Knall bei den SBB: Meyer verpasste den richtigen Zeitpunkt für den Rücktritt

Nun also doch: Andreas Meyer verlässt den Führerstand der SBB. Dass er dies gerade jetzt tut, wo die Kritik an den SBB am lautesten ist, widerspricht eigentlich seinem Naturell: Meyer ist ein Kämpfer-Typ, einer, der gerade in schwierigen Zeiten hinsteht und handelt. Nach aussen sendete er bis zuletzt andere Signale aus, als aufzugeben. Der «Tages-Anzeiger» schreibt noch in seiner heutigen Ausgabe: «Meyer sitzt weiterhin fest auf seinem Posten.»

Doch im Bundeshaus hat Meyer seit längerem – und spätestens seit dem tragischen Unfall von Baden – an Unterstützung verloren. Und es ist immer noch der Bund, der Eigentümer der SBB, der den Tarif durchgibt, auch wenn der CEO formell vom Verwaltungsrat gewählt wird. Dieser überzeugt seinerseits nicht durch Führungsstärke, sondern liess Meyer immer an der langen Leine; SBB-Präsidentin Monika Ribar ist seit der «Paradise Papers»-Affäre arg geschwächt.

Eine Rolle spielt auch der Wechsel im Verkehrsministerium. Doris Leuthard (CVP) kam bestens aus mit Andreas Meyer, doch Nachfolgerin Simonetta Sommaruga (SP) schaut bei den Bundesbetrieben genauer und auch kritischer hin.

Meyer sagt nun, er habe sich schon im Frühling für den Rücktritt entschieden. Mag sein. Doch dass er gerade jetzt geht, zeigt eben doch, dass es auch der Druck aus der Politik war, dem er am Ende nicht standgehalten hat. Er war 13 Jahre im Amt und hat den richtigen Moment für den Abgang verpasst: Wäre Meyer vor oder mit Doris Leuthard zurückgetreten, wäre er als innovativer und dynamischer Bahnmanager in Erinnerung geblieben.

Jetzt bleibt er ein Stück weit eine tragische Figur: Er hat die SBB vorwärts gebracht, die Digitalisierung vorangetrieben, die Effizienz verbessert. Doch am Ende ist er auf einem Kerngebiet jeder Bahn, der Sicherheit, gescheitert. Die Bewältigung des Unfalls von Baden war nicht überzeugend. Meyer sagte, er sei überrascht gewesen, wie viele Defekte bei den Türen zum Vorschein kamen. Er war hier offensichtlich zu weit weg.

Visionen haben Meyer mehr interessiert als das unspektakuläre Tagesgeschäft, das allerdings bei einem fast militärischen Betrieb wie der Eisenbahn ganz zentral ist. Trotzdem: Meyer hat viel geleistet für die SBB, hat sie modernisiert – er hätte einen besseren Abgang verdient.