
Michael Albasinis Abschied auf dem Rennsattel
Im vergangenen Oktober hatte der erfolgreiche Schweizer Radprofi Michael Albasini angekündigt, seine Karriere am Ende der Tour de Suisse 2020 zu beenden. Wegen dem Coronavirus wurde die Schweizer Radrundfahrt heuer aber ersatzlos gestrichen. Auf Initiative von «Berufskollege» Stefan Küng entschieden sich die beiden, die gesamte Original-Strecke der Rundfahrt im Trainingsmodus abzufahren. Seit Sonntag darf der 39-jährige Familienvater Michael Albasini auf seiner Abschiedstour durch die Schweiz viele Sympathien und Begegnungen geniessen. Unterwegs wird er nicht nur von seiner Familie, sondern auch von Freunden, Radsportkollegen, Sportprominenz und Nachwuchsfahrern begleitet.
Auch in Pfaffnau, wo ein Etappenort geplant war, wurde der Thurgauer herzlich empfangen. Nach dem Start in Lachen traf Albasini, in Begleitung von sechs Radprofis, nach 140 Tageskilometern erstmals in Pfaffnau ein. Nach einem kurzen Halt wurde die 40 anspruchsvolle Kilometer lange Zusatzrunde im Luzerner Hinterland in Angriff genommen. Nach der Trainingsfahrt erklärte er: «Es war ein sehr spannender Parcours. Das sind Etappenprofile, die mir jeweils gelegen sind.»
Albasini wurde 2003 Profi und galt bald einmal als zweiter Schweizer Siegfahrer neben Fabian Cancellara. 30 Mal stand er zuoberst auf dem Podest und gewann mit der Katalonien-Rundfahrt ein mittelgrosses Mehretappenrennen. Im Jahre 2016 fehlte nur ganz wenig zum grossen Coup: Beim Klassiker Lüttich–Bastogne–Lüttich musste er sich nur dem Niederländer Wout Poels knapp geschlagen geben. So bildeten Etappensiege bei etlichen Rundfahrten seine grössten Tageserfolge. Alleine an der Tour de Romandie gewann er sieben Teilstücke, dazu kamen drei bei der Tour de Suisse.
Sein Wunsch war es, mit der Tour de Suisse die Karriere mit einem Rennen zu beenden, das er sehr mag. Aktuell sind noch viele Wettkämpfe ab August geplant. Somit sollte Michael Albasini die Möglichkeit erhalten, im Oktober mit den Ardennen- Klassikern aufzuhören. Immerhin Rennen, die er jeweils auch gerne gefahren ist. Der ausgebildete Primarlehrer konnte den Vertrag mit seinem Team Mitchelton-Scott, der per Ende Tour de Suisse auslief, bis Ende Saison 2020 verlängern.
Viel Lob und Anerkennung von verschiedenster Seite
Sein langjähriger Weggefährte Fabian Cancellara, der in Pfaffnau ebenfalls auf dem Rennvelo mit dabei war, äusserte sich über den Thurgauer: «Mit ihm bin ich schon zu Juniorzeiten Rennen gefahren. Er war immer ein sehr zäher Typ, einer, der unheimlich auf die Zähne beissen konnte. Und man konnte immer auf ihn zählen. Heute war es mir eine grosse Ehre, anlässlich seiner letzten Tour de Suisse in Pfaffnau dabei zu sein.»
Zwei aktuelle Radprofis des Veloclubs Pfaffnau-Roggliswil begleiteten ihren Profikollegen ebenfalls. «Seine Karriere mag vielleicht etwas im Schatten anderer Fahrer gewesen sein, trotzdem ist sie für mich sehr beeindruckend», sagte der 33-jährige Matthias Frank, «zusammen mit seinem Vater und Trainer Marcello Albasini ist er der Inbegriff des Schweizer Radsports und eine der wichtigsten Figuren.» Und der 27-jährige Romooser Roland Thalmann ergänzte: «Mit Albasini verbinde ich meinen Anfang als Rennfahrer. Am meisten beeindruckte mich nicht ein Sieg von ihm, sondern der zweite Platz bei Lüttich–Bastogne–Lüttich 2016, wo sehr missliche äussere Bedingungen herrschten.»
Sozusagen stellvertretend für alle anwesenden Nachwuchsfahrer des Veloclubs Pfaffnau-Roggliswil erzählte der 14-jährige Florian Hochuli: «Es war eine super Sache, bei den vielen Profis mitzufahren. Und netterweise haben sie zuoberst auf dem Hügel immer wieder auf alle gewartet».
Ende 2019 war die Organisation der Tour de Suisse immer noch auf der Suche nach einem Etappenort. Mit viel Engagement und in sehr kurzer Zeit prüften die die Vereinsverantwortlichen des VC Pfaffnau-Roggliswil die Anfrage, klärten die Machbarkeit ab und konnten um die Jahreswende der Austragung zusagen. «Es ist sehr schade, dass die Tour abgesagt wurde», so Organisationspräsident Michael Wechsler, «wir hatten sehr viel gearbeitet und waren schon recht weit mit den Vorbereitungen. Aufgrund der aktuellen Situation war die Absage aber zu erwarten. Nichtsdestotrotz erachten wir die Verschiebung auch als Chance, dass wir etwas mehr Zeit erhalten für die Organisation und um weitere Sponsoren zu suchen, um den Anlass noch zu verbessern. Dabei gibt es aber auch neue Herausforderungen, da wir bereits wissen, dass gewisse OK-Mitglieder in einem Jahr nicht dabei sein können. Ausserdem wird die erneute Sponsorensuche nicht einfacher, da die Coronakrise viele Firmen finanziell getroffen hat.»
Die Nachwuchsfahrer warten auf die Velorennen
Auch Vereinspräsident Kurt Steinmann war hoch erfreut über den Besuch der grossen Radsportfamilie in Pfaffnau: «Wir sind dankbar über die Idee und Anfrage der Rennfahrer. Ich finde es einfach toll, dass der TdS-Event in dieser Art kurzfristig zustande kam.» Im Nachwuchsbereich wurde der regelmässige Trainingsbetrieb nach der Zwangspause wieder aufgenommen. «Man merkt, dass den Nachwuchsfahrern die Wettkämpfe fehlen, beziehungsweise dass sie gerne wieder mal ein Rennen bestreiten möchten», weiss Kurt Steinmann, der ehemalige Radprofi und Etappensieger der Tour de Suisse. «Es sind noch einige Radrennen in der Schweiz geplant, doch die Durchführungen stehen noch auf wackeligen Beinen. Wir vom Verein versuchen, den Radtest für die Werbung neuer Rennfahrer und das Mittwochabendrennen des Kantons Luzern dieses Jahr in Pfaffnau noch durchzuführen.»