
Mit 8 Zentimetern pro Minute: Die Oftringen Bogenbrücke wurde an ihren endgültigen Standort verschoben
Vorgesehen waren drei Tage Vollsperrung der Bernstrasse zwischen dem Kreisel Perry Center und dem Kreuzplatzknoten in Oftringen, um die neue Bogenbrücke an den definitiven Standort zu ziehen, sowie die Anschlussbereiche zwischen Strasse und Brücke zu schliessen. Aufgehoben wurde die Strassensperrung bereits am Sonntag um 13:00 Uhr. Die guten Wetterbedingungen und der Einsatz am Samstag bis spät in die Nacht machten dies möglich. Martin Strübi, Projektleiter des Kantons vom Department Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau (BVUATB), zuständig für Brücken und Tunnel, sprach allen Beteiligten, insbesondere der Firma Anliker AG, ein besonderes Lob für ihr enormes Engagement aus.
Ein 1400-Tonnen-Konstrukt
Mit einer Geschwindigkeit von rund 8 Zentimetern pro Minute wurde die auf 17,5 Millionen Franken veranschlagte Stahlverbundbrücke an ihren endgültigen Standort um 27 Meter verschoben, und das völlig geräuschlos und ohne Unterbruch des SBB-Bahnbetriebs. Zwei hydraulische Kompressoren entwickelten dazu eine Zugkraft von 20 Tonnen je Brückenseite, um das von der ortsansässigen Metallbaufirma Senn AG gefertigte 1400- Tonnen-Konstrukt zu bewegen. Rund 20 Mitarbeiter der Firma Anliker waren mit dem Schmieren der Gleitplatten sowie der manuellen und elektronischen Überwachung mit Meter und Laptop über mehr als fünf Stunden ausgelastet. Das Spezielle an der neuen Brücke sind nicht nur ihre stattlichen Ausmasse mit einer Breite von 20 und einer Länge von 50 Metern, sondern die von den Bögen getragenen Brückenplatten durch beschichtete Litzenseile der Fatzer Drahtseilwerke. Die Brücke liegt zudem 1,5 Meter höher als die alte, nach 78 Jahren abgebrochene Brücke.
Bratwürste für die Zuschauer
Dass alles wie am Schnürchen lief, konnte man am zufriedenem Gesicht von Ernst Styger erkennen, dem Abteilungsleiter Tiefbau der Firma Anliker. Zeit, auf Fragen neugieriger Zuschauer einzugehen, war durchaus vorhanden. Ein Brücken-Spektakel wie dieses zieht bekanntlich viele Schaulustige an, und diese waren auch erwünscht. Zur Verpflegung hungriger Gäste betrieben die Kochprofis Oftringen wie beim Brückeneinschub im September 2017 einen Bratwurststand.
Die alte Brücke B-140 war dem Verkehr nicht mehr gewachsen – zu schmal, keine Bus-, keine Fussgänger- und Velospur. Die Tragsicherheit bei Schwertransporten und Belastung durch den Hauptverkehr war stark in Frage gestellt. Am 10. September 2015 wurde in der Oftringer Gemeindeversammlung ein entsprechender Kreditrahmen für die Brückenerneuerung bewilligt. In nur einem Jahr wurden die Projektauflage, der Landerwerb, die Einsprachen-Verhandlungen, das Ausführungsprojekt und die Submission sowie die Vergabe durch den Regierungsrat bis zum Baustart am 19. September 2016 erarbeitet. Dies beweist, dass ein hoher Anspruch bei diesem Projekt nicht nur in der Qualität und im Kostenbewusstsein liegt, sondern auch im Zeitmanagement mit einer kontinuierlichen Optimierung des gesamten Bauprozesses. Laut Martin Strübi leisteten alle Beteiligten ihren Beitrag mit bemerkenswertem Engagement.
Es geht schneller voran als geplant
Brückenverschiebungen finden nicht jeden Tag statt und sind komplexe Bauprozesse. Der Zeitplan muss stimmen und alles muss auf den Millimeter genau passen. Martin Strübi wurde nicht müde, wiederholt darauf hinzuweisen. Besonders erfreulich aus kantonaler Sicht ist, dass das Projekt fast sechs Monate dem ursprünglichen Zeitplan vorauseilt. Die Fertigstellung ist aktuell nun auf Ende Juni dieses Jahres angesetzt. Ein Grund unter anderem dafür ist, dass für den Rückbau der alten Brücke grössere Kräne als geplant eingesetzt werden konnten. Somit war es möglich, die alte Brücke in grössere Abschnitte zu zerschneiden und herauszuheben. Nur die Hälfte der reservierten Nachtgleissperrungen war dadurch nötig.
Jakob Riediker zeigte sich ebenfalls zufrieden. Er ist Projektleiter Gesamtprojekte Brückenbau der SBB und zuständig für die Sicherheit der Brückenverschiebung aus Sicht der Schweizerischen Bundesbahn. Ernste Zwischenfälle waren nicht zu verzeichnen. Die neue Brücke B-140 kommt der SBB entgegen, verschwinden doch mit ihr Stützpfeiler, die ein beträchtliches Anprallhindernis darstellten. Zusätzlich wird mehr Lichtraum gewonnen.
Die Teamleistung zwischen SBB und den Machern des Bauvorhabens bezeichnete Martin Strübi als überaus erfreulich und stets kooperativ.
100 Jahre Lebensdauer
Mit der neuen Bogenbrücke über die SBB-Verbindungsstrecke Zofingen-Olten wird ein weiterer Meilenstein des kantonalen Agglomerationsprogramms Aareland abgeschlossen. Ob das ein Brückenschlag für die Ewigkeit ist, wird die Zukunft weisen. Hundert Jahre sollte die Brücke aber schon halten, meinen die Verantwortlichen. Die regionale Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung wird bei dem Vorzeigeobjekt auf Oftringer Boden sicher ein Wörtchen mitreden. Der Oftringer Gemeindeammann Hanspeter Schläfli und der Präsident des Gewerbevereins Oftringen Beat Läubli nahmen auch die letzte Phase des Brückeneinbaues persönlich in Augenschein. Gemeinde wie Mitglieder des Gewerbevereins dürften ausgesprochen froh über die infrastrukturelle Verbesserung im Herzen Oftringens sein.
Der Anteil der Gemeinde Oftringen am Gesamtprojekt beträgt bekanntlich 5,5 Millionen Franken. Mit dem Kanton wurde ein Zahlungsvertrag über 10 Jahre vereinbart, damit die Belastung im Budget mit anderen Investitionen erträglich bleibt. Fünf private Landbesitzer gaben Grundstücksanteile ab. Toni Albani von Albani Sport Oftringen gewährte zusätzlich Land zur Materialbewirtschaftung. Dadurch musste nur für den Damm der provisorischen Strasse Material zugeführt werden.
von Alfred Weigel