
Jetzt ist Demut gefragt – in jeder Beziehung
Es war schwer verdauliche Kost, die die Aktionäre der EHC Olten AG am Montagabend an der Generalversammlung serviert bekamen. Aus heiterem Himmel kam die Hiobsbotschaft für der Organisation nahestehende Personen nicht. Aber für den normalen Fan war es doch eher schockierend, was da zu hören und zu lesen war. Ohne massiven finanziellen Einsatz der Verwaltungsräte und dem Klub zugeneigten Leute hätte es ziemlich sicher geheissen: «Aus die Powermouse.» Eine öffentliche Rettungsaktion in Millionenhöhe zur Verhinderung eines Konkurses wäre kaum erfolgreich gewesen.
Dass von all den dramatischen Ereignissen, die sich im Hintergrund abspielten, nichts offiziell an die Öffentlichkeit drang, führte für die Klubverantwortlichen während Monaten zu einer sprichwörtlichen Zerreissprobe. Auf der einen Seite schwebte über allem immer noch der berühmt-berüchtigte Dreijahresplan mit dem grossen Ziel, den Aufstieg in die National League zu schaffen. Auf der anderen Seite war da die Erkenntnis, dass sich immer wieder neue, finanzielle Abgründe auftaten. Hier also die hohe Erwartungshaltung und die damit oft aufflammende Unzufriedenheit der Anhänger. Dort das Wissen, dass es eigentlich nur noch ums Überleben geht.
Viel Herzblut und Leidenschaft, aber eine One-Man-Show
Nun weiss man: Der EHC Olten ist bei seinem Streben nach Höherem fast ungebremst in eine Wand gedonnert. Der aktuelle Verwaltungsrat mit Präsident Marc Thommen hat es anlässlich der Generalversammlung tunlichst vermieden, mit dem Finger auf Schuldige des Debakels zu zeigen. Aber man kann eins und eins zusammenzählen, um zu erkennen, wer die Hauptverantwortung für dieses Fiasko trägt: der im November abgetretene Geschäftsführer Peter Rötheli.
Rötheli ist eigentlich die tragische Figur in dieser ganzen Geschichte. Es ist und bleibt eine Tatsache, dass der Hägendörfer dank seinem unglaublichen Herzblut, seiner Leidenschaft und seinem Einsatz zu Beginn des Jahrtausends dafür gesorgt hat, dass der damals (einmal mehr) dem Untergang geweihte EHC Olten wieder zu einer respektierten Adresse im Schweizer Eishockey wurde. Bildlich gesprochen, hat Rötheli eine verlotterte Holzhütte in ein schmuckes Einfamilienhaus umgebaut. Bei seinem Streben, es in eine Villa zu verwandeln, um im Konzert der Grossen mitzuspielen, hat er sich offensichtlich allerdings fürchterlich verrannt.
Man darf ihm dabei nicht einmal böse Absicht unterstellen. Dass er den Sprung ins Oberhaus des Schweizer Eishockeys mit aller Macht anstrebte, war zum damaligen Zeitpunkt aus mehreren Gründen durchaus nachvollziehbar. Aber Rötheli hat es dabei verpasst, dem Klub die richtigen Strukturen zu verpassen. Auf dem Eis wurde auf Teufel komm raus und oft ohne erkennbaren Plan in teilweise überteuertes Personal investiert. Neben dem Eis blieb er als Geschäftsführer viel zu lange eine eigentliche One-Man-Show. Dass er mit der Zeit offensichtlich vollkommen den Überblick verlor und dabei gravierende Fehler machte, ist nicht erstaunlich. Zumal in diesem Chaos erst recht auch potenzielle Kontrollorgane zum Scheitern verurteilt waren.
Das grosse Glück des EHC Olten
In einem anderen Licht steht dabei auch der im Sommer 2017 abgetretene VR-Präsident Benvenuto Savoldelli. Dass er gegen Ende seiner Amtszeit mit seinem langjährigen Weggefährten Rötheli Differenzen bezüglich Ausrichtung des Klubs hatte, ist kein Geheimnis. Der kostenbewusste Savoldelli war ein Bremsklotz bei der Vorwärtsstrategie Röthelis und galt bald einmal als Verhinderer. Bis sich Savoldellis Nachfolger Marc Thommen einen Überblick verschafft und alle Leichen im Keller entdeckt hatte, war es längst zu spät, der Schaden bereits angerichtet.
Es ist das grosse Glück des EHC Olten, dass Thommen und die restlichen Verwaltungsräte dieses leckgeschlagene Schiff nicht haben sinken lassen. Sondern, im Gegenteil, auch mitten in einem der schwersten Stürme der jüngeren Vereinsgeschichte, sich daran gemacht haben, die Organisation auf ein solides Fundament zu stellen. Mit einer funktionierenden Geschäftsstelle, mit Investitionen in die Stadioninfrastruktur – und trotz massiver Sparvorgaben – mit dem Willen, weiter gutes Geld in das sportliche Aushängeschild, die erste Mannschaft, zu stecken.
Seien wir also froh, gibt es ab Mitte September wieder Eishockey im Kleinholz zu sehen. Aber jetzt ist Demut angesagt. In jeder Beziehung.
«Wir stehen zu Fehlern»
Ein Minus von 400 000 Franken, ohne Liquiditätszuschüsse von grosszügigen Verwaltungsräten und Partnern sogar ein Loch von rund 1,1 Millionen Franken. Der EHC Olten stand, wie bereits in den Nullerjahren, nahe vor dem Aus. Altlasten waren aufgetaucht, die bereinigt werden mussten. Die neue Führung hat an der GV tunlichst vermieden, Namen zur Misswirtschaft der vergangenen Jahre zu nennen. Doch die ausgewiesenen, kapitalen Altlasten in der Erfolgsrechnung führen auf eine Zeit zurück, in welcher vor allem eine Person für den EHCO weibelte: der im November abgetretene Geschäftsführer Peter Rötheli. Er habe die Zahlen aus dem Geschäftsjahr 18/19 zur Kenntnis genommen und die Pressetexte dieser Zeitung gelesen, sagt Rötheli auf Anfrage. Er habe Reaktionen von Fans und Freunden erhalten und sich telefonisch ausgetauscht mit Weggefährten. Zu konkreten Details der Erfolgsrechnung, wie etwa einseitig signierten Verträgen, Sponsoringbeiträgen mit der Währung «WIR» und ausstehenden Debitorenbeständen, möchte er keine Auskunft geben. «Uns ist bewusst, dass wir auch Fehler gemacht haben. Wir stehen zu diesen Fehlern», sagt Rötheli. Er hält aber auch fest: «Zum aktuellen Defizit haben nicht nur Altlasten beigetragen, sondern auch zusätzliche Investitionen und Ausgaben, die vom heutigen Verwaltungsrat abgesegnet oder getätigt worden sind.» Vielleicht sei der grösste Fehler gewesen, sich nicht genügend um die Stärkung der Strukturen gesorgt zu haben. Der Klub ist mit Röthelis Herzblut und Leidenschaft so schnell gewachsen, dass man wohl jeweils zu viel Geld in die Mannschaft und die Renovation des Stadions gesteckt habe. In Röthelis Stimme schwingt Enttäuschung mit: «Niemand will dem Klub Schaden zufügen. Ich und auch alle damaligen Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder tragen den EHCO tief im Herzen. Wir haben immer unser Bestes gegeben.» (sha)