Mit Beinfreiheit, aber wenig Schlaf ins Abenteuer Paralympics

Seit bald einer Woche weilt Nicole Häusler in Tokio für ihr Saisonhighlight: die Teilnahme an den Paralympics. Am Donnerstag sagte die Pfaffnauerin: «Heute habe ich endlich das Gefühl, angekommen zu sein, vor allem, was das Schlafen betrifft.» Die Nächte bleiben kurz, am Donnerstag schrillte um 4.30 Uhr der Wecker, um 6.15 Uhr fuhr der Bus zur Schiessanlage, die eine Stunde vom Athletendorf entfernt ist.

Die Schweizer Athleten sind in Wohnungen untergebracht, die meisten haben ein Einzelzimmer. Rollstuhlschützin Häusler teilt ihr Zimmer wie 2016 bei ihren ersten Paralympics in Rio de Janeiro mit Dressurreitern Nicole Geiger. Trotz Klimaanlage sei es sehr warm: «Man ist dauernd verschwitzt.» Das Thermometer zeigt schon mal 34 Grad. Sie komme mit der feuchten Hitze bis jetzt aber besser klar, als sie gedacht hätte.

In der Schiessanlage fühlt sie sich wohl

Nicht die Hitze, sondern die Covid-Einschränkungen verunmöglichen es, in Japan Ausflüge zu unternehmen. Shopping sei aber zumindest im Athletendorf möglich, sagt die Luzernerin und lacht. Ihre einzigen «externen» Touren waren die Fahrten in die zwei Training vor Ort am Mittwoch und gestern. «Die Schiessanlage passt mir. Wir haben in den Trainings noch zwei, drei kleine Sachen ausprobiert», berichtet die mehrfache Schweizer Meisterin, die mit ihrem Coach Walter Berger in Tokio mit dem Luftgewehr antritt. «Hoffentlich läuft es im Wettkampf noch ein bisschen besser als in den Trainings.»

Die 42-Jährige schiesst am Montag den «Stehend»-Wettbewerb und am Mittwoch den Liegend-Wettkampf. Eine Einschätzung zu machen, was resultatmässig drinliegt, sei extrem schwierig. «Es haben schon so lange keine internationalen Vergleiche stattgefunden und niemand weiss, wer wie trainieren konnte in seinem Land», sagt Häusler. Sie hatte zuletzt in ihrer Wohnung eine Art digitale Schiessanlage, um sich trotz Covid-Einschränkungen in den Schützenhäusern und Schiessständen gut auf Japan vorbereiten zu können. «Ich wünsche es mir sehr, dass meine Leistung in der Qualifikation für den Finaleinzug reicht.» In der Endausmarchung sei alles möglich.

Zum ersten Mal als Athletin in der Business Class

Zwei Highlights hat die Radiologie-Fachfrau bereits erlebt: die Eröffnungsfeier, die sie trotz strömendem Regen und auch ohne Zuschauer im Stadion als «begeisternd» beschreibt. Und die Hinreise: «Ich durfte als Athletin zum ersten Mal in der Business Class fliegen.» Die Swiss als Partner von Swiss Paralympics ermöglicht dies. «Für meine unruhigen Beine war das echt ein Geschenk, mehr Platz zu haben», sagt Nicole Häusler, die mit Multipler Skerose lebt.

Nun braucht sie kommende Woche vor allem eine ruhige Hand – und ein gutes Auge. In Rio war sie durch eine Sehnerventzündung während der Paralympics angeschlagen. «Aktuell geht es mir gut, ich hoffe, es bleibt so», sagt Nicole Häusler.