
Mein netter Freund aus Spanien
Armando Pedro Abogados scheint ein feiner Kerl zu sein. Ich bin ihm zwar noch nie begegnet, aber ich gehe schwer davon aus, dass er eine gute Seele ist.
Warum ich das denke? Nun, Abogados arbeitet in Madrid bei einer Anwaltskanzlei, die von einem Glücksspiel-Unternehmen jeweils beauftragt wird, dafür zu sorgen, dass die nicht beanspruchten Preisgelder korrekt ausgeschüttet werden. Kürzlich hat er sich per Mail bei mir gemeldet und erwähnt, dass vor zwei Jahren im Rahmen einer Weihnachts-Lotterie ein Gewinn auf meinen Namen gutgeschrieben worden sei. Dieser belief sich damals auf knapp sechs Millionen Euro. Und es wird noch besser: Weil Abogados’ Unternehmen das Geld gewinnbringend angelegt hat, beläuft sich die Summe mittlerweile auf 8,5 Millionen Euro.
Beim Lesen dieser Zeilen beginnen meine Augen zu funkeln. Ein eigenes Haus mit weitläufigem Garten, eine riesige Yacht oder eine protzige Villa auf einer malerischen Karibik-Insel: Es gäbe so viele Wünsche, die ich mit dem Geld auf einen Schlag erfüllen könnte. Um meine Träume wahr werden zu lassen, muss ich mich gemäss Armando Pedro Abogados lediglich bei einer Rechtsanwältin aus seiner Firma melden. Zur Kontrolle der Identität, wie mir Abogados versichert – schliesslich soll die Überweisung auf mein Konto mit rechten Dingen zu- und hergehen. Netterweise habe er dafür gesorgt, dass die Juristin der Deutschen Sprache mächtig ist.
Als ich meinen Freunden von den tollen Neuigkeiten erzähle, ernte ich statt der erhofften Gratulationen und Jubelstürme nur fassungsloses Kopfschütteln. Die gut gemeinten Ratschläge, dass es sich bei Armando Pedro Abogados mit Sicherheit um einen Betrüger handeln würde, ignoriere ich zwar, lassen mich aber insgeheim trotzdem an der Sache zweifeln. Was, wenn sie richtig liegen? Was, wenn ich einem ausgefuchsten Ganoven auf den Leim gehe?
Was aber wäre, wenn Armando Pedro Abogados wirklich existiert und er in seinem Madrider Büro auf einem riesigen Haufen Geld sitzt, den er einfach nicht loswird?