
Lust auf ein Gemeinderatsmandat wecken

«Fokus liegt auf Motivation»
Ludwig Peyer aus Willisau ist Geschäftsführer des Verbandes Luzerner Gemeinden (VLG) und langjähriger CVP-Kantonsrat.
Herr Peyer, der VLG präsentiert ein neues Anforderungsprofil für Gemeinderatsmitglieder. Ist das nicht eher die Aufgabe einer staatlichen Stelle?
Peyer: Wir haben einen starken Fokus auf der Gemeindeautonomie in Luzern. Die Gemeinden sind selbst verantwortlich, die Ämter zu besetzen. Damit nicht jede Gemeinde einen solchen Leitfaden herausgeben muss, haben wir dies im Sinne der Koordination übernommen. Ein weiterer Grund war, dass unser letzter Leitfaden 15 Jahre alt war und neue Führungsmodelle in den Gemeinden eingeführt wurden, die es damals noch nicht gab.
Was ist darin zentral?
Wir haben den Fokus auf Motivation gelegt. Ein solches Amt bringt einem ja auch etwas. Der riesige Anforderungskatalog, was man alles mitbringen muss, den wir vorher drin hatten, könnte Interessenten für ein Amt abschrecken.
Aufgrund der Regelungsdichte sind die Anforderungen an Exekutivmitglieder doch eher angestiegen. Bräuchte es nicht eher eine Ausbildung?
Das ist heikel. Im Prinzip kann auch jeder Bundesrat werden (lacht). Uns ist wichtig, dass wir Persönlichkeiten identifizieren – und sie nicht qualifizieren wegen ihres Bildungshintergrundes. Um auf Ihre Frage zu antworten: Es braucht nicht gerade eine Ausbildung, aber sicher sind Weiterbildungen zu empfehlen, wenn man gewählt ist. Es kommt aufs Führungsmodell der Gemeinde an, was nützlich ist. Wer im CEO-Modell strategische Entscheide fällen muss, braucht andere Qualifikationen als jemand, der ein Sozial- oder Werkamt operativ leiten muss. (ben)
Wer sich eine Kandidatur für den Gemeinderat bei den Wahlen 2020 im Kanton Luzern vorstellen kann, dem gibt der Verband Luzerner Gemeinden (VLG) eine Entscheidungshilfe. Er legt ein aktualisiertes, achtseitiges Anforderungsprofil für potenzielle Ratsmitglieder vor.
Man habe das Dokument aus dem Jahre 2005 überarbeitet und den aktuellen Gegebenheiten angepasst, teilte der VLG gestern an der Präsentation des Profils mit. Es soll als Hilfsmittel dienen bei Anfragegesprächen für potenzielle Kandidierende. Überdies vermittle es neutrale Informationen über die Anforderungen und Aufgaben als Mitglied einer Exekutivbehörde.
Unterschiedliche Rollen und Pensen
Das jeweilige Gemeindeführungsmodell beeinflusst das Anforderungsprofil, heisst es etwa. Man unterscheidet vier Modelle. Beim CEO-Modell hat der Gemeinderat die Funktion eines Verwaltungsrats. Die Verwaltung wird von einem angestellten Geschäftsführer geleitet. Die Pensen der Gemeinderäte sind klein. Beispiele: Buttisholz, Eich, Nottwil.
Auch beim Delegierten-Modell ist der Gemeinderat als Verwaltungsrat strategisch tätig. Ein Gemeinderatsmitglied führt operativ die Verwaltung. Die Pensen der übrigen Mitglieder sind klein. Die Stadt Willisau hat dieses Modell.
Im Geschäftsleitungs-Modell, das beispielsweise Dagmersellen oder Luzern kennen, ist der Gemeinderat Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Die Gemeinderäte haben direkte Führungsfunktion in Abteilungen – und deshalb höhere Pensen.
Beim operativen Modell, das 50 eher kleine Gemeinden haben, üben die Gemeinderäte nebst der strategischen Führung auch operative Tätigkeiten in den ihnen zugeteilten Ressorts aus.
Im VGL-Dokument werden allgemeine persönliche Voraussetzungen genannt wie zum Beispiel «gefestigte berufliche und private Verhältnisse». Aber auch Anforderungen für besondere Ressorts. Das Profil enthält daneben auch Angaben über den persönlichen Gewinn für Ratsmitglieder. Dieser reiche von der «Möglichkeit zur Weiterbildung» über «bereichernde Kontakte zu verschiedenen Menschen» bis hin zur finanziellen Entschädigung. Ziel des VLG ist es denn auch, Lust auf den Gemeinderat zu machen (siehe rechts).
Es sei eine Aufgabe, bei der man viel gebe, von der man aber auch viel profitiere. In den Luzerner Gemeinden herrsche kein Notstand an Nachwuchs für politische Ämter. Bisher hätten immer alle Vakanzen besetzt werden können.
Am 29. März finden die Gesamterneuerungswahlen für die Gemeinderäte und Stadträte sowie für die Parlamente in Luzern, Emmen, Horw und Kriens statt. In den 83 Luzerner Gemeinden amten derzeit 397 Gemeinderatsmitglieder.