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Oltner Volk kann über Budget abstimmen: Gemeindeparlament erhöht Steuern für Firmen um 10, für Einwohner um 2 Punkte

Es war eine denkwürdige Sitzung am Donnerstagabend im Oltner Ratssaal: Kurz vor Mitternacht hatte die Stadt Olten nach über fünfeinhalbstündiger Debatte das Budget 2022 unter Dach und Fach: In der Schlussabstimmung wurde der Voranschlag mit 21 zu 14 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen. Dafür stimmten geschlossen die drei linken Fraktionen SP/Junge SP, Olten jetzt! und die Grünen plus GLP-Mitglied Christian Ginsig. Dagegen stimmten die SVP und die FDP. Enthalten hatten sich der Rest der CVP/GLP/EVP-Fraktion.

Das Budget sieht eine Steuererhöhung bei den natürlichen Personen um 2 Punkte auf 110 Prozent, bei den juristischen Personen gleich um 10 Punkte auf 118 Prozent vor. Damit hat sich der Vorschlag der SP/Junge SP durchgesetzt, die für eine stärkere Besteuerung der Unternehmen in der Stadt Olten geweibelt hatte.

Dieser Vorschlag aus der Fraktion SP/Junge SP setzte sich zuerst dank des Stichentscheides des Parlamentspräsidenten Florian Eberhard, ebenfalls SP-Mitglied, gegen den Vorschlag der Finanzkommission durch, beide Steuerfüsse auf 108 Prozent zu belassen. Der stadträtliche Antrag, beide Steuerfüsse gleichmässig um 4 Punkte auf 112 Prozent zu erhöhen, unterlag schliesslich dem Antrag der SP-Fraktion.

Gleichzeitig hat das Gemeindeparlament einen Antrag von Urs Knapp mit 36 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen, das Budget 2022 dem Volk vorzulegen. Das FDP-Mitglied argumentierte erfolgreich, dass so die 30-tägige Referendumsfrist nicht abgewartet werden müsse und die budgetlose Zeit möglichst kurz gehalten werden könne. So kommt der Voranschlag voraussichtlich bereits am 13. Februar 2022 an die Urne statt erst Ende März. «Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sowieso zu einer Volksabstimmung kommt», sagte er im Rat. Bereits im Vorfeld der Ratsdebatte haben nämlich die SVP mit dem Komitee für solide Stadtfinanzen angekündigt, das Referendum zu ergreifen, wenn eine Steuererhöhung beschlossen würde. Auch die FDP liebäugelte mit der Unterstützung des Referendums.

Stadtpräsident Thomas Marbet weibelte vergeblich für einen Kompromiss in der Steuerfrage, damit eine Volksabstimmung und damit eine budgetlose Zeit verhindert werden kann.

Vor dem Beschluss machte sich der neue Stadtpräsident Thomas Marbet für einen Kompromiss in der Steuerfrage stark und forderte die Fraktionen auf, auch nochmals über den Antrag des Stadtrats zu diskutieren. Dieser Vorschlag könne auch abgeändert werden. «Ein Kompromiss heisst, von der eigenen Extremposition abzurücken und zu überlegen, wo die eigene Schmerzgrenze ist.» Es sei wichtig, was man als neu gewähltes Parlament für ein Signal aussende. Ein Referendum und eine budgetlose Zeit sei nämlich auch für die Verwaltung «nicht lustig». Der Wunsch des Stadtpräsidenten, deshalb eine kurze Pause einzulegen, wurde vom Parlamentspräsidenten nach kurzem Zögern entsprochen. Die zehn Minuten nützten trotz eifrigem Austausch unter den Fraktionen nichts mehr: Es kam zu keinem Kompromissvorschlag.

Bereits im Vorfeld der Budgetdebatte hat Co-Fraktionschef Daniel Kissling von Olten jetzt! am Mittwochmorgen einen Versuch gestartet, um alle Parteien nochmals zu einem Kompromiss zu bewegen – dies mit Verweis auf den Kommentar dieser Zeitung, der genau dies von den Parteien forderte. «Es liegt an uns, einen Kompromiss zu finden und den mehrmonatigen Stillstand zu verhindern», schrieb Kissling in einer der Zeitung bekannten E-Mail an alle Fraktionsverantwortliche. Er schlug die Lösung von einer gleichmässigen Erhöhung von je 2 Punkten auf 110 Prozent bei den natürlichen und juristischen Personen. Man könne diesem Vorschlag zustimmen, der genau in der Mitte der Forderungen liege, «sofern damit das Referendum vom Tisch ist». Allerdings machte er im gleichen E-Mail auch deutlich, dass «für uns keine Steuererhöhung nicht infrage kommt». Dies, um die angerissenen Projekte wie neue Schulanlage Kleinholz, Ländiweg und Ortsplanungsrevision zu finanzieren. Von der SVP kam Anfang Nachmittag postwendend die Antwort, dass man jegliche Steuererhöhung ablehnen werde. Damit war auch dieser Kompromissvorschlag vom Tisch.

Nach der Steuererhöhung und diversen angenommenen Streichungsanträgen sieht das Budget 2022 bei einem Aufwand von 116’582’800 Franken und einem Ertrag von 117’160’100 Franken einen Gewinn von 577’300 Franken vor. Ursprünglich wies der Voranschlag ein Plus von 356’300 Franken auf. Die Nettoinvestitionen belaufen sich neu auf 18’526’000 Franken.

Nur ein kleiner Teil der Streichungsanträge kam durch

Rund 30 Streichungsanträge wurden in der Detailberatung des Budgets gestellt, darunter insgesamt deren 17 alleine von der SVP: Die Partei wollte damit ohne Steuererhöhung ein ausgeglichenes Budget erreichen. Insgesamt nur fünf Anträge wurden angenommen, sodass die laufende Rechnung im Budget 2022 um 201’000 Franken respektive die Investitionsrechnung um 30’000 Franken entlastet werden konnte. Grössere Streichungsantrage kamen aber nicht durch. So wollte die FDP eine generelle Kürzung des Sach- und Betriebsaufwand um 3,5 Prozent durchsetzen, um diesen auf jährlich 16 Millionen Franken zu begrenzen. Dies löste eine kurze Diskussion darüber aus, ob es verfahrenstechnisch überhaupt möglich sei, solche «globalen» Anträge zu stellen. Es gab von verschiedener Seite her Skepsis. Zudem wies Finanzverwalter Urs Tanner darauf hin, dass einige Ausgaben auch gebunden seien und nicht gekürzt werden könnten. Simon Muster von der Jungen SP wollte daher zuerst über alle 600 Posten einzeln abstimmen lassen – den Antrag zog er später zurück. Urs Knapp von der FDP hielt dies für «blödsinnig»; Philippe Ruf von der SVP sagte zwar, dass solche globalen Anträge künftig nicht mehr zugelassen werden dürften, stimmte aber schliesslich aus inhaltlichen Gründen trotzdem zu.

Auch in der Investitionsrechnung blieben gröbere Streichungen aus. Die SVP wollte den Planungskredit von 500’000 Franken für das Kunstmuseum streichen, weil es dafür derzeit keine Priorität gebe. Bei der FDP hiess es von Urs Knapp, dass bisher nicht grundsätzlich darüber entschieden worden sei, ob die Stadt überhaupt ein Kunstmuseum brauche. Mehrere Stadträte versicherten allerdings, dass über das noch auszuarbeitende Projekt an der Urne abgestimmt wird. Auch den Planungskredit über 600’000 Franken für die Personenunterführung Hammer wollte die SVP abgelehnt haben, das sie deren Sinn nicht einsieht. «Olten SüdWest ist schon lange ein Desaster», sagte Philippe Ruf. Damit kam die Volkspartei nicht durch. Dafür wurde ein Antrag der Finanzkommission um Kürzung des Postens um 30’000 Franken angenommen.

Auch die beiden Zusatzanträge zur Erhöhung fielen durch

Gestellt wurden am Donnerstagabend auch zwei Anträge zur Erhöhung eines Posten. Eine längere Diskussion entspann sich über die Aufstockung der Gelder von 40’000 auf 160’000 Franken für die Altersausflüge. Laut Christine von Arx von der SP seien diese wichtig für das gesellschaftliche Leben, und viele freuten sich schon lange im Voraus auf den Ausflug. Wegen Corona fielen diese aber in den letzten anderthalb Jahren aus. Eine Mehrheit war allerdings mit Lukas Lütolf von den Grünen der Meinung, dass es auch nächstes Jahr noch ein denkbar schlechter Zeitpunkt sei, um alles wieder gutzumachen und lehnte die Mehrkosten ab. Ebenfalls kein Musikgehör fand die SP mit ihrem Antrag, den Beitrag für den Verein Lysistrada, der sich um die Prostituierten kümmert, den Beitrag von 5000 auf 10’000 Franken aufzustocken aufgrund der Pandemie. Zum einen geht es hier laut Finanzdirektor Benvenuto Savoldelli um eine Aufgabenentflechtung: Der Kanton trage die Hauptlast der finanziellen Verpflichtung. Zum anderen hat der Verein selbst kein Gesuch für eine Erhöhung gestellt. «Wenn dies geschieht, sind wir einer Erhöhung sicher nicht abgeneigt.»