Mit Flipflops und Daunenjacke

 

Erstmals seit über 30 Jahren haben wir diesen Sommer wieder einmal Wohnwagenferien im Engadin gemacht. Ich gebe zu, wir taten es den Kindern zuliebe. Nirgends lernen sie einfacher, mit wenig Luxus auszukommen, als auf den Campingplatz.

Mal wieder gemeinsam in einem Raum zu schlafen, ein unbezahlbares Gefühl. Ebenso die Möglichkeit, aus fast allen Ecken des Wohnwagens direkten Zugriff zum Kühlschrank zu haben. Vor dem Campingplatz-WC anzustehen, ist ebenso gewöhnungsbedürftig, wie beim Zähneputzen von Unbekannten beobachtet zu werden. Im schönsten aller Bündner Bergtäler kommt es schon mal vor, dass es in den Sommernächten so kalt ist, dass man das Bier in den Kühlschrank stellen muss, damit es nicht einfriert, oder dass man einen Tag im Hallenbad verbringt, bis die ganze Familie wieder aufgewärmt ist.

Dass man am Morgen oft in feuchte Kleider schlüpft, ist eine gute Angewöhnung ans Militär, ebenso das Trinken und Essen aus Plastikgeschirr oder das Wasserholen mit Kanistern. Das Kochen mit Gas geht viel schneller und ist spannender als der langweilige Stromherd zu Hause. Stadtkinder machen auf dem Campingplatz meist ihre ersten Erfahrungen mit dem Abwaschen in einer Grossküche und lernen schon früh, dass der Wohnwagen einen Fäkalientank hat, der sich nicht von alleine leert.

Spass haben die Kids auch, wenn sie aus ihren Stockbetten im Nachbarwohnwagen das Abendfernsehprogramm mitverfolgen können, statt zu schlafen. Engadin-Ferien bedeuten auch, dass man bereits im Juli auf der offenen Eisbahn von St. Moritz Eislaufen oder Eishockey spielen kann und man von allen Aarauer Eishockeyspielern dafür beneidet wird. In Sachen Wetter und Meteo gibt es einfachsten Anschauungsunterricht: Der bekannte Maloja-Wind kommt nicht immer dann, wenn es die Surfer und Kiter wollen. Und selbst wenn die Nacht sternenklar ist, heisst es noch lange nicht, dass am Morgen nicht alles weiss verschneit sein kann.

Im Engadin gibt es keine lästigen Zecken und Mücken, hier erfreut man sich flinker Eichhörnchen, auch wenn diese die Apéronüsschen vom Tisch klauen. Der Fluglärm eines Helikopters ist hier nicht störend, sondern eine Attraktion. Wer im Sommer im Engadin richtig cool sein will, der trägt bei der grössten Kälte eine Daunenjacke und eine Wollmütze, aber mit Sicherheit auch ausgelatschte Flipflops. Sie finden das alles nicht ganz normal? Mir geht es gleich. Trotzdem mache ich nächstes Jahr wieder Wohnwagenferien im Engadin. Nicht nur den Kindern zuliebe.