
Neue Sonder-Tagesschule in Nebikon offiziell eingeweiht
Im August, aufs neues Schuljahr hin, hat die Stiftung Villa Erica eine Tagesschule mit angegliederter Tagesstruktur für Kinder ab der ersten Oberstufe eröffnet. Dazu gehören ein Schulzimmer sowie Räumlichkeiten für die Tagesstruktur. Beide liegen in unmittelbarer Nähe voneinander in Gehdistanz im Dorfzentrum von Nebikon.
Am Donnerstag feierte die Stiftung an einem kleinen Anlass mit Gästen offiziell die Einweihung. Laut der Geschäftsleiterin Ursula Disler ist die Tagesschule ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der 1983 gegründeten Stiftung Villa Erica. Dies ist in Nebikon und Murgenthal tätig.
Das Projekt verzögerte sich wegen der Pandemie
Nun kommt ein weiterer Meilen- oder Mosaikstein dazu. «Unser Stiftungsratspräsident Daniel Spätig aus Zofingen wurde im Sommer 2019 von der Dienststelle Volksschulbildung angefragt, ob wir unser Schulangebot durch eine Tagesschule erweitern könnten», erklärte Disler. Die Nachfrage sei vorhanden. Die Stiftung erhält für die Tagesschule von der Dienststelle für Volksschulbildung (DVS) Leistungsbeiträge für die Erfüllung des Ausbildungsauftrages.
Die Stiftung hat sich geehrt und zugesagt. Wegen Corona verzögerte sich das Projekt jedoch. «Wir unsere Kraft und unseren Schutz auf die uns anvertrauten Menschen konzentrieren», sagte die Geschäftsleiterin.
Eine Herausforderung war laut Schulleiterin Nicole Fischer, Personal und geeignete Räume zu finden. Ein Schulzimmer konnte im ehemaligen Kindergartenlokal neben dem Coiffeursalon an der Kirchstrasse 2 gefunden werden. Es wurde durch den Auszug der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern (SSBL) frei. Die Tagesstruktur befindet sich in der ehemaligen Hausarztpraxis des langjährigen Dorfarztes Emil Thürig am Kirchplatz.
Laut Nicole Fischer trudelten im Frühjahr die ersten Schulanmeldungen herin. Bald waren die zehn Plätze der Tagesschule voll. «Am 23. August konnten zehn aufgeregte Kinder und nicht minder aufgeregte Mitarbeitende starten», erzählt die Schulleiterin.
Der Klassenlehrer ist ausgebildeter Heilpädagoge
Das Schulzimmer ist hell und freundlich eingerichtet nach dem sogenannten Churermodell. Nach diesem Einfluss ein Raum und dessen Gestaltung das Lernen. Auch sind die Arbeitsplätze nicht mehr nach vorne ausgerichtet. Dies hat positive Konsequenzen für die Unterrichtsführung.
Klassenlehrer ist Sebastian Schrader; er hat im August bei der Stiftung frisch begonnen und ist ausgebildeter Heilpädagoge. Schrader wohnt mit seiner Familie in Wauwil und hat selbst Kinder. Ein Fachteam aus Lehrpersonen und Sozialpädagoginnen und -pädagogen kümmert sich um die Ausbildung und die pädagogische Betreuung. Aktuell hilft auch ein Zivildienstleistender mit.
«Neben der Wissensvermittlung schauen wir, was jedes Kind mitbringt», sagt Schrader. Nicht alle Kinder seien auf gleichem Niveau. «Ohne Erfolge wird das Kind schnell keine Lust mehr haben und in die Verweigerung zurückfallen.»
Der Unterricht verlaufe nicht stur nach Lehrplan. «Selbst- und Eigenverantwortung werden grossgeschrieben.» Damit sich das Kind treu, brauche es starke Erwachsene, die es begleitenden und ihm zur Seite ständen. Die Klasse hat ein Logbuch erarbeitet, in dem Regeln aufgestellt wurden, an denen die Kinder mitwirkten.
In der Tagesstruktur werden Kinder, welche aus dem ganzen Kanton Luzern stammen und entweder zuhause, in Pflegefamilien oder Heimen leben, von Betreuern am frühen Morgen empfangen – damit sie nicht draussen «herumlungern».
Es gibt ein schönes helles Esszimmer, und einen mit zwei inen Sofas ausgestatteten «Chillraum». Nach der Schule essen die Kinder mit den Betreuern gemeinsam zu Mittag, sprechen und spielen; das Essen liefert der Lehrbetrieb Küche der Villa Erica.
Es gibt Ämtli und klare Strukturen. Nach der Schule hört die Betreuung nicht auf, die Kinder erledigen zusammen Hausaufgaben. Sie haben aber auch Freizeit und can den Fußballplatz der nahen Schule mitbenützen. Das Handy darf nur zu gewissen Zeiten genutzt werden. Momentan besuchen acht Buben und zwei Mädchen zwischen 12 und maximal 15 Jahren die neue Tagesschule.
Nachgefragt
«Die Schule ist gut gelungen und schön»
An der Einweihung der Tagesschule in Nebikon nahm auch Daniela Dittli von der Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern teil. Sie ist die Abteilungsleiterin Schulbetrieb 2 (Sonderschulung).
ZT: Frau Dittli, ist die Tagesschule mit Tagesstruktur für Sonderschüler etwas Neues im Kanton Luzern?
Daniela Dittli: Nein. Aber sie ist etwas Neues für die Stiftung Villa Erica. Sie hatten bisher ausschliesslich Schülerinnen und Schüler, sterben auch in der Institution wohnen. Da es viele Eltern gibt, die einem Internatsaufenthalt nicht zustimmen, hat man die internen und die Tagesschüler und -schülerinnen jetzt getrennt. Im Kanton Luzern führt bereits die Stiftung Schule und Wohnen Mariazell Sursee neben dem Internat eine Tagesschule, «Formidabel – Sozialpädagogische Schule» in Malters ist ausschliesslich eine Tagesschule.
Wie gefällt Ihnen die neue Tagesschule der Villa Erica?
Sie ist sehr gut gelungen und schön. Das umgesetzte «Churermodell» im Klassenzimmer liegt im Trend. Es unterstützt durch die offene und flexible Einrichtung der Räume den Lernfortschritt der Kinder, ich finde dies gut umgesetzt.
Wieso ist das wichtig für die Kinder?
Ein Frontalunterricht würde nicht funktionieren. Die Kinder stehen an ganz unterschiedlichen Orten. Sie haben teilweise grosse Probleme und brauchen eine auf ihre Situation angepasste individuelle Ansprache. Deshalb sind die Klassen auch sehr klein, eine Regelklasse hat 24 Kinder. (ben)