Notrecht, Volksabstimmung und Wahlen

Das Corona-Virus hat unsere Gesellschaft im Würgegriff – und mit ihr die Politik. Exekutiv leistet sie sowohl auf Bundesebene wie auch im Kanton engagierte und vorausschauende Arbeit. Zum Erliegen gekommen ist hingegen eine strukturierte politische Meinungsbildung. Landauf, landab wurden nationale und kantonale Parteitage verschoben, deren Aufgabe es unter anderem ist, Abstimmungsparolen zu fassen.

Vernünftigerweise reagieren nun auch Ortsparteien und sagen ihre Versammlungen ab. So die CVP Zofingen-Strengelbach. «Lasst uns gemeinsam alles Mögliche tun, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen», schrieb deren Präsident Robert Weishaupt am Wochenende und vertagte die für den 26. März anberaumte Generalversammlung.

Am 17. Mai steht die Begrenzungsinitiative der SVP an. Sie will die Zuwanderung begrenzen – ein Ja bedeutet aber de facto auch die Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU. Für unsere Wirtschaft im Nachgang der Corona-Krise pures Gift. In Zeiten der Viren-Angst entsprechen Abschottung und Grenzschliessungen den Wünschen verunsicherter Bürgerinnen und Bürger. Soll das Land in diesem Klima eine der wichtigsten Weichenstellungen vornehmen? Sollte der Bundesrat nicht auch hier vom Notrecht Gebrauch machen und die Abstimmung verschieben?

Apropos Information. Die sich nahezu im Tagestakt wiederholenden Medienkonferenzen des kantonalen Corona-Stabs werden per Live-Stream im Internet übertragen. Auf der Seite ag.ch findet man die Termine und den Stream.

Unter den Teilnehmenden ist oft auch Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati und stellt Führungsstärke unter Beweis. Zu ihr gehören: Erst denken, dann sprechen und handeln.

Gallatis Vorgängerin im Gesundheitsdepartement war Franziska Roth. Zu deren Karriere gibt es inzwischen in der Stadt Baden eine Blaupause namens Sandra Kohler. Diese Quereinsteigerin ist im Gegensatz zu Roth nicht via eine Partei zum politischen Amt gekommen. Kohler trat bei den letzten Wahlen als Parteilose an, welche den traditionellen Politapparat mit frischem Wind hat aufmischen wollen.

Im Herbst 2017 verfing ihr Slogan «Wer den Neuanfang will, wählt mich»: Die Wählerinnen und Wähler machten «eine, die nicht aus dem Chlüngel kommt», zur Stadträtin. Dass ihr Vater SVP-Grossrat war, wusste in der Stadt an der Limmat offenbar niemand mehr.

Wie Roth war auch Kohler ihrer Aufgabe nicht gewachsen – warf unter Gepolter das Handtuch per sofort. Unbestritten: In unsere Exekutiven gehören Frauen. Aber nicht irgendwelche Frauen, sondern Politikerinnen – es sollten dieselben Kriterien in die Waagschale geworfen werden , wie sie für Männer gelten.