OL-Läufer Nick Gebert blüht in Finnlands Wäldern wieder auf

Als grösster internationaler Orientierungslauf-Wettbewerb der Welt zieht die Jukola, ein Staffelrennen in Finnland, jedes Jahr die Massen an. Knapp 13 000 Läuferinnen und Läufer gingen heuer bei Rovaniemi auf Postensuche, obschon der Anlass wegen der Coronapandemie um zwei Monate verschoben werden musste. Auch Nick Gebert warf sich in das Abenteuer: Der 24-jährige Zofinger startete bereits zum dritten Mal bei der Jukola und landete mit seinem schwedischen OL-Klub OK Orion bei 750 gestarteten Teams auf dem starken 23. Platz, was zu einer Auszeichnung reichte.

«Unsere Mannschaftsleistung war sehr gut», blickt Gebert auf das Wochenende zurück. Mit sich selber geht er härter ins Gericht: «Ich haben einen Posten zu lange gesucht und dadurch ein besseres Resultat vergeben», ärgert sich Gebert über sein Missgeschick, das ihm früh im Rennen unterlief. Und das angesichts der engen Zeitabstände nicht ohne Folgen blieb: «Lässt man diesen Fehler weg, wäre eine Platzierung weiter vorne in der Rangliste möglich gewesen. Denn dazu hat uns wenig gefehlt», so Gebert.

Ein Gefühl wie bei einem Open Air
Abgesehen von der zweischneidigen Bilanz zeigt sich der Aargauer einmal mehr beeindruckt vom Ausmass der Jukola, die einige Besonderheiten aufweist – zum Beispiel die Startzeit: Ausgerüstet mit einer Stirnlampe nehmen die ersten Läufer die Strecke am Samstag um 23 Uhr in Angriff. Die schnellsten Teams überqueren anschliessend am frühen Sonntagmorgen die Ziellinie, beim diesjährigen Sieger war das kurz nach 7 Uhr der Fall. «Es fühlt sich an wie bei einem Open Air», erzählt Nick Gebert, der als Zweitletzter seines Teams ins Rennen ging.

Ihm gefällt, dass beim Wettkampf Elite- und Breitensport aufeinandertreffen: «Vom Topläufer an der Spitze des Rennens bis zum Athleten, der erstmals eine Karte in der Hand hält, laufen alle auf der gleichen Bahn», sagt er. Dabei wird alles vom finnischen Fernsehen eingefangen, das Tag und Nach live vor Ort sendet.

Die Pause nach 15 Jahren OL hat ihm gutgetan
Für Nick Gebert war die Jukola der erste Ernstkampf seit langem. Erst folgte die Zwangspause wegen Corona, anschliessend rückte sein Mathematikstudium an der ETH in Zürich in den Vordergrund. «Wegen Corona fehlten die Wettkämpfe, und ich bin nicht der Fleissigste im Training, wenn ich keine Ziele habe», gesteht Gebert, der in diesen Tagen die letzten Bachelor-Prüfungen schreibt und danach den Master-Lehrgang beginnt.

Hinzu kamen mentale Probleme: Nach 15 Jahren Orientierungslauf fühlte sich Gebert ausgelaugt, konnte keine Fortschritte mehr erkennen. Aus diesem Grund sei die beruflich bedingte Pause nicht ungelegen gekommen. «Bei der Jukola habe ich aber gespürt, wie cool laufen noch immer ist. Ausserdem sah ich, dass ich physisch auf keinem schlechten Level bin, obwohl ich davor nicht viel trainiert hatte», sagt Gebert.

Vorfreude auf den Herbst – was danach folgt, ist offen
Nun freut sich das Mitglied des OLK Wiggertal auf die Herbstsaison im Orientierungslauf mit den Schweizer Meisterschaften Mitte September sowie die Vereins-SM in der Leichtathletik, bei der Nick Gebert für den BTV Aarau Athletics über die 3000 Meter an den Start geht. «Vor allem die OL-Meisterschaften sind eine gute Standortbestimmung für mich», sagt Gebert, der zudem mit der Teilnahme an einigen OL-Wettkämpfen in Schweden im Oktober liebäugelt. «Ich bin einfach gerne im nordischen Gelände unterwegs», erklärt er.

Weiter in die Zukunft will Nick Gebert trotz wiedergefundener Motivation noch nicht blicken. Ob eine Rückkehr ins erweiterte Schweizer OL-Nationalkader, dem Gebert bis zu Beginn dieses Jahres angehörte, zum Thema wird, hängt auch davon ab, wie gut Sport und Studium zu vereinbaren sind. «Ich nehme Schritt für Schritt und schaue im Winter, wie es weitergeht», sagt er.