sagt der Leiter des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich.

«Dieser Anteil ist deutlich tiefer als bei den Erwachsenen.»

Puhan ergänzt zudem, dass keines dieser Kinder mit Long Covid hospitalisiert werden musste.

Zürcher Schüler dürfen wieder auf Schulreise

Der Kanton Zürich wird nun aufgrund der Erfahrungen der letzten Wochen das Testing in den Schulklassen aufrecht erhalten. Die repetitiven Massentests in den Schulen laufen seit Ende März, von 30 Zürcher Mittelschulen testen 14 regelmässig, wie die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner erklärt. Und auch der Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger will auf dem eingeschlagenen pragmatischen Weg weiterfahren, der zu Anfang einen Sturm der Entrüstung ausgelöst habe. Insbesondere das Maskentragen aber der 4. Klasse. Der Kanton Zürich wird die Massnahmen nun leicht lockern und zum ersten die Maskenpflicht ausserhalb des Schulhauses aufheben, den Schwimmunterricht wieder erlauben, sowie auch Klassenlager und Schulreisen wieder durchführen, wenn auch unter strengen Schutzmassnahmen.