
«Mit dem ‹härtesten Duathlon der Welt› schuf man einen Mythos, der Segen und Fluch ist»
OLIVER IMFELD:
Der 45-Jährige Obwaldner wohnt in Sursee und ist seit März Generalsekretär des Powerman Zofingen und Duathlon-Direktor bei Swiss Triathlon. Zuvor amtete er zehn Jahre als Geschäftsführer bei Swiss Triathlon, war davor Leiter Sportanlässe bei der Fachstelle Sport des Kantons Zürich und in dieser Funktion u.a. OK-Chef des Zürcher Orientierungslaufes. Als Sportler engagierte sich Imfeld im Unihockey als Spieler, Trainer sowie Vorstandsmitglied und nahm an diversen Mountainbike-Rennen, Stadt- und Bergläufen teil. Er absolvierte verschiedene Triathlon Wettkämpfe sowie als Single-Athlet fünfmal den Gigathlon (Podest 2011 und 2013). Oliver Imfeld ist verheiratet und arbeitet bei der EMHO Management AG in Alpnach als Mandatsleiter.
POWERMAN ZOFINGEN: Am 2. September werden in Zofingen zum 11. Mal Duathlon-Langdistanz-Weltmeisterschaften der International Triathlon Union (ITU) und der International Powerman Association (IPA) durchgeführt. Rund 750 Teilnehmende aus 40 Nationen werden erwartet. Streckenpläne und detaillierte Programme gibt es auf www.powerman.ch
HELFER GESUCHT: Für die Streckensicherung und andere Aufgaben sucht der Powerman Zofingen Helfer, es winken eine kleine Entschädigung und ein Shirt. Interessierte melden sich per Email an info@powerman.ch.
Oliver Imfeld, wir haben vereinbart, dass wir uns an der Strecke des Powerman Zofingen treffen. Nun sitzen wir im Garten des Hotel Zofingen. Rennen die Teilnehmenden bei der 30. Ausgabe hier vorbei?
Ja, wir haben in der Streckenanpassung ein grosses Ziel erreicht. Die Athleten laufen durch die schöne Zofinger Altstadt, fünf Kilometer hinauf bis zum Heiternplatz und wieder zurück. Beim Zofinger Wahrzeichen, dem Thut-Brunnen, wird der Wendepunkt der zweiten Laufstrecke sein. Auch auf dem Rad geht es über Kopfsteinpflaster, mitten durch Zofingen.
Sie wohnen in Sursee. «Ihr» Kanton hat die Bewilligungsverfahren für Streckenführungen verschärft, wie stark ist der Powerman betroffen?
Der Kanton Luzern hat offenbar aufgrund von schlechten Erfahrungen oder kritischen Situationen eine neue Handhabung. Wenn es Velorennen gibt, muss die Strasse voll gesperrt sein. Bei der alten Powermanstrecke hätten wir etwa 35 Kilometer abriegeln müssen, von Brittnau bis St. Urban. Das ist schlicht nicht möglich vom Personalaufwand her und nicht zumutbar für die Anwohner. Die neuen Vorschriften waren ausschlaggebend, dass wir eine Velostrecke suchten, die vor allem auf Aargauer Boden ist. Nur noch auf rund fünf Kilometern sind die Athleten auf Luzerner Strassen unterwegs.
Die neue Strecke passt gut dazu, dass der Powerman Zofingen – wie OK-Präsident Stefan Ruf 2017 betonte – via den Aargau die Welt erobern will.
Ja, wir wollen uns so noch besser positionieren. Wir werden vom Kanton Aargau hervorragend unterstützt und wir haben gemerkt: Im Aargau kennt man den Powerman Zofingen, er ist eine Marke. Im Luzernischen identifiziert man sich weniger mit dem Anlass. So gesehen ist es ein Vorteil, dass man eine neue Strecke suchen «musste». Von Zofingen geht es via Vordemwald nach Rothrist und zurück in die Thutstadt, dann via Mühlethal, Uerkheim, Holziken, Reitnau, Williberg und Reiden zurück in die Wechselzone. Das ist ein weiterer Pluspunkt: sechsmal passieren die Teilnehmenden Zofingen, nicht mehr nur dreimal.
Wo liegen die Prunkstücke und Knackpunkte des neuen Parcours?
