Pfarrer Bernhard Jungen trifft in Zofingen seinen Schutzengel

Mit einer herzlichen Umarmung begrüssen sich Bernhard Jungen und Dominique Hunger vor dem Restaurant Rathaus in Zofingen. «Heute treffen wir uns unter schöneren Umständen», sagt Jungen. Beide lachen. Ihre letzte Begegnung vor sechs Wochen verlief weniger fröhlich: Da lag Bernhard Jungen verletzt in einem Kreisel in Worb. Der 61-jährige Pfarrer aus Worblaufen war mit dem E-Bike seiner Frau unterwegs, als der Sattel des Velos plötzlich abknickte und er vorn über den Lenker stürzte. Dominique Hunger, die gerade im nahen Tankstellenshop einkaufte, bemerkte den Unfall und eilte dem Verletzten zu Hilfe. Sie brachte ihn ins Spital Tiefenau und blieb dort an seiner Seite, bis sich eine Ärztin um ihn kümmerte. Jungen, der sich beim Unfall den Ellenbogen und eine Rippe gebrochen hatte, wollte sich nachträglich bei seiner Helferin bedanken. Er fand im Internet aber weder Telefonnummer noch Adresse der Frau, von der er einzig wusste, dass sie aus Zofingen stammt. Also bat er das Zofinger Tagblatt um Hilfe – mit