Luzerner Landwirtschaft: «Die Situation ist kritisch»

Wer ins Gelände schaut, dem fällt derzeit eines auf: Weideland, das grösstenteils vom Vieh abgegrast wurden, sich nun braun verfärbt und auf dem kaum noch Grünzeugs nachwächst. Die Luzerner Bauern müssen nun auch auf die für den Winter eingelagerte Silage oder Futtermittel zurückgreifen. «Die Situation ist kritisch. Es stellt sich nun die Frage, ob die Bestände im Herbst wieder nachwachsen», erklärt Franz Stadelmann von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) des Kantons Luzern. Passiert dies nicht, müssten die Landwirte im grossen Stil Raufutter zukaufen. Von Notschlachtungen will Stadelmann explizit nicht reden, es könne jedoch sein, dass die Bauern die Anzahl der Kühe reduzieren würden. Neben dem Futter gelte auch das Wasserzuführen für die Tiere zu bedenken: «Eine 600 bis 700 Kilogramm schwere Kuh hat einen täglichen Wasserbedarf von 50 bis 100 Litern», so Stadelmann. Das Zurverfügungstellen des nassen Guts könne derzeit ziemlich ins Geld und zeitaufwendig werden.

Gemäss Franz Stadelmann präsentieren sich im Ackerbau unterschiedlicheGegebenheiten: Das Getreide ist geerntet und hat von der Witterung eher profitier. Auch der Mais habe in den meisten Fällen bisher profitiert. Dort, wo sich die Blätter einrollen und gräulich zu verfärben beginnen, gerate er unter Druck. Grundsätzlich könne sich die Lage beim Mais noch verschlechtern. Bereits unter der Trockenheit leiden Zuckerrüben und Kartoffeln. Grundsätzlich erhöhten Bedarf an zugeführtem Wasser haben Gemüsekulturen. Im Obstbau wiederum kann bis jetzt von einem guten Ertrag ausgegangen werden – sieht man mal von einzelnen Sonnenbränden ab und dass teilweise Bäume bewässert werden solltne. Die Obstbäume sind derzeit dicht behangen. Das hat aber weniger mit der vielen Sonne oder der Trockenheit zu tun, Grund sei das letztjährige Frostjahr, erklärt Stadelmann. «Da die Bäume im letzten Jahr kaum Früchte getragen haben, konnten sie Reserven anlegen und blühten gut». Aufgrund der übermässig vielen Blüten gibt es jetzt viel Kernobst an den Ästen; dies führt jedoch dazu, dass die Früchte im Durchschnitt kleiner sind.

Kühe leiden sehr

Jakob «Kobi» Lütolf, Landwirt aus Wauwil und Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes, bestätigt die Beobachtungen bezüglich Zuckerrüben und Kartoffeln. Auch wegen der Viehwirtschaft: «Das Futter kann knapp werden». In Europa sei es allgemein trocken, gibt Lütolf zu bedenken. In der Schlussfolgerung heisst das, dass die Nachfrage auf dem Futtermittelmarkt einen preistreibenden Einfluss haben könnte. Viehbestände könnten abgebaut werden, vermutet auch Jakob Lütolf. Auf seinem Hof im Wauwilermoos können die Kühe im Stall Wassernebel aus Düsen geniessen. Das ist sehr wichtig. «Kühe haben schon ab 25 Grad Mühe. Die Temperaturen setzen ihnen gewaltig zu», erklärt LBV-Präsident Lütolf. Auch während eines «normalen» Sommers sei es üblich, die Kühe nur vormittags oder nachts ins Freie zu lassen. Die anfallende Gülle ist übrigens derzeit noch kein Problem: Die Gruben waren nach dem Winter leer; sie verfügten über eine Kapazität von vier bis fünf Monaten.

Lage im Entlebuch verschärft

Im Kanton Luzern gab es noch vor kurzem regionale Unterschiede. Franz Stadelmann vom lawa erklärt, dass sich beispielsweise im Vergleich vor zwei Wochen die Lage bezüglich Futter und Wasser im Entlebuch verschärft habe. Auch wenn Vergleiche zwischen 2003 und 2018 nicht immer direkt gezogen werden können, dann doch dies: «Das ist meine persönliche Einschätzung: Der Sommer ist noch nicht vorbei. Wenn in den nächsten Tagen ausreichend Regen fällt, wird es wohl weniger schlimm als 2003 sein», mutmasst Franz Stadelmann.