
Panaschierkönige waren die Grünen – am wenigsten Fremdstimmen für die SVP
Die Ergebnisse der sonntäglichen Wahlen in den Grossen Rat sind schon bekannt: Grosse Sieger waren GLP und Grüne mit zusammen zehn Sitzgewinnen. Am meisten verloren hat die SP, gefolgt von SVP und FDP, zusammen waren es sieben Sitze.
Nun kann man ja nicht nur die bevorzugte Liste einwerfen und dort bestimmte Namen zweimal notieren (kumulieren), sondern auch Namen von anderen Listen auf die eigene nehmen (panaschieren). Es ist sehr spannend zu sehen, welche Partei am meisten von solchen Fremdstimmen profitiert und wessen Wählerinnen und Wähler am meisten Stimmen an andere Parteien oder Gruppierungen «verschenkt» haben. Das Panaschierverhalten zeigt also, von welchen Parteilisten (inklusive Listen ohne Bezeichnung) die Stimmen zu Kandidierenden anderer Parteien geflossen sind.
2019 profitierten Grüne von der SP – und 2020?
Doch lief es wieder so wie bei den Nationalratswahlen am 20. Oktober 2019? Damals zeigte eine Nachbefragung des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA), dass Grüne und GLP zum einen Sympathisierende an die Urnen treiben konnten, die den Wahlen vier Jahre zuvor noch ferngeblieben waren, und zum anderen Stimmen von anderen Parteianhängerschaften hinzugewannen.
Die Grünen profitierten dabei auch von den Mobilisierungsanstrengungen der SP. Die SP Aargau trieb ihre Anhängerschaft nämlich erfolgreich an die Urnen. Allerdings legte laut der Nachbefragung damals jede/r zehnte von ihnen 2019 «grün» statt «rot» ein. Der Grund für diese Wechselwahl war oftmals der Klimaschutz.
Nach Abzug von SVP-Stimmen an andere Listen bleibt netto sogar lediglich ein Anteil von drei Prozent Fremdstimmen. Tatsächlich wiederholt sich ein Stück weit 2019: Die grösste Anzahl an Panaschierstimmen einer einzelnen Partei haben die Grünen bei den Grossratswahlen von der SP erhalten (20476). Umgekehrt hat auch die SP von den Grünen viele Stimmen bekommen (15542). Unter dem Strich profitierten die Grünen aber von der SP. Die Statistik zeigt weiter, dass die SP-Wählerinnen und -Wähler mit der Vergabe von Stimmen an andere Parteien in absoluten Zahlen am grosszügigsten sind (40692), gefolgt von der SVP mit 37551, wobei die SVP fast doppelt so gross ist wie die SP.
In 191 der 210 Gemeinden steht die SVP zuoberst
Die Auswertung von Statistik Aargau zeigt weiter, dass die SVP in allen elf Bezirken mit je über 20 Prozent die stärkste Partei ist. In sieben Bezirken ist jeweils die SP die zweitstärkste Partei. Die FDP kommt in vier Bezirken auf über 15 Prozent der Wähleranteile. Die CVP hat die höchste Variabilität zwischen den Bezirken.
Die SVP ist zudem in der überwiegenden Mehrheit der Gemeinden (191 von 210) die wählerstärkste Partei. Die SVP ist seit 1997 durchgehend die stärkste Partei im Aargau. Allerdings ist laut Auswertung von Statistik Aargau ersichtlich, dass sie in wählerstarken Gemeinden weniger erfolgreich ist als in kleineren Gemeinden.
Bei der FDP und der SP zeigt sich genau das Gegenteil. Bei der CVP ist laut den kantonalen Statistikern kein eindeutiger Trend ersichtlich. Die SP und die CVP weisen in je acht Gemeinden den grössten Wähleranteil auf. Die FDP, die GLP und die Grünen sind jeweils in einer Gemeinde die wählerstärkste Partei.
SVP, SP, FDP und CVP mit grössten Anteilen seit 1953
Statistik Aargau schaut auch die Entwicklung der Wähleranteile genau an. Demnach weisen CVP, FDP, SP und SVP seit 1953 die grössten Wähleranteile auf. In dieser Zeit tauchten mehrere neue Parteien auf, mehrheitlich verschwanden sie aber wieder. Erinnert sei an den Landesring der Unabhängigen (LdU), die Schweizer Demokraten (SD), die Auto- bzw. Freiheitspartei (FPS). Neu entstanden sind seither auch die Grünen und die GLP (die derzeit von Erfolg zu Erfolg eilen) und die BDP, die zu den Grossratswahlen allerdings nicht mehr angetreten ist.
Die EVP ist laut dieser Auswertung ein erstaunliches Phänomen im Kanton Aargau: Sie ist die einzige Partei, welche über die Jahrzehnte zwar konstant geringe Wähleranteile erzielte, die es aber immer noch gibt, und die derzeit mit Lilian Studer sogar eine eigene Aargauer Nationalrätin stellt.