Luzerner Kriminalgericht verzichtet auf den Landesverweis

Das Damoklesschwert eines Landesverweises schwebte über einem Mann, der sich am Donnerstag in Luzern vor dem Kriminalgericht verantworten musste. Er hatte 2016 seine schwangere Geliebte mit einem Gummihammer angegriffen und verletzt.

Das Gericht verurteilte den Mann wegen versuchtem strafbarem Schwangerschaftsabbruch, einfacher Körperverletzung und Drohung zu drei Jahren Gefängnis, davon ein Jahr unbedingt bei drei Jahren Pro- bezeit.

Es verzichtete aber auf einen Landesverweis unter Berufung auf die Härtefall-Klausel. Strafbarer Schwangerschaftsabbruch steht ganz oben im Katalog jener Delikte, die zu einem obligatorischen Landesverweis führen. Und einen solchen soll der 34-jährige Beschuldigte an einem Novembermorgen vor drei Jahren an seiner Geliebten versucht haben. So zumindest lautete der Vorwurf des Staatsanwalts, der vier Jahre Gefängnis und zwölf Jahre Landesverweis für den niedergelassenen Serben forderte. Der Beschuldigte befand sich zum Tatzeitpunkt in einer langjährigen Partnerschaft, die Hochzeit war geplant. Beruflich stand eine Betriebsübernahme im Raum, als ihn eine unangenehme Nachricht ereilte. Das spätere Opfer, mit dem er über mehrere Jahre ein sexuelles Verhältnis pflegte, war schwanger und wollte gegen seinen Willen das Kind behalten.

Mit Gummihammer frühmorgens zur Geliebten

Vor Gericht gab der Angeklagte zu, dass er mit einem Gummihammer zur Wohnung der Frau gegangen sei und diesen nach einem Handgemenge auch ein- oder zweimal eingesetzt habe. Zuvor hatte er dies stets bestritten. Den Hammer aus seiner Arbeitsausrüstung als Bodenleger habe er mitgenommen, weil er sich angeblich vor den Hunden des Opfers fürchtete. Laut Anklage traktierte er damit die in der 22. Woche schwangere Frau, unter anderem am Bauch. Sie konnte sich befreien und stürzte ins Freie, wo ein Nachbar gesehen haben will, wie ein Mann mit Händen und Füssen auf sie einschlug, bevor er sich entfernte.

Im Spital stellten Ärzte bei ihr Blutergüsse, einen Rippenbruch und Hautveränderungen fest. Das Kind kam am Ende gesund zur Welt. Er habe nicht die Absicht gehabt, das Ungeborene zu töten, sondern sei zu der Frau gefahren, um ihr zu zeigen, dass sie ihn in Ruhe lassen soll, sagte der Beschuldigte vor Gericht. Zwar habe er einen schweren Fehler begangen, dieser liege jedoch in der einfachen Körperverletzung des Opfers, wofür er mit einer bedingten Gefängnisstrafe von einem Jahr zu bestrafen sei, auf einen Landesverweis sei zu verzichten. Der Beschuldigte kam im Alter von sieben Jahren 1993 aus Serbien in die Schweiz, spricht akzentfreien Dialekt, ist verheiratet, arbeitet seit mehreren Jahren im gleichen Betrieb und unterstützt seine pflegebedürftigen Eltern.

Zwar kritisierte der Anwalt der Privatklägerin (die Geliebte) die Ausführungen des Beschuldigten als Verniedlichung der Tat. Der Angeklagte habe bewusst einen Gummihammer gewählt, weil er das Kind töten, die Frau aber so wenig wie möglich verletzen wollte. Gegen einen Landesverweis stellte aber auch er sich, es sei ein Härtefall zu erkennen.

In Serbien würde er keinen Unterhalt mehr zahlen

Der Beschuldigte sei kein notorischer Krimineller, den man hier nicht gebrauchen könne. «Man kann ihn hier lassen.» Würde er nach Serbien geschickt, sei es mit dem Unterhalt vorbei. Dagegen erhob der Staatsanwalt sein Veto: Finanzen dürften ein Urteil nicht beeinflussen.

Ein Landesverweis wäre kein nicht hinnehmbarer Eingriff ins Dasein, was für einen Härtefall nötig sei. Der Beschuldigte habe einen Teil der besonders prägenden Kinder- und Jugendjahre in Serbien verbracht und könne sich dort wieder eingliedern.

Der Richter begründete den Verzicht auf den Landesverweis bei der mündlichen Urteilseröffnung mit einer «mustergültigen Integration». Der Angeklagte habe seine Schul- und Ausbildungszeit in der Schweiz bestritten und sei nicht vorbestraft. Es liege ein mittelschweres Verschulden vor, der Angeklagte habe aus egoistischen Gründen gehandelt. Der Gummihammer habe klar dazu gedient, die Schwangerschaft abzubrechen, das zeigten das Verletzungsbild und die Aussagen des Opfers. Die Aussagen des Beschuldigten seien dagegen unglaubhaft.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die langjährige Partnerin hat dem Beschuldigten vergeben und ihn 2017 geheiratet. Die Vaterschaft für seine Tochter habe er anerkannt, in seinem Schlusswort sagte er: «Ich wäre froh, wenn ich in Zukunft zeigen könnte, dass ich ein guter Vater sein kann.» (sda)