Die Strecke bietet alles. Ein wenig Kopfsteinpflaster in der Altstadt, sehr schnelle, eher flache erste 15 Kilometer und dann ein eher schwieriger zweiter Teil, der immer wieder Rhythmusbrecher drin hat mit Steigungen. Vom Wiliberg hinunter wartet eine recht technische Abfahrt, allerdings auf schönem Belag. Die Strecke ist gut zwei Kilometer kürzer als die alte, hat aber gleich viele Höhenmeter, ist etwas weniger flüssig. Die Fahrzeit dürfte etwa gleich lang bleiben wie früher, aber die guten Velofahrer dürften mehr herausholen können.

Sie sind seit März Generalsekretär des Powerman Zofingen. Wie muss man sich Ihre Aufgaben vorstellen?
Die Bezeichnung Generalsekretär umschreibt es schon sehr treffend. Ich bin so etwas wie die rechte Hand von OK-Präsident Stefan Ruf. Er delegiert mir Aufgaben, die er als dringend erachtet, aber selber nicht erledigen kann. Wir treffen uns wöchentlich ein- bis zwei Mal und telefonieren fünf bis zehn Mal miteinander. Ich helfe, wo Not am Mann ist. Das kann Adminstratives sein wie Athletenmails zu beantworten bis hin zu strategischen Dingen, wie etwa die Streckenoptimierung.
Sie waren vor Ihrer Tätigkeit für den Powerman 12 Jahre Geschäftsführer von Swiss Triathlon. Was ist Ihre Motivation, sich statt für einen Sportverband einer Olympischen Disziplin für eine eher kleine Weltmeisterschaft zu engagieren, die – sagen wir mal provokant – in der Provinz stattfindet?
Das ist eben genau ein falsches Bild. Ich erlebte die Triathlon-WM in Lausanne und den Ironman in Zürich und den Powerman Zofingen. Organisatorisch kann der Powerman mehr als mithalten, mit dem Stadion, der Tribüne, der Stimmung. Die Bevölkerung in Lausanne empfing die WM nicht mit Begeisterung. Da habe ich das Gefühl, dass hier alles herzlicher ist. Hier steht die Bevölkerung hinter dem Anlass, man spürt eine Lobby für den Powerman in und um Zofingen. Bei der Stadt und in den Gemeinden wird man mit offenen Armen empfangen. Und das OK ist gross und äusserst engagiert und motiviert, ein weiteres Argument, weshalb ich mich einbringen will, gemeinsam etwas zu erreichen.
Mussten Sie sich stark in die neuen Aufgaben hineinarbeiten oder waren Sie schon vorher mit dem Powerman Zofingen verbunden?
Ich war insofern verbunden, als dass ich als Geschäftsführer von Swiss Triathlon auch für den Duathlon verantwortlich war und jedes Jahr den Powerman Zofingen besuchte. Ich engagierte mich überdurchschnittlich für den Duathlon, das ist nicht in allen Triathlon-Verbänden so. In Deutschland, Frankreich oder Italien hat der Duathlon kaum einen Stellenwert. Ich realisierte schnell, dass wenn wir schon eine Weltmeisterschaft im eigenen Land haben und einen Anlass mit dem Image des Powerman, dann muss man das würdigen. Als ich als Geschäftsführer kündigte, kam die Anfrage von Stefan Ruf, weiterhin ein Duathlon-Mandat auszuführen, und so «kügelten» wir gemeinsam das Profil für die Funktion Duathlon-Director/Powerman-Generalsekretär aus. Den Kurzdistanz-Powerman habe ich übrigens schon selber gefinisht. Vom Powerman hatte ich immer ein sehr gutes Bild. Vergleichsmöglichkeiten hatte ich ja viele, ich besuchte pro Jahr 15 bis 20 Veranstaltungen. Der Powerman war immer top organisiert, schwang obenaus.
Trotzdem gibt es viel zu tun für Sie?
Ja, jetzt sehe ich natürlich tiefer in die Organisation. Vorher war ich zum Beispiel wegen Schiedsrichterdiensten kurz vor dem Anlass vor Ort und merkte beim Kontakt mit den Zuständigen, dass die Verantwortlichkeiten im OK gut geregelt sind. Am Event fühlte ich mich gut informiert, der Wettkampf funktionierte reibungslos. Jetzt merke ich, damit alles so wunderbar läuft, gibt es enorm viel zu tun. Man muss auf Kurzfristiges und Unvorhergesehenes reagieren. Manchmal fragt man sich, ob der Anlass wirklich stattfinden kann. Eine Woche später sieht schon alles wieder positiver aus.
Sind Sie wie der Rest des OKs ehrenamtlich unterwegs oder fest angestellt?
Es ist eine Mischung. Angestellt bin ich für 20 Prozent. Ich wusste aber, dass es mehr sein wird. Momentan arbeite ich etwa in einem 40-Prozent-Pensum für den Powerman, 20 bezahlt, 20 freiwillig. Das passt gut nebst meiner Anstellung als Mandatsleiter im Kanton Obwalden im Tourismus und in der Wirtschaftsförderung.
Duathlon hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Wie beurteilen Sie die Veränderungen?
Stark entwickelt ist vielleicht etwas übertrieben. Die Strukturen sind sicher besser geworden, auch im Leistungssport, wo man einen zu etwa 15 Prozent angestellten Nationalcoach hat. Das hat damit zu tun, dass Swiss Olympic etwas mehr Sportfördergelder erhält, mit denen man die Verbände unterstützen kann. Konkret hat Swiss Triathlon da profitiert. Jene Gelder sind an Leistungssport gebunden, deshalb hat man auch eine Duathlon-Nationalmannschaft geschaffen und die Athleten-Betreuung intensiviert. Ich schätze, dass dadurch das Niveau im Leistungssport gestiegen ist. Aber der Breitensport ist eher stagnierend bis rückläufig.
Woran liegt das?
Es ist so, dass Duathlon in den 90er-Jahren boomte, auch der Powerman war da ja noch grösser und bekannter. Triathlon hat Duathlon dann den Rang abgelaufen. Für viele ist Triathlon der Hauptsport, Duathlon betreiben sie nur zu Trainingszwecken. Vor allem im Breitensport scheint es cooler, wenn man sagen kann, dass man Triathlon macht. Dies, obwohl Duathlon eigentlich viel härter ist. Es ist kein Vergleich, ob du vor dem Radsplit zuerst schwimmst oder rennst. Nach dem Schwimmen kommst du mit erholten Beinmuskel aus dem Wasser.
Das tönt etwas gar locker…
… aber es ist so. Beim Duathlon hast du die Beine schon nach dem ersten Lauf ziemlich vorbelastet. Vielleicht ist es gerade deshalb Triathlon beliebter, weil es eben weniger hart ist.
Was ist anstrengender – einen Powerman zu organisieren oder einen Wettkampf zu finishen? Sie kennen beides, waren und sind als Ausdauerathlet, als Läufer, Triathlet und Biker aktiv.
Das ist schwierig zu vergleichen. Es hat beides seine strengeren und erholsameren Phasen. Als Athlet kannst du vieles selber steuern, kannst entscheiden, fahre ich jetzt schneller den Berg hinauf oder nicht. Bei einem Event wird vieles von aussen vorgegeben. Es gibt Fristen oder Zeitdruck, etwa, wenn es darum geht, die Wettkampfstrecke zu kommunizieren. Diesbezüglich waren wir spät dran.
Gab es denn Athleten, die nachfragten, ehe letzte Woche die Pläne online waren?
Ja, es gab immer häufiger Anfragen. Aber man darf das nicht überbewerten. Ein Athlet absolviert 10 bis 15 Rennen im Jahr und ist im Kopf vielleicht noch mit einem anderen Wettkampf beschäftigt und denkt noch nicht an den Powerman Zofingen. Zwei Wochen vor dem Start schauen sie mal auf die Webseite und klicken sich durch die Streckenpläne. Andere sind minutiöser und monieren, wenn man einen Monat vor dem Rennen bekannt gibt, dass es eine neue Strecke gibt. Doch mit Kritik muss man umgehen können. Grundsätzlich spielt ein Streckenplan für den Sportler keine Rolle. Wenn er weiss, wie viele Kilometer und Höhenmeter es zu meistern gilt, kann er sich vorbereiten. Ob es dann 20 oder 30 Linkskurven sind, ist egal.

Wann haben Sie zuletzt einen Wettkampf bestritten?
Vor fünf Wochen den Duathlon Sempachersee im Couple und eine Woche zuvor den Swiss Man, der von Ascona über drei Alpenpässe auf die kleine Scheidegg führt.
Dann finden Sie trotz all Ihrer Aufgaben noch genug Zeit zum Trainieren?
Ja. Wir haben keine Kinder und können folglich unseren Tagesablauf weitgehend selber bestimmen. Jeder Tag hat 24 Stunden. Willst du dich bewegen, findest du jeden Tag zwei Stunden Zeit dazu. Ich komme im Sommer pro Woche problemlos auf 10 Stunden Sport sprich Bewegung.
Was ist Ihnen als Athlet wichtig, um mit der Organisation eines Sportevents zufrieden zu sein?
Das Gesamtpaket. Die Abläufe müssen effizient sein, es darf keine Warteschlangen geben beim Check-in oder beim Startnummern-Abholen, der Informationsfluss muss klappen, die Informationen auf der Homepage müssen verständlich aufbereitet sein, damit man nicht zu viel Zeit verliert, etwas zu suchen. Und ich picke mir Wettkämpfe heraus, die landschaftlich etwas bieten. Letzteres ist in der Schweiz ja aber nicht so schwierig.
Und der Powerman erfüllt aus Ihrer Sicht all diese Kriterien?
Ja. Aber man darf auch kritisch bleiben. Der Powerman Zofingen ist fast schon zu hart. Du fährst 150 Kilometer Rad und rennst total 40 Kilometer. Viele meiner Kollegen hält die sehr anspruchsvolle Laufstrecke, die fast einem Marathon entspricht und noch mit Höhenmetern gespickt ist, von der Teilnahme ab. Der Powerman Zofingen gilt als der «härteste Duathlon der Welt». Damit hat man einen Mythos geschaffen, der Segen und Fluch ist. Die einen starten genau deshalb, die andern verzichten lieber.
Auch in Ihrem Palmares fehlt ein Ergebnis über die Powerman-Zofingen-Langdistanz noch.
Stimmt. Eigentlich mag ich ja lange Rennen wie den Swiss Man oder den Gigathlon und als Läufer und Velofahrer hatte ich das Rennen in Zofingen immer auf meiner Präferenzliste. In den letzten drei Jahren passte es aber nicht, weil ich das Swiss Epic im Wallis fuhr. Und jetzt geht es nicht, weil ich im OK bin. Aber irgendwann …
Was fordert Sie derzeit bei Ihrer Tätigkeit für den Powerman Zofingen am meisten?
Das Athletenmarketing. Es wird immer anspruchsvoller, Teilnehmer zu generieren. Wir haben da einiges investiert. Unser Ziel ist es, «sold out» zu sein. 750 Startende bräuchten wir dazu am Sonntag über die Kurz- und Langdistanz. Ich bin otimistisch, dass das gelingt. Eine weitere Challenge ist die Helfersuche, die ebenfalls immer schwieriger wird.
Der Powerman wird heuer 30 Jahre alt. Wissen Sie noch, wie Sie Ihren 30. Geburtstag gefeiert haben?
Ja, das weiss ich noch sehr gut. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sich das hier als Story eignet.
Warum? Ist es nicht druckfähig?
Doch, doch. Ich hatte bis zum Dreissigsten kein ein eigenes Auto, nutzte das meiner Eltern. Dann kaufte ich mir einen Ford Mondeo und lud drei Kollegen in den Europapark Rust ein. Wir haben mal geschaut, wie schnell das Auto fährt. In Deutschland ist das ja erlaubt.
Was denken Sie, was wünscht sich der Powerman zum Jubiläum?
Wie gesagt «sold out» am Sonntag und sehr viele Zuschauer. Und nach dem Rennen glückliche Athleten und viele Komplimente für die neue Strecke. Man will ja für die Athleten einen Topparcours, das ist das Herzstück des Wettkampfs. Es gibt heuer einige Abschnitte, in denen die Teilnehmenden eine wunderbare Fernsicht in die Alpen haben, sofern das Wetter stimmt. Womit wir bei einem weiteren Wunsch wären: schönes Wetter.
Hier gibts ein Video von Oliver Imfelds Testfahrt auf der neuen Radstrecke, eine Botschaft vom Kulminationspunkt Wiliberg.