KSA-Chefarzt Christoph Fux appelliert: «Die Selbstverantwortung jedes Einzelnen ist jetzt gefragt»

Die Aargauer Gesundheitsinstitutionen bereiten sich seit Wochen intensiv auf den zu erwartenden Patientenanfall vor. Sie planen den Umgang mit Materialknappheit, limitierten Personalressourcen und studieren experimentelle Therapien. In der aktuellen Ausnahmesituation ist aber auch wichtig, dass wir alle mithelfen. Christoph Fux, Chefarzt Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital Aarau (KSA), wendet sich in einem Appell an die Bevölkerung und fordert diese auf, aktiv zum guten Überstehen der Corona-Pandemie beizutragen. Die Selbstverantwortung jedes Einzelnen sei gefordert, schreibt der Infektiologe und erläutert, was jeder von uns tun kann. Die AZ publiziert seinen Appell im Wortlaut:

Um die Gesundheitsversorgung nicht zum Kollaps zu bringen, wie das jetzt in Italien droht, dürfen auf keinen Fall alle gleichzeitig krank werden. Die Krankheitswelle muss gebremst werden. Das geht nur durch rigorose Unterbrechung der Übertragungskette: Durch strikte Isolation Erkrankter, aber auch durch Meiden jeglicher Menschenansammlungen, damit es erst gar nicht zu Ansteckungen kommt. Verzichten wir aufs Pendeln im Stossverkehr oder beantragen wir Homeoffice; bleiben wir zu Hause, wenn wir krank sind; hüten wir die Enkel nicht, wenn sie einen «Schnuderi» haben. Bleiben wir abends zu Hause, auch wenn wir erst der 49. Gast einer Party wären. Und waschen wir uns immer wieder die Hände.

 

Helfen wir mit, indem wir die Notfallstationen nicht mit Beschwerden aufsuchen, die wir auch mit bewährten Hausmittelchen auskurieren können. Eine milde verlaufende COVID- Erkrankung braucht genauso wenig wie eine banale Erkältung einen Besuch auf dem Notfall.

Helfen wir mit, dass Spitäler ihre genesenden Patienten frühzeitig entlassen und neue Schwerkranke aufnehmen können, indem wir in dieser Ausnahmesituation einen zusätzlichen Teil der häuslichen Betreuung übernehmen. Indem wir mittragen, dass eine Entlassung aus der Rehabilitation auch mal eine Woche früher als vorgesehen passieren kann.

Thematisieren wir als Gesellschaft die aktuelle Lebensgefahr alter und kranker Menschen mit den Betroffenen. Diese haben sich nämlich längst Gedanken dazu gemacht, kennen ihre Ängste und ihre Wünsche. Diskutieren wir rechtzeitig miteinander, was im Krankheitsfall geschehen soll: Es macht keinen Sinn, jemanden, der in Frieden zu Hause oder im Heim sterben möchte, in die Hektik eines Akutspitals zu fahren, wo er kaum noch Besuche haben darf. Ebenso wenig Sinn macht es, jemanden, der Pflege und ärztliche Fürsorge braucht, aber nicht mehr beatmet werden möchte, in ein Zentrumsspital zu verlegen. Der ist im lokalen Spital viel besser aufgehoben. Solche Fragen im Kreis der Familie und nicht in der Hektik einer Notfallstation zu diskutieren, führen nicht selten zu tiefgründigen Gesprächen, die allen Beteiligten Kraft und Geborgenheit geben. Manchmal braucht es einen äusseren Anlass, Dinge zu tun, die man eigentlich schon lange hätte tun wollen.