
Jetzt kommen die Freiluft-Beizen: So können Wirte in den Aargauer Städten Trottoirs und Gassen kostenlos nutzen
Die letzten Monate waren für die Wirte, Barbetreiber und Cafébesitzer im Aargau schwierig und frustrierend. Seit langem sind ihre Lokale geschlossen, dank der Härtefallgelder und Kurzarbeitsentschädigung gab es zwar finanzielle Hilfe, doch richtig arbeiten konnten die meisten nicht.
Zumindest teilweise ändert sich dies nun: Ab dem 19. April dürfen Terrassen, Gartenrestaurants und Strassencafés wieder öffnen, wie Bundesrat Alain Berset am Mittwoch an einer Medienkonferenz sagte. Ob sich dies für die Wirte, Pub-Betreiber und Barbesitzer im Aargau lohnt, dürfte von Lokal zu Lokal unterschiedlich sein.
Aufruf: Machen Sie Ihre Terrasse wieder auf?
Wir suchen Gastrobetriebe im Aargau, die ab Montag oder später ihren Aussenbereich für Gäste öffnen. Gehören auch Sie dazu? Dann melden Sie sich unter online@chmedia.ch mit Namen ihres Restaurants, Standort und Zeitpunkt der Öffnung. Unsere Online-Karte wird laufend aktualisiert.
Klar ist aber: Die Städte und grossen Gemeinden im Aargau unterstützen die Gastronomen. Wer über die Aussenfläche des eigenen Lokals hinaus öffentlichen Raum beansprucht, also zum Beispiel zusätzliche Stühle und Tische aufs Trottoir oder in die Altstadtgasse stellt, muss keine Gebühren zahlen. Eine entsprechende Regelung kennen unter anderem Aarau, Baden, Brugg, Laufenburg, Lenzburg, Rheinfelden, Windisch und Zofingen.
Aarau und Baden verzichten auf Gebühren für Aussenflächen der Lokale
In Aarau hatte der Einwohnerrat schon letztes Jahr einen temporären Gebührenerlass beschlossen. Diese Regelung läuft Ende April aus, inzwischen hat der Stadtrat aber «den Verzicht auf die Erhebung von Gebühren für Aussenflächen von Aarauer Boulevardrestaurants» bis zum 31. Oktober verlängert. Wenn die Nutzer der Nachbarliegenschaften einverstanden sind, stehe Wirten auf Gesuch hin mehr Aussenraum zur Bewirtschaftung zur Verfügung, teilte die Stadt Mitte März mit.

Das sogenannte Badener Modell sieht vor, dass die Stadt den Nutzern ihrer Liegenschaften in der Coronakrise teilweise die Miete erlässt.
In Baden stellt die Stadt ihren Restaurants schon seit Mai 2020 mehr Aussenfläche zur Verfügung, die Gesuche dafür wurden rasch behandelt. Damit kam der Stadtrat einer Forderung von drei FDP-Einwohnerräten nach. Zudem wurden auch Gartenwirtschaften, die mehr öffentlichen Raum brauchten, im Jahr 2020 von der Gebührenpflicht entbunden. Im laufenden Jahr wird das sogenannte Badener Modell weitergeführt, das auch Mieterlasse in städtischen Liegenschaften umfasst.
Lenzburg erlässt Wirten rund 23’000 Franken an Gebühren
Auch die Stadt Lenzburg hat Gastrobetrieben mit Gartenwirtschaft die Gebühren für die Nutzung des öffentlichen Grundes erlassen. «Darüber hinaus hat sie diesen Betrieben noch zusätzliche Aussenfläche für eine Gartenwirtschaft zur Verfügung gestellt», teilt die stellvertretende Kommunikationsleiterin Michèle Gächter mit.

Ab Montag soll auch die Rathausgasse in Lenzburg wieder belebter sein. Aufgenommen im November 2018.
Der Gebührenerlass erfolgte bereits für das Jahr 2020 und wird auch für 2021 wieder gewährt. Erlassen wurden den Wirten laut Gächter rund 14’000 Franken für die ordentlichen Aussenflächen und rund 9000 Franken für die zusätzlichen Aussenflächen – insgesamt also ein Betrag von rund 23’000 Franken.
Zofingen bewilligt Festzelte, Buden oder Hütten einfacher
In Zofingen gilt laut Mitteilung des Stadtrats: Gassenrestaurants müssen aufgrund der Coronapandemie in diesem Jahr keine Konzessionsgebühren für die Nutzung von öffentlichen Flächen bezahlen. Weiter will ihnen die Stadt Zofingen ermöglichen, den Aussenbereich bis Ende November unentgeltlich zu vergrössern, damit Gäste Abstand halten können.

In der Zofinger Altstadt können Buden, Hütten oder Festzelte dieses Jahr einfacher aufgestellt werden, wie der Stadtrat mitteilt.
Wer in der Altstadt länger als zwei Monate Buden, Hütten oder Festzelte aufbauen möchte, braucht normalerweise eine Baubewilligung. Nun geht das einfacher: So werden erweiterte Gassenkonzessionen oder temporäre Bauten für zwei Monate bewilligt, dies mit Aussicht auf zwei weitere Monate. Weiter hat der Stadtrat beschlossen, bei Anfragen von heimischen Gastronomen für Foodtrucks vorläufig auf Platzgebühren zu verzichten.
Brugg verspricht rasche Bewilligungen, Windisch verlangt keine Gesuche
In Brugg erlässt der Stadtrat den Wirten gleich für das ganze Jahr 2021 die Gebühren für die Nutzung des öffentlichen Raums. Als Zeichen der Wertschätzung und der Unterstützung des lokalen Gewerbes könnten Gesuche um Vergrösserung des Aussenbereichs unbürokratisch bei der Abteilung Planung und Bau eingereicht werden. Diese prüfe das Anliegen mit der Regionalpolizei und erteile zeitnah eine Bewilligung, teilte die Stadt schon Anfang März mit.

