
Mit Maske im Gesicht und Bier in der Hand im Stadion jubeln: Neun Fragen und Antworten zum Bundesratsentscheid
Fussball- und Eishockeymatches, aber auch Konzerte und Kongresse mit mehr als tausend Personen sind ab Oktober wieder möglich. «Das ist eine sehr gute Nachricht für das Publikum, aber auch eine sehr grosse Verantwortung für die Veranstalter», sagte Bundesrat Alain Berset am Mittwoch vor den Medien. Er legte dar, nach welchen Spielregeln die Kantone solche Anlässe bewilligen können. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Bundesratsentscheid:
1. Welche Anlässe sind betroffen?
Alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen. Dazu zählen etwa Fussballmatches, Theater, Fasnachtsumzüge und Kongresse. Die Anlässe müssen vom jeweiligen Kanton bewilligt werden.
2. Welche Leitplanken gibt der Bundesrat dabei vor?
Damit eine Grossveranstaltung bewilligt werden kann, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens müssen die Veranstalter ein Schutzkonzept vorlegen. Darin wird beispielsweise dargelegt, wie die Personenströme vor dem Anlass gelenkt werden – damit es nicht zum Gedränge kommt. Zweitens müssen die Kapazitäten der Behörden für das Contact Tracing genügend gross sein. Drittens muss die epidemiologische Lage die Durchführung erlauben. Hat ein Kanton sehr viele Coronafälle, gibt es also keine Bewilligung. Für alle Grossanlässe gilt grundsätzlich: Die Gäste müssen sitzen und die Abstands- und Hygieneregeln einhalten.
3. Was gilt für nationale Fussball- und Eishockey-Spiele?
Der Bundesrat hat für diese detaillierte Vorgaben gemacht, um für Einheitlichkeit zu sorgen. In den Stadien dürfen höchstens zwei Drittel der Sitzplätze besetzt werden; die Kantone können diese Grenze auch senken. Stehplätze sind verboten, die Zuschauer müssen Masken tragen.
4. Gibt es ein Alkoholverbot in den Stadien?
Nein. Der Bundesrat prüfte laut Gesundheitsminister Berset mehrere Varianten, entschied sich dann aber gegen ein Alkoholverbot – obwohl dies eine Mehrheit der Kantone gewünscht hatte. Nun heisst es in der entsprechenden Verordnung kurz zusammengefasst: Alkohol ist erlaubt, sofern das Schutzkonzept dadurch nicht gefährdet wird. Was dies genau bedeutet, blieb am Mittwoch vage. Berset scherzte: «Wenn man zu viel trinkt, kann man das Schutzkonzept nicht einmal mehr lesen.» Der Bundesrat will offensichtlich austesten, ob es ohne Alkoholverbot funktioniert. Geht es nicht, können die Kantone reagieren.
5. Kann eine Bewilligung wieder entzogen werden?
Ja, das kann auch sehr kurzfristig geschehen. Die Organisatoren haben in diesem Fall keinerlei Anspruch auf Entschädigung durch Bund oder Kanton. Berset räumte ein, dies sei für die Veranstalter schwierig, da ihnen die Planungssicherheit fehle.
6. Die Kantone müssen die Bewilligungen erteilen. Was sagen sie zum Entscheid des Bundesrats?
Sie üben leise Kritik. Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), sprach von einer «grossen Herausforderung». Die Kantone hatten auf strengere Regeln gepocht. Die Mehrheit sprach sich etwa dafür aus, dass bei professionellen Sportanlässen im Innern – also etwa Eishockeyspielen – nur eine 50-Prozent-Auslastung erlaubt ist. «Einige Kantone wollten eine noch striktere Begrenzung», erklärt GDK-Sprecher Tobias Bär. Hingegen begrüssen die Kantone, dass sie die Auslastung gegebenenfalls stärker einschränken können.
7. Wie beurteilt der Bundesrat die epidemiologische Situation?
Die Lage sei unter Kontrolle, aber fragil, sagte Berset. Die Infektionszahlen würden steigen, von einer zweiten Welle könne man aber nicht sprechen.
8. Manche Branchen sind nach wie vor stark von Corona betroffen. Hilft die Regierung ihnen?
Eventuell. Der Bundesrat will prüfen, ob besonders stark betroffene Firmen gezielt unterstützt werden sollen, wie er am Mittwoch mitteilte. Auf Hilfe hoffen neben Event-Veranstaltern beispielsweise auch Reisebüros.
9. Apropos Reisen: Kommt Frankreich auf die Quarantäne-Liste?
Danach sieht es nicht aus. Zwar hat Frankreich den Schwellenwert von 60 Infektionen pro 100’000 Einwohnern überschritten. Berset betonte aber, die Situation sei besonders, da es sich um ein Nachbarland handle: «Wir werden sehr verhältnismässig vorgehen.»