
Luigi Ponte: «Ich will der Glücksbringer für die Vereine sein»
Sie wirkten während der Wahl zum Präsidenten des Aargauischen Fussballverbandes angespannt, ja sogar nervös: Hat dieser Eindruck getäuscht?
Luigi Ponte: Nein. Ich war tatsächlich angespannt und nervös. Sehr nervös sogar.
Warum?
Ich war nicht sicher, ob meine Wahl zum Präsidenten reibungslos über die Bühne gehen wird. Ich hatte die Befürchtung, dass die Geschichte mit dem Rücktritt von Hans Aemisegger nochmals thematisiert wird. Sie dürfen mich nicht falsch verstehen. Ich habe nichts zu verbergen und nichts falsch gemacht. Aber ich hatte Bedenken, dass alles nochmals hochgekocht wird. Glücklicherweise blieb es ruhig. Eines muss ich an dieser Stelle in aller Deutlichkeit sagen. Ich habe das Amt des Präsidenten nicht gesucht.
Trotzdem haben Sie sich nach dem Rücktritt von Aemisegger als Interims-Präsident zur Verfügung gestellt: Warum?
Der Rücktritt von Hans Aemisegger löste eine Unruhe im Aargauer Fussball aus. Viele Funktionäre stellten sich die Frage, wie es weiter geht. Es kam der Moment, in dem ich mich verpflichtet fühlte, als Interimspräsident einzuspringen. Schliesslich liegt mir das Wohl des Verbandes am Herzen. Ich konnte doch nicht zusehen, wie alles in die Brüche geht.
Wann haben Sie sich entschlossen, für das Präsidentenamt zu kandidieren?
Ich spürte im Lauf der Zeit das Vertrauen vieler Vereine und ihrer Funktionäre. Das machte mir Mut und gab mir den Ansporn, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren. Aber es geht nicht in erster Linie um meine Person, sondern um das Wohl des Verbandes. Wir sind eine grosse Familie. Und diese Familie braucht eine Führungspersönlichkeit. Ob ich eine gute Führungspersönlichkeit bin oder nicht, werden die nächsten Monate zeigen. Vorschusslorbeeren sind zwar schön, bringen aber nichts. Fürs Erste bin ich froh, dass die Wahl vorbei ist. Jetzt kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Das ist meine Arbeit.
Was bedeutet Ihnen das Amt des Präsidenten?
Viel. Ich freue mich, dieses Amt ausüben zu dürfen. Es ist eine Ehre. Ich bin auch ein wenig stolz. Das Präsidentenamt ist aber in erster Linie eine Herausforderung. Ich muss mir bewusst sein, wie gross die Verantwortung gegenüber den Vereinen und ihren Funktionären ist.
Der Name Ponte scheidet in der Aargauer Fussballszene die Geister. Ist der Name für Sie eine Belastung?
Ich kann mit dem Namen Ponte ganz gut leben. Für mich steht der Name für Fussball-Besessenheit, für Einsatz, für Herzblut und für Leidenschaft. Ich weiss, was ich in den vergangenen Jahrzehnten als Schiedsrichter und Funktionär für den Aargauer Fussball geleistet habe. Mache ich Fehler, kann ich mit Kritik leben. Wichtig ist, dass die Kritik aufbauend ist und nicht unter die Gürtellinie zielt.
Wie schwierig war es für Sie, neue Vorstandsmitglieder zu finden?
Nicht schwierig.
Wirklich nicht? Gibt es heute tatsächlich noch Personen, die freiwillig und ohne grosse Entschädigung arbeiten?
Früher war es kein Problem, ehrenamtliche Vorstandsmitglieder zu finden. Sie waren stolz, eine Funktion in einer Gruppe ausüben zu dürfen. Heute ist das anders. Heute will jeder profitieren oder etwas verdienen. Für mich war die Rekrutierung von Vorstandsmitgliedern kein Problem, weil ich meine Crew mit langjährigen Weggefährten aus dem Schiedsrichter-Umfeld der zusammenstellen konnte.
Sie haben angekündigt, die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen dem Verband und den Vereinen zu verbessern und zu vertiefen.
Meine Zauberformel ist ein vierblättriges Kleeblatt. Das ist ein Glücksbringer. Ich will der Glücksbringer für die Vereine sein. Der Vorstand und ich treffen uns in Zukunft alle drei Monate mit Präsidenten aus vier Teilen des Kantons Aargau. Das Ziel ist es, miteinander zu sprechen und zu arbeiten. Ich will auch die Zusammenarbeit mit den Gemeinden vorantreiben. Hier geht es vor allem um die Benützung von Spielfeldern. Es gibt heute leider noch Fussballklubs, die Wartelisten für Junioren haben. Das kann einfach nicht sein.
Apropos Junioren: Noch immer wandern viele Aargauer Talente zu den Grossklubs Basel, YB und zu den Zürcher Klubs GC und FCZ ab: Was können Sie dagegen tun?
Ich bin dafür, dass alle Aargauer Vereine eine Vereinbarung unterschreiben müssen. Mit dem Inhalt, dass die talentiertesten Junioren zum Team Aargau gehen und im Team Aargau bleiben müssen.
Ein schwieriges Unterfangen.
Mag sein. Aber ich möchte, dass die Aargauer Vereine endlich ihr ‹Gärtlidenken› ablegen. Es muss unser primäres Ziel sein, einen starken FC Aarau zu haben.
Apropos FC Aarau: Die Stadionfrage hängt seit mehr als 20 Jahren wie ein Damoklesschwert über dem Verein. Wie kann der AFV die entscheidenden Abstimmungen Ende November positiv beeinflussen?
Wir unterstützen das Stadion im Torfeld Süd moralisch und machen Werbung dafür. Die Zusammenarbeit und die Diskussionen mit den FCA-Verantwortlichen sind ausgezeichnet. Mehr können wir nicht tun.
Was macht der AFV künftig für den Frauenfussball, der im Aargau nach wie vor ein stiefmütterliches Dasein fristet?
Der Aargau liegt beim Frauenfussball mit einem Anteil von gut zehn Prozent Frauen und Mädchen der lizenzierten Fussballerinnen und Fussballer ziemlich genau im Schweizer Durchschnitt. Mit Monika Kirchhofer und Silvia Augstburger haben wir nun zwei Frauen in führenden Positionen. Sie gehen zu den Vereinen und setzen sich für die Rekrutierung von Mädchen im Fussball ein. Um Mannschaften bilden zu können, ist es wichtig, dass die jeweiligen Nachbarvereine zusammenarbeiten.
Ihre Vision ist es, die 2. Liga interregional zu streichen, um die regionale 2. Liga zu stärken: Wie sind die Reaktionen darauf?
Positiv. Der Aargauische Fussballverband hat mit Eagles Aarau, Muri, Schöftland, Wettingen, Zofingen und Klingnau sechs Mannschaften, die in der 2. Liga interregional spielen, aber die Mehrheit dieser sechs Teams würden lieber in einer starken 2. Liga Aargau spielen. Ich werde für meine Vision kämpfen und an der Sitzung der Amateurliga am 28. September in Luzern einen entsprechenden Antrag stellen.
Welches sind für Sie die Highlights in diesem Jahr?
Ich freue mich auf die achte Aargauer Nacht des Fussballs am Samstag, 23. November. Ab dieser Saison bietet der Verband zudem eine neue Futsal-Liga an. Nebst den D-Junioren können nun auch B-Junioren an einer Meisterschaft teilnehmen. Ich werde alles tun, um den Fussball für die Juniorinnen und Junioren attraktiv zu gestalten.
Die bisherigen Präsidenten des Aargauischen Fussballverbandes
Ruedi Sulzer: 1940 bis 1955
Willi Rufli: 1955 bis 1991
Willy Frey: 1991 bis 2001
Hansruedi Rohr: 2001 bis 2011
Hans Aemisegger: 2011 bis 2019
Luigi Ponte: ab 2019