Neue Bau- und Nutzungsordnungen: Menschen mögen keine Veränderungen

Wie sich die Themen und Probleme der Menschen gleichen. In Zofingen haben 105 Leute eine Petition gegen die Abholzung des Parks der Villa Ringier am Oberen Rebberg unterschrieben. Am liebsten hätten die Anwohnerinnen und Anwohner das fussballfeldgrosse Areal als grüne Lunge erhalten – eine Überbauung mit 30 Eigentumswohnungen verhindert.

Eine ähnliche Situation in der Stadt Baden. Dort wehren sich derzeit Petitionärinnen und Petitionäre gegen eine «Betonschlucht in der Badener Gartenstadt». Um was geht es? Die Badener Allmend, hoch über der Stadt nördlich der Ruine Stein gelegen, wurde erst sehr spät überbaut. In den 1940er-Jahren gab es die Idee, hier eine Gartenstadt anzulegen. Die wurde zwar nie zentral geplant und umgesetzt – eine offene, teilweise parkähnliche Gartenstadt ist dennoch entstanden.

Ein Zeitsprung. Die Raumplanung ist in der Schweiz seit Jahren von grosser Dynamik geprägt. Nach dem Ja der Stimmbürger zum eidgenössischen Raumplanungsgesetz im Jahr 2013 und der Anpassung des Aargauer Baugesetzes waren für dessen Umsetzung die Gemeinden an der Reihe. Konkret mussten sie für eine Siedlungsentwicklung nach innen sorgen. Wachstum – Neubauten – soll möglichst innerhalb des bestehenden Siedlungsgebietes und an gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossenen Lagen stattfinden.

Dieses Ziel verfolgen neue Bau- und Nutzungsordnungen (BNO) in den Städte Zofingen und Baden. Während diejenige von Zofingen durch eine Abstimmungsbeschwerde blockiert ist, hat jene von Baden Rechtskraft. Und damit zurück in die Gegenwart. Auf der Badener Allmend soll im Sinne der baulichen Verdichtung ein Einfamilienhaus mit überdimensioniertem Umschwung einem dreistöckigen Neubau mit fünf Wohnungen weichen.

Verdichtungen soll man selbstverständlich zulassen, sagen auch die Badener Petitionärinnen und Petitionäre. Aber es gibt Orte, wo das gut geht, und Orte, wo es nicht sinnvoll sei. Mit anderen Worten: Bitte nicht in meinem Quartier und schon gar nicht vor meiner Haustüre. Genau hier liegt der Hase im Pfeffer.

Wie delikat Eingriffe in gewachsene Strukturen sind, macht eine Studie über die Akzeptanz von baulicher Dichte deutlich, die das Amt für Raumentwicklung des Kantons Zürich erstellen liess. Sie kam – basierend auf einer repräsentativen Umfrage bei 3000 Personen – zu Schlussfolgerungen, die sich auch auf andere Regionen übertragen lassen. Erstens: Die Mehrheit der Menschen ist mit ihrer Wohnsituation zufrieden und möchte die charakteristische Gestalt ihrer Umgebung auch für die Zukunft erhalten. Zweitens: Je höher die bauliche Dichte im Umfeld bereits ist, desto grösser ist die Akzeptanz für weitere Schritte in diese Richtung. Und drittens: Wenn bauliche Verdichtung in der Nachbarschaft mit qualitativen Verbesserungen für Betroffene verbunden ist, schwindet der Widerstand

Die Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen? Die Identität bestehender Siedlungen ist bei der Erhöhung der baulichen Dichte zu respektieren. Quartiere werden idealerweise «rollend» weiterentwickelt. Dabei ist zweierlei zu überlegen: Wie lässt sich Liebgewonnenes, etwa Grünräume, erhalten? Welche neuen Qualitäten – zum Beispiel Lärmschutz oder eine bessere öV-Erschliessung– können dank neuen oder veränderten Bauten geschaffen werden?

Verdichtet wird in unseren Städten primär durch Ersatzneubauten. Auch dazu liefern die Zürcher Zahlenmaterial. Diesmal die Stadt. Innert 14 Jahren entstanden 1246 Neubauten, die 1427 Altbauten ersetzten. Neubauten ohne Abbruch gab es deren 1147. Auch bei Letzteren wurde auf eine gute Ausnutzung der Grundstücke Wert gelegt – es geht ja auch um viel Geld. Alles wunderbar also?

Nicht ganz. Mit Verdichten meint eine BNO nur die Hülle und nicht das Innenleben einer Baute. In der Stadt Zürich leben die Leute heute pro Kopf auf 49 Quadratmetern. 1960 wohnten die Zürcher auf 22 Flächenmetern.