Kein Lohn für brillanten Auftritt des FC Aarau

Tief in der Nachspielzeit ist es ein Eckball, der den Gästen  aus Aarau nochmals Hoffnung bringt. Aber auch beim zwölften Mal will der Ball nicht ins Tor. Danach ist die Partie vorbei und die Niederlage Tatsache.

Zwölf Eckbälle, doppelt so viele wie der Gegner. Eigentlich eine nebensächliche Statistik. Doch sie versinnbildlicht, wer in der Stockhorn-Arena die dominante Mannschaft war: Der FC Aarau, der seit der 30. Minute und dem ultraharten Platzverweis gegen Petar Misic in Unterzahl agieren muss. Mehr noch: Bereits in der Startviertelstunde verlieren die Aarauer Arijan Qollaku, beim Linksverteidiger deutet viel auf eine schwere Knieverletzung hin.

Viele Mannschaften schalten nach zwei solchen Nackenschlägen in den Überlebensmodus um. Nicht der FC Aarau: Nach kurzer Umgewöhnung auf die Unterzahl wäre bei der Doppelchance von Rrudhani und Gashi schon vor der Pause die  Führung dringelegen.

Was die Gäste dann in der zweiten Halbzeit zeigen, verdient nur eine Bezeichnung: Brillant. Das mag schräg tönen, wenn am Ende der Sieger FC Thun heisst. Doch für diese Niederlage muss sich der FC Aarau nicht grämen. Im Gegenteil.

Nochmals: Ein Mann weniger seit der 30. Minute; der Gegner der Absteiger aus der Super League, dort die drittbeste Mannschaft in der Rückrunde der vergangenen Saison. Unbeeindruckt davon zieht der FC Aarau ein Powerplay auf, Mitte der zweiten Halbzeit bieten sich grosse bis sehr grosse Chancen auf das 1:0. Die Thuner? Wissen nicht, wie ihnen geschieht. Hätten sie vor der Partie nur auf ihren Trainer Carlos Bernegger gehört, der gesagt hat: «Der FC Aarau ist eine der besten Mannschaften der Liga.»

In der 66. Minute ertönt auf der Aarauer Ersatzbank lauter Torjubel. Zurecht: Denn drei Meter vor dem verlassenen Tor kommt der Ball zu Rrudhani, das 1:0 ist eigentlich Formsache. Doch Rrudhani schafft tatsächlich das Kunststück, nicht zu treffen.

Später sind es wieder Rrudhani, Bergsma und der eingewechselte Zverotic, die hochkarätige Möglichkeiten ungenutzt lassen. Und so lautet das angesichts sechzigminütiger Unterzahl groteske Fazit aus Aarauer Sicht: Dieses Spiel hätte man gewinnen müssen. Der einzige Vorwurf, den sich die Gäste machen müssen: Mangelnde Chancenauswertung.

Das einzige Tor der Partie fällt in der 84. Minute. Erzielt durch den Thuner Einwechselspieler Chihadeh, der in gleicher Rolle bereits eine Woche zuvor zum 2:1 in Kriens getroffen hat. Gegen Aarau kommt er nach einer Flanke zwischen Bergsma und Giger unbedrängt zum Kopfball und überwindet knapp Goalie Enzler.

Apropos Enzler: Die Leihgabe vom FC Luzern steht sinnbildlich für die defensive Glanzleistung der Aarauer, die ebenso viel Anerkennung verdient hat wie das Chancenfestival. Vor dem 1:0 nämlich hat Thun nur gerade zwei Chancen auf einen Treffer, notabene noch bei personellem Gleichstand. Die erste ist ein Weitschuss von Fatkic an den Pfosten, die zweite ein von Enzler gehaltener Penalty nach dem Handspiel von Misic.

Womit wir zum Schluss bei der tragischen Figur des Abends sind: Vor der Partie in Thun hat Petar Misic in dieser Saison noch keine Rolle gespielt, im Berner Oberland rutscht er – und überraschend nicht Captain Elsad Zverotic – für den verletzten Mats Hammerich in die Startelf. In der Szene, die zum Penalty führt, agiert Misic übermotiviert und wird ein erstes Mal verwarnt. Das gilt auch für das Foul in der 30. Minute an Kablan, das zur zweiten Gelben Karte und somit zum Platzverweis führt. Trotzdem: In dieser Szene wäre von Schiedsrichterin Esther Staubli Fingerspitzengefühl angesagt gewesen. Andererseits:  Erst in Unterzahl hat der FC Aarau aufgedreht und sich trotz Niederlage viel Respekt verschafft.

Kostenlose Übertragung der Geisterspiele

«Die für die Öffentlichkeit kostenlose Übertragung der Aarau-Spiele ist in unseren Augen von entscheidender Bedeutung. Wird das nicht wieder eingeführt, verstehe ich irgendwann Fans und Sponsoren, die mit der Situation unzufrieden sind.» Deutliche Worte von Aarau-Präsident Philipp Bonorand nach dem Entscheid des Bundesrats, dass im Profifussball bis auf weiteres in leeren Stadien gespielt werden muss. Und dementsprechend Fussballklubs ihren Verpflichtungen gegenüber Saison-Abonnenten und Sponsoren nicht mehr nachkommen dürfen.

Bonorands Wunsch geht in Erfüllung. Gemäss AZ-Informationen werden ab kommender Woche alle Spiele, die der Rechteinhaber «Blue TV» (vormals «Teleclub») nicht ausstrahlt, live und frei verfügbar auf den Klub-Websites übertragen. Das betrifft pro Spieltag vier Partien der Challenge League, das fünfte Spiel können Fans wie gehabt auf dem frei empfangbaren Sender «Blue Zoom» verfolgen. Bereits im Sommer, als noch 1000 Zuschauer in die Stadien durften, konnten die daheimgebliebenen Fans von diesem Angebot profitieren.