
Kein Verlass auf die Verlässlichkeit
Ich mag Verlässlichkeit. Je verlässlicher ein Mensch ist, desto mehr Vertrauen entwickle ich in ihn. Synonyme von Verlässlichkeit sind: Authentizität, Gründlichkeit, Sicherheit, Sorgfalt. Verlässlichkeit zeigt sich für mich auch in Pünktlichkeit: dadurch, dass jemand seine Termine oder seine Worte einhält. Damit einher gehen auch Treue, Ehrlichkeit oder Loyalität. Verlässlichkeit hat viel mit Respekt gegenüber anderen Menschen zu tun.
Nur ist auf die Verlässlichkeit – so scheints mir – je länger, desto weniger Verlass. Abmachen mit Freunden? Wird zur Lotterie. Man sagt zwar zu, aber vielleicht kommt ja noch etwas Besseres dazwischen. Eine halbe Stunde vorher wird der Termin dann abgesagt. Besonders stark ausgeprägt ist der Mangel an Verlässlichkeit im Internet. Genauer: auf Plattformen, wo man seinen Hausrat verhökern kann. Also die virtuellen Brockenstuben.
Kürzlich stellte auch ich mal wieder ein paar Inserate online. Kurz darauf meldet sich eine Frau, bekundet «grosses Interesse» am Wandschrank. Wir tauschen die Nummern und machen einen Termin aus. Die Frau will den Schrank am Sonntagnachmittag abholen. Ich reserviere mir das Datum und die abgesprochene Uhrzeit – schwimmen gehen kann ich ja ein anderes Mal, denke ich mir. Hauptsache, der Schrank ist bald verkauft.
Am Abend vor dem vereinbarten Termin läuten in mir aus irgendeinem Grund die Alarmglocken. Um sicherzugehen, dass das Abholen wirklich klappt, melde ich mich nochmals bei der Frau. «Oh sorry, das habe ich total vergessen», lautet die Antwort. Und: «Ich habe einen Hund und kann darum nicht so spontan kommen.» Spontan, na klar. War ja wahnsinnig spontan, dieser Termin.
Das ist eines von vielen Beispielen. Besonders gerne mag ich auch jene, die sich auf ein Inserat melden, weitere Angaben fordern und wiederum «grosses Interesse» signalisieren. Und dann verschwinden sie in der virtuellen Welt, melden sich nie mehr wieder. Das nervt gewaltig. Also, geben wir uns doch alle etwas mehr Mühe, verlässlich zu sein. Das mit dem Respekt kommt dann von alleine.