Neue Wirtepräsidentin Sandra Zettel: «Auf dem Land kennt man die Gäste noch»

Sandra Zettel mit ihrem Mann Philipp (links) und den Schwiegereltern Annamarie und Fredy Zettel, die das Gasthaus von 1969 bis 1998 führten. (ben)
Sandra Zettel mit ihrem Mann Philipp (links) und den Schwiegereltern Annamarie und Fredy Zettel, die das Gasthaus von 1969 bis 1998 führten. (ben)
Der Wirtechor Luzern unterhielt an der GV mit  mehreren Liedern. Er wird am 7. April sein Jahreskonzert in der
Der Wirtechor Luzern unterhielt an der GV mit mehreren Liedern. Er wird am 7. April sein Jahreskonzert in der
Sandra und Philipp Zettel im Stübli.
Sandra und Philipp Zettel im Stübli.
Das Gasthaus zum Löwen in Grossdietwil wird seit 1820 von der Familie Zettel geführt.
Das Gasthaus zum Löwen in Grossdietwil wird seit 1820 von der Familie Zettel geführt.
Sandra Zettel-Vogel ist gestern an der Generalversammlung von «Gastro Region Willisau» in Willisau zur neuen Präsidentin des Verbandes für Hotellerie und Restauration gewählt worden.  Von ihrem Vorgänger Hannes Baumann aus Wikon wird sie mit Blumen geehrt (ben)
Sandra Zettel-Vogel ist gestern an der Generalversammlung von «Gastro Region Willisau» in Willisau zur neuen Präsidentin des Verbandes für Hotellerie und Restauration gewählt worden. Von ihrem Vorgänger Hannes Baumann aus Wikon wird sie mit Blumen geehrt (ben)

Seit 22 Jahren Wirtin des «Löwen» in Grossdietwil

Sandra Zettel-Vogel (46) führt mit ihrem Mann Philipp Zettel das traditionsreiche Gasthaus Löwen in Grossdietwil. 1998 übernahmen sie den Familienbetrieb von ihren Schwiegereltern, Fredy und Annamarie Zettel. Sandra Zettels Herz schlägt fürs Gastgewerbe. Begonnen hat ihre Karriere im zarten Alter von 16 Jahren mit einer Servicelehre im Hotel Balm in Meggen. Später arbeitete sie in Saisonbetrieben und absolvierte die Wirteprüfung. Im «Löwen» arbeitet sie im Service bei den Gästen, während ihr Mann kocht. Das Wirte-Ehepaar beschäftigt acht Mitarbeiter und bildet einen Kochlehrling aus. 1415 erstmals urkundlich erwähnt, wird das schöne historische Gasthaus seit 1820 in achter Generation von der Familie Zettel geführt. Der «Löwen» war Schauplatz mehrerer Filme und Napoleon I. soll einst hier genächtigt haben. (ben)

Sandra Zettel-Vogel ist gestern an der Generalversammlung von «Gastro Region Willisau» in Willisau zur neuen Präsidentin des Verbandes für Hotellerie und Restauration gewählt worden. Die dritte gemeinsame GV der Gastro Regionen Willisau, Sursee und Seetal wurde von rund 100 Gastronomen besucht.

Zettel war bisher Vizepräsidentin der Willisauer Wirte und folgt auf Hannes Baumann («Bim Buume, Schönlokal», Wikon), der das Amt nach zwölf Jahren abgegeben hat. Er wird 60 Jahre alt. Sandra Zettel führt mit ihrem Mann das bekannte Gasthaus Löwen in Grossdietwil. Wir haben sie im traditionsreichen Familienbetrieb besucht.

Frau Zettel, freuen Sie sich auf die neue Aufgabe?

Ja, ich bin sehr gespannt.

Sind Sie die erste Frau in diesem Amt?

Meines Wissens Ja. Meine Vorgänger waren alles Männer: Hannes Baumann, Fredi Dobmann vom «Lamm» in Menznau und davor mein Schwiegervater Fredy Zettel.

Wie viele Wirte und Wirtinnen vertreten Sie in der Region Willisau?

Wir haben knapp 100 Mitglieder. Etwa zwei Drittel der Restaurants sind bei uns dabei, die Mitgliedschaft ist ja freiwillig.

Welches Kränzlein würden Sie Ihrem Vorgänger Hannes Baumann winden?

Hannes war sehr fokussiert und ist immer fürs Gastgewerbe eingestanden. Er war sehr aktiv in den Medien und im Fernsehen. Mein Vorgänger hat einen sehr guten Job gemacht und sich immer getraut zu sagen, wo der Schuh drückt.

Wo drückt die Gastronomen denn der Schuh?

Ein aktuelles Thema sind die vielen Intoleranzen von Gästen. Oder dass Reservationen nicht eingehalten werden und niemand erscheint. Auch der Fachkräftemangel beschäftigt uns. Oder die toten Zeiten in den Restaurants, wo man Mitarbeiter beschäftigen muss in Zeiten, wo es nicht wirklich rentiert. Schränkt man die Öffnungszeiten ein, heisst es im Dorf schnell einmal, «die haben es nicht nötig», und die Gäste kommen nicht mehr. Doch wenn der Wirt an einem Nachmittag nur drei Café Crème verkauft, ist das auch schwierig. Diesem Druck aus dem Dorf muss man manchmal standhalten.

Ist das Beizensterben auch ein Thema wie andernorts?

Ja, das ist sehr aktuell. Viele Restaurants schliessen, wenn es einen Generationenwechsel bei den Wirtsleuten gibt und die nächste Generation nicht mehr weitermachen will. Das ist oft der Fall. Andere müssen schliessen, weil es nicht rentiert. Manchmal ist das aber auch eine Art Gesundschrumpfung der Branche. Die Vorkenntnisse zum Wirten fehlen oft. Es kann ja nicht einfach jeder kommen, ein Restaurant eröffnen und denken, dass es rund läuft. Es gibt zwar einzelne Glücksfälle, die am richtigen Ort zur richtigen Zeit sind, aber das ist nicht die Regel.

Was ist das Unverwechselbare der Gastronomie in der Region Willisau?

Wir haben natürlich noch sehr viele schöne Landgasthäuser mit traditioneller schweizerischer Küche. Manche kochen auch südländisch. Es hat auch Pizzerien, mexikanische Restaurants etc. Wir sind eher eine traditionelle Region, aber mit einer grossen Abwechslung und Bandbreite im kulinarischen Angebot.

Ist es auf der Landschaft schwieriger zu wirten als in der Stadt?

Das kann ich so nicht bestätigen. In der Stadt hat man die anonyme Laufkundschaft, das ist bei uns weniger der Fall. Wir kennen unsere Gäste mehrheitlich. Auf dem Land kommt man gezielt zu uns, um gut zu essen. Zu uns fährt man auch wegen der schönen Gegend, schaut sich das Kloster St. Urban an, postet Willisauer Ringli, macht einen Ausflug auf den Napf oder den Menzberg.

Was sind ihre wichtigsten Tipps für Erfolg im Gastgewerbe?

Man sollte ein gutes Konzept haben. Was gut läuft, ist saisonale Küche und das Kochen mit lokalen Produkten aus der Umgebung. Restaurants sollten auch offen sein für Intoleranzen und sich schon bei der Reservation kundig machen, welche speziellen Bedürfnisse die Gäste haben, um nicht überrascht zu werden. Wenn an einem Zehnertisch zum Beispiel fünf Personen Veganer sind und ich das im Voraus weiss, kann ich ihnen schon Menüs vorbereiten oder vorschlagen. Man muss offen sein dafür, lösungsorientiert handeln und die Mitarbeiter sensibilisieren.

Die traditionelle Gastronomie hat das Mittagsgeschäft oft verloren, viele Berufstätige verpflegen sich heute anderweitig. Wo liegt das Geschäft heute?

Es liegt vermehrt im Abendgeschäft oder fokussiert sich auf die Wochenenden, die bei uns im «Löwen» sehr gut laufen. Spezialitätenwochen sind attraktiv, Abwechslung vom Alltag und der gewisse «Wow»-Effekt. Restaurants sind auch nach wie vor attraktiv für Jubiläen, Taufen, Hochzeiten etc. Ein Restaurant sollte zudem kulinarisch etwas anbieten, das man im Alltag nicht jeden Tag selber zubereiten kann und sich damit hervorheben. Der Gast möchte verwöhnt werden.