Lyrik im Kloster: Eine aussergewöhnliche Gegenüberstellung

«Für mich sind die Gedichte auf Berndeutsch, mit den Übersetzungen ins Französisch, eine Brücke über den Röstigraben», erwähnte Barbara Traber zum Einstieg in die aussergewöhnliche Lyriklesung. Die freie Autorin, Journalistin und Übersetzerin, mit Jahrgang 1943, lebt in Worb. Eine grosse Liebe hat sie für das Berndeutsch. «Diese spezielle Mundart wird manchmal als grobe Sprache empfunden», führte sie weiter aus. Viele Komplimente für ihre Texte bekomme sie aber aus dem französischen Sprachgebiet. Vor allem wenn sie selber vorlese, spüre man die Gefühle, die Inbrunst und den besonderen Rhythmus der Sprache. «Dieses Lob weiss ich sehr zu schätzen.»

Die Übersetzerin Corinne Verdan-Moser (Jahrgang 1961) habe sich bei Barbara Traber gemeldet, nach dem Lesen ihrer Mundart-Lyrik. «Ich war so begeistert und habe angefragt, ob ich diese Texte übersetzen dürfe.» Daraus habe sich eine wunderbare Zusammenarbeit entwickelt, berichteten die beiden – vom Alter her doch recht unterschiedlichen Frauen. «Den Altersunterschied spürt man überhaupt nicht, erwähnte Traber. «Wir begegnen uns absolut auf Augenhöhe. Aus dem Band mit den lyrischen Miniaturen «D’ Zyt aahalte – Arrêter le temps» bekamen die Besucherinnen und Besucher im Kloster St. Urban einen zweisprachigen Einblick.

Hürden der Sprachen
Ganz eindrücklich wurden Beispiele präsentiert, bei denen das Übersetzen genau oder «wortwörtlich» nicht möglich war. Immer aber wurden Varianten gefunden, die vom Sinn her stimmten. Beim Text «D Tage wärde scho fei echly länger» wurde für das Wort «fei» der französische Ausdruck «bien» eingesetzt. Schwieriger war es bei den Versen von Traber, wenn sie auf dem «Holzweg» war und sich auf philosophische Betrachtungen über ihr Leben begab. Hier benötigte die Übersetzerin einige Umwege. Viele Naturbeschreibungen und Stimmungen waren Themen, die es zu entdecken galt. Auch melancholische Betrachtungen oder humorvolle Passagen, zudem immer wieder Naturbeschreibungen, findet man in den Texten von Barbara Traber. «Ich lasse aber der Übersetzerin auch Freiheiten», erwähnte die Berndeutsch-Autorin. Manchmal diskutiere man über ein einziges Wort oder einen Ausdruck stundenlang: «Das gehört halt dazu und macht die Arbeit spannend.»

Der Band mit den Miniaturen ist zudem in einer wunderschönen Ausgabe im Atelier Le Cadratin Vevey erschienen, in einer limitierten und nummerierten Auflage von 300 Exemplaren. Verschiedene Illustration von Danièle Raess und eine CD mit 12 Beispielen, gelesen von der Verfasserin, runden das schöne Werk ab. «Fei echly Veieli: D Tage wärde scho fei echli lenger,/´s isch fei echli häller am Morge,/ u mi schmöckt scho gly der Früelig u d Veieli. – «Violette: Les jours sont bien plus longs./Les matins bien plus clairs./ Le printemps est bien dans l´air./Et les violettes sentent déjà bon.»