Mit grausam viel Kampfgeist und Unterstützung der Generalkonsulin

Konzentriert sitzt Rollstuhlschützin Nicole Häusler im Shooting-Center in Sydney im Schiessstand. Die Pfaffnauerin will an der Parashooting-WM brillieren. Sie zielt, betätigt den Abzug des Luftgewehrs und ist sicher: Das ist ein Zehner. «War es auch meistens», sagt Nicole Häusler. In beiden Qualifikationen realisierte sie in 60 Schüssen 57 Zehner, «aber halt keine hohen, eher eine 10,2 statt eine 10,8.» Fast nach jedem Schuss versucht Nicole Häusler, Details zu verbessern, justierte mittels Ringkorn und Diopter ihre Visierung. «Obwohl ich routiniert bin, begann ich an mir zu zweifeln, weil ich nicht herausfand, was ich anders machen musste.» Zeitdruck kam hinzu und die Luzernerin musste zwischendurch ihre Hände wärmen in der kalten Halle. «Es war ein Riesenfrust, dass sich mein gutes Gefühl beim Abschuss nicht in ein ebenso gutes Resultat niederschlug», sagt Nicole Häusler. Trotz allem zeigte sie einmal mehr Kampfgeist und gab bis zur letzten Schussabgabe ihr Bestes.

Nebst dem Dämpfer im Liegend-Wettkampf (Rang 62) erlebte die Athletin der Sportschützen Kölliken aber auch einen guten Contest in der Stehend-Kategorie. In einem starken Feld – noch nie waren so viele Teilnehmende an einer WM – war Nicole Häusler am Ende die zweitbeste Frau, aber schwächer als die Weltelite der Männer. Mit Rang 22 verpasste sie den Final, erzielte jedoch ansprechende 625,5 Punkte. «Ich war nicht grausam schlecht», formuliert sie es mit ihrer humorvollen Art und tröstete sich damit, dass auch einige Topcracks mit den Lichtverhältnissen am Schiessstand Mühe bekundeten.

Jacke und Schiesstisch nahe am Optimum

Die Weltmeisterschaften waren für Nicole Häusler ein Zwischenstopp auf dem Weg an die Paralympics 2020 in Tokyo. Einen Quotenplatz hat sie an der letzten WM 2018 schon für die Schweiz geholt. Zum Einsatz kam in Sydney ihre neue Schiessjacke, die sie in den letzten Monaten schneidern liess. «Sie wurde in Australien erstmals international kontrolliert und akzeptiert, sie ist nun optimal auf mich zugeschnitten», freut sich Nicole Häusler. Vorwärts ging es auch in der Entwicklung ihres Schiesstisches mit Experten vom Paraplegikerzentrum Nottwil. Dieser soll dann bei den Paralympics genau ihren Bedürfnissen entsprechen. Testen will Nicole Häusler jenen Teil ihrer Ausrüstung aber vorerst auf heimischem Boden, an der WM verliess sie sich auf das gewohnte Equipment.

Ab sofort legt die mehrfache Schweizer Meisterin den Fokus aufs Luftgewehr, wird nur noch selten mit dem Kleinkaliber schiessen. «Das ist nötig, wenn ich bis zu den Paralympics einen weiteren Schritt machen will.» Zudem stehe wohl ein Besuch beim Optiker an, um herauszufinden, ob sie etwas tun kann, damit sie mit ihrem Zielauge die Scheibe wieder besser anvisieren kann. Veränderungen am Sehvermögen sind Begleiterscheinungen der Multiplen Sklerose, wegen der Nicole Häusler auch auf den Rollstuhl angewiesen ist.

Trotz strengem Wettkampfprogramm fand Nicole Häusler Zeit, Sydney zu erkunden – und freute sich unter anderem über den Besuch der Schweizer Generalkonsulin Bernadette Hunkeler Brown im Schiessstand. «Solche Begegnungen machen die WM auch wertvoll, nicht nur gute Resultate.»