
Ländler trifft auf Brothers in Arms
Was kommt dabei heraus, wenn ein hoch versierter Organist mit Schwerpunkt historisch informiertes Orgelspiel, ein passionierter und weitherum bekannter Schwyzerörgeli-Spieler, ein ernsthaft begabter Hackbrett-Spieler und zwei junge, talentierte Streicherinnen an Violine und Kontrabass zusammen musizieren – und dabei ebenso bewusst aus der Tradition von alpenländischer Unterhaltungsmusik schöpfen wie sie sich modernen Rhythmen und Harmonien öffnen? Spannende, abwechslungsreiche Musik. Mit dem Ensemble aus Rainer Walker, Thomas Aeschbacher, Eva Wey, Madlaine Küng und David Märki. Im einen Moment klingt es ganz und gar nach Ländler, mit Hackbrett und Örgeli, wie beides eben gespielt wird, mit den typischen (und verpönten) Oktavparallelen zwischen Kontrabass und Melodie-Instrument in absolut jeder Kadenz. Und im nächsten Moment wähnt man sich vor rhythmisch-klanglichen Spiegeln namhafter Rock-Grössen; das Hackbrett (David Märki, hoch virtuos) wird perkussiv mit off-beat-Rhythmen in gebrochenen Takten eingesetzt, während Örgeli (Thomas Aeschbacher mit viel Feilgefühl für Dynamik) und Chororgel/ Harmonium (Rainer Walker, der hier insbesondere grossartig begleitet, kommuniziert und so alles zusammenführt) in sanft melancholischen Harmonien das klangliche Fundament zur Melodie der Violine bieten. In Spielweise und Verzierungen dieser Melodien liess Eva Wey auch immer wieder ihre Erfahrungen mit Irisch Folk einfliessen, und dies auch zu Klangfolgen, die bald an barocke Passacagliae, bald an minimal music erinnern. Madlaine Küng (Kontrabass) zeigte etwa im «Nadeschka», dass sie zur Orgel- und Örgeli-Begleitung auch in hohen Lagen und sehr melodisch musizieren kann.
Überraschende Tonartwechsel
Viele Stücke sind Bearbeitungen, etwa des appenzellerisch-traditionellen «Melcher-Zäuerli mit Ländlerli» von Ulrich Alder, oder der heiteren Polka «Nachtnägeli» von Markus Hafner, deren überraschende Tonartwechsel dank harmonischer und rhythmischer Verfremdungen noch mehr zur Geltung kamen. Aber auch Bearbeitungen moderner Werke wie des Filmmusik-Stückes «La Passerella» von Nino Rota flossen ins Programm ein. Andere Stücke stammen von Mitgliedern des Ensembles. In «Exbalkalp» für Hackbrett und Schwyzerörgeli aus der Feder von David Märki kamen improvisatorische Elemente aus Jazz und fernöstlich-meditative Klänge zu Gehör. Rainer Walker kombinierte in Sätzen seiner «kleinen Suite für Orgel» hymnische Formen mit Alpenländismen. Thomas Aeschbacher liess in «Lecharion» Piazzolla’sche Bar-Klangwelten, transferiert auf die Alm am Nachmittag, mit Erinnerungen an Supertramp oder Brothers in Arms zusammentreffen. Einiges war auch nur skizzenhaft notiert; viel wurde spontan improvisiert – dank der technischen Beherrschung der Instrumente und der guten Kommunikation im Ensemble kein Problem.
So experimentell solche Musik auch ist: Sie bringt in der Verbindung volksnaher Tradition und Moderne viel Publikum zusammen, das bei den bekannten traditionellen Werken kraftvoll applaudiert, aber auch offen ist für die moderneren, rockigeren oder gedeckt-meditativen Stücke.