In der Brugger Altstadt gibt es «zeitnahe Bewilligungen» für die Vergrösserung der Aussenflächen von Restaurants.
Noch einfacher ist es für Wirte in Windisch: Gastrobetriebe können dort die Aussenflächen vor ihrem Betrieb, sofern es öffentlichen Grund betrifft, bis zum 30. November kostenlos nutzen oder erweitern. Eine Bewilligung sei nicht erforderlich, jedoch sei die Gemeinde vorgängig zu informieren, heisst es in einer Mitteilung des Gemeinderats von Ende März.
Laufenburg und Rheinfelden erlassen Gebühren für 2020 und 2021
Auch in den beiden Fricktaler Städten, die Lokale mit Aussenflächen in der Altstadt und am Rhein haben, profitieren die Betreiber. Marco Waser, der Stadtschreiber von Laufenburg, teilt auf Anfrage mit: «Es ist dieses Jahr so und war auch schon 2020 der Fall, dass die Gemeinde die Gebühren für die Gartenbeizen aller Restaurants und Cafés vollständig erlassen hat.»

In der Altstadt von Laufenburg profitieren Wirte, die Gartenbeizen betreiben, auch dieses Jahr von einem Gebührenerlass.
Dasselbe gilt in Rheinfelden, wie Stadtammann Franco Mazzi sagt: «Wir erlassen unseren Gastronomen die Gebühren für die Nutzung der öffentlichen Aussenflächen für beide Jahre.» Einfach ist auch die Behandlung von Gesuchen für die Erweiterung von Strassencafés oder Gartenbeizen: Wenn es um die gleiche Fläche geht, wie schon im Jahr zuvor, wird dies unbürokratisch bewilligt.
Wohlen: Keine Restaurants, die öffentlichen Raum nutzen
Kein Bedürfnis nach zusätzlichen Aussenflächen scheint es hingegen in Wohlen zu geben. In der Gemeinde gebe es keine Restaurants, die öffentlichen Grund beanspruchen, teilt Geschäftsleiter Christoph Weibel nach Rücksprache mit der Regionalpolizei mit. Derzeit gebe es auch keine Anfragen von Wirten, die draussen mehr Gäste bedienen wollten.
In der verkehrsfreien Altstadt von Bremgarten sieht dies anders aus – dort gibt es in den warmen Monaten diverse Outdoor-Beizen. «Doch momentan müssen Lokale eine Gebühr bezahlen, wenn sie in der Altstadt Stühle aufstellen», sagte GLP-Stadtratskandidat Sandro Schmid im Januar in der AZ. Er möchte dies ändern, und gerade jetzt, nach dem Entscheid des Bundesrats, dürfte diese Forderung populär sein.
Bremgarten: Stadtammann stellt Lösung in Aussicht
Der Bremgarter Stadtammann Raymond Tellenbach sagt auf Anfrage, man habe den Beizen im letzten Jahr zumindest für sechs Monate die Gebühren erlassen. In normalen Zeiten gilt in Bremgarten das Reglement zur Nutzung öffentlicher Strassen/Gassen und Plätze und vor allem der Anhang, in dem die Gebühren festgelegt sind. Dort heisst es: «Die Gebühr für die Nutzung von öffentlichen Strassen und Plätzen für Gassenwirtschaften beträgt Fr. 50.– für den ersten Quadratmeter und Fr. 30.– für jeden weiteren Quadratmeter.» Nutzt ein Lokal also eine Fläche von 50 Quadratmetern in einer Gasse, werden dafür 1520 Franken fällig.

Am Montag entscheidet der Stadtrat, ob in der Bremgarter Altstadt keine Gebühren erhoben werden, wenn Beizen draussen Gäste bewirten wollen.
Am Freitag trifft sich laut Tellenbach in Bremgarten das Kernteam Pandemie mit Vertretern aus der Stadtverwaltung, um das weitere Vorgehen nach den Lockerungen des Bundesrats zu besprechen. Dabei werde sicher auch die zusätzliche Nutzung der Altstadtgassen und ein möglicher Gebührenerlass für Gastronomen diskutiert. Tellenbach sagt:
«Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Situation darauf verzichten, von den Wirten die üblichen Gebühren zu verlangen.»
Das Kernteam Pandemie könne dazu Vorschläge machen, definitiv entscheiden werde der Bremgarter Stadtrat an seiner Sitzung vom kommenden Montag.
Kanton erlaubt Heizpilze in der Aussengastronomie
Auch der Kanton hat die Vorgaben für Wirte gelockert. So gilt nach wie vor ein Verzicht auf kantonale Prüfung beziehungsweise kantonale Baugesuche für die Erweiterung der Aussenbestuhlung mit Dächern, die den Schutzvorgaben entsprechen. Dies unter der Voraussetzung, dass baupolizeiliche Vorschriften eingehalten werden und die Verkehrssicherheit nicht tangiert ist.
Je nach Wetter und Temperatur können auch Heizpilze eingesetzt werden. Der Kanton will mit den Gemeinden und Gastro Aargau zudem weitere Möglichkeiten prüfen, um die Betriebe bei der Umsetzung der Lockerungsmassnahmen des Bundesrats zu unterstützen. Die Regierung begrüsst es, dass die Unterstützung der Gastrobranche weiterläuft, weil die Öffnung der Terrassen nicht kostendeckend sei. Betriebe erhalten die Fixkostenbeiträge wegen behördlicher Schliessung im bisherigen Umfang.