
Keine Ausgangssperre: Bundesrat verbietet Ansammlungen von mehr als fünf Personen
Vorerst keine Ausgangssperre, aber verschiedene Verschärfungen der Massnahmen: Der Bundesrat hat am Freitag weitere Beschlüsse getroffen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Er verschärft die Kontaktregeln. Gruppen über fünf Personen drohen Ordnungsbussen.
Weil die bisherigen Massnahmen und das Abstandhalten noch zu wenig konsequent befolgt würden, seien Ansammlungen mit mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum ab Mitternacht verboten, namentlich auf öffentlichen Plätzen, auf Spazierwegen und in Parkanlagen. Bei Versammlungen von unter fünf Personen ist gegenüber anderen Personen ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Die Polizei kann bei Nichteinhaltung eine Ordnungsbusse verhängen.
Zudem werden die Kantone angewiesen, in den Lebensmittelläden und Betrieben die Hygienevorschriften durchzusetzen. Jene, die sich nicht daran halten, werden geschlossen. Die Arbeitgeber sollen laut dem Bundesrat hierzu die Anzahl der anwesenden Personen auf Baustellen oder in Betrieben limitieren sowie die Organisation anpassen.
„Mit diesen Massnahmen will der Bundesrat noch weitergehende Massnahmen vermeiden“, schreibt er – ohne das Wort Ausgangssperre in der Mitteilung zu erwähnen. Nun müsse eine Überlastung der Spitäler mit schweren Fällen von Coronavirus-Erkrankungen verhindert werden.
Zivilschützer helfen
Neben 8000 Soldaten stellt der Bundesrat den Kantonen als weitere Massnahme ein Kontingent des Zivilschutzes zur Verfügung. Er hat vorerst 850’000 Diensttage bewilligt. Diese stehen auf Abruf zur Verfügung. Das Kontingent ist in Abstimmung mit dem Assistenzdienst der Armee bis Ende Juni 2020 befristet. Der Bund wird die Kantone für die Einsätze mit einem Pauschalbetrag von 27,50 Franken pro geleisteten Diensttag entschädigen. Die Kosten belaufen sich insgesamt auf maximal 23,4 Millionen Franken.
Die Zivilschützer sollen vor allem in der Pflege, im Gesundheitswesen und in der Altenpflege eingesetzt werden. In den vergangenen Wochen seien in verschiedenen Kantonen bereits Schutzdienstpflichtige aufgeboten worden, schreibt der Bundesrat. Er gehe davon aus, dass der Bedarf für eine Unterstützung der zivilen Behörden, privater und öffentlicher Institutionen und Organisationen sowie der besonders betroffenen Bevölkerung aufgrund der aktuellen Lage in den nächsten Wochen in der ganzen Schweiz weiter zunehmen werde.
Weitere Massnahmen
Weitere Massnahmen betreffen beispielsweise Onlineshops. Diese dürfen neu auch am Wochenende Lebensmittel ausliefern. Ausnahmebewilligungen für Sonntagsarbeit oder für Fahrten am Sonntag sind nicht nötig.
Den Spitälern verbietet der Bundesrat, Wahleingriffe vorzunehmen. Es handelt sich um Operationen, die auch zu einem anderen Zeitpunkt vorgenommen werden können.
Berset: „Wir sind nahe an der Ausgangssperre“
Die verschärften Massnahmen im öffentlichen Leben seien den im Ausland geltenden Instrumenten sehr ähnlich, sagte Innenminister Alain Berset am Freitag vor den Bundeshausmedien. „Wir sind nahe an der Ausgangssperre.“ Der Bundesrat betreibe aber keine Spektakelpolitik, wolle deshalb nicht mit Schlagwörtern arbeiten.
„Es ist nicht die Ausgangssperre, die uns schützt. Was uns schützt, ist unser Verhalten. Das entscheidet darüber, ob die Massnahmen erfolgreich sind“, sagte Berset. Zudem zeige der Blick ins Ausland, dass allzu starke Massnahmen nicht der beste Weg seien, um das Virus einzudämmen. Die Bewegungsfreiheit sei der Bevölkerung wichtig.
Es gehe jetzt darum, das Kontaktverbot umzusetzen. Das sei nicht einfach, gab Berset zu. „Der Alltag ist mühsamer geworden.“ Doch es gehe nun darum, den vom Virus am stärksten Betroffenen und Gefährdeten zu helfen. „Wir müssen alles tun, um den Spitalbetrieb aufrechtzuerhalten.“
Einschränkungen gelten überall
Das funktioniere nur, wenn alle mitzögen. Berset appellierte erneut an das Verantwortungsbewusstsein von jedem und jeder. „Wir haben gemerkt, dass wir den Aufruf verstärken müssen.“ Nicht alle hätten sich in den vergangenen Tagen daran gehalten, soziale Kontakte einzuschränken.
Deshalb würden nun spontane Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten, sagte Berset. Das gelte überall: Auf der Strasse, in Pärken, auf Plätzen. Die Behörden könnten auch Gebiete absperren, falls das nötig sei.
Wer sich nicht an die Anweisungen halte, riskiere eine Ordnungsbusse von 100 Franken. „Es ist nun an der Zeit, wahrzunehmen, dass er der letzte Moment ist, um die Massnahmen ernstzunehmen und umzusetzen.“