Keine Beilage!

Ich bin kein Fleischverächter. Auch ich gönne mir zwischendurch gerne ein saftiges Cordon bleu. Das letzte verspeiste ich in Dagmersellen. Es war so gross, dass die Beilagen ihre Daseinsberechtigung verloren haben. Dass die Fleischlobby («Alles andere ist Beilage») mit ihrer Volksinitiative die Beilagen abschaffen will, finde ich aber doch ein bisschen zu extrem. Ein Schnitzel ohne Pommes frites ist halt einfach kein Schnipo. Aber nicht nur frittierte Kartoffeln sind eine passende Beilage. Was ist mit all dem feinen Gemüse: Broccoli, Rüebli, Blumenkohl, Lauch – ja sogar Fenchel mag ich inzwischen! Und was ist mit dem Gemüse, das mich anekelt, aber von anderen Menschen anscheinend genüsslich verzehrt wird? Ich gönne diesen Menschen doch das Sauerkraut (würg). Und seien wir ehrlich: Die Speckschwarte würde ohne das Sauerkraut-Bettchen ziemlich nackt auf dem Teller liegen.
Die Initianten sagen zwar, dass es auch nach einer Annahme der Initiative Röselichöhl auf dem Teller geben wird, aber ich bin mir da nicht so sicher. Und wenn, dann wird wohl das Know-how der Röselichöhl-Zubereitung leiden – dann werden sie wieder bitter schmecken. Und dadurch herrschen in der Schweiz vielleicht irgendwann Verhältnisse wie in Argentinien, wo es schwierig ist, sich ohne Fleischkonsum am Leben zu erhalten.
Ehrlich gesagt: Ich weiss einfach nicht mehr, was ich glauben soll. Vielleicht liegt das daran, dass heute immer alles Englisch angeschrieben werden muss. Das stört mich ebenfalls an dieser Initiative: Dass sie den Titel «No Billag» trägt anstatt «Keine Beilagen». Eine Schweizer Volksinitiative hat einen englischen Titel – wo kommen wir da hin. Ich bin kein Fleischverächter, aber auch kein Kulturverächter. Deshalb trete ich am 4. März ans Buffet im Restaurant meines Vertrauens und entscheide mich für den Beilagenteller.

Bsetzistei ist die wöchentliche Kolumne der Redaktorinnen und Redaktoren des Zofinger Tagblatts und der Luzerner Nachrichten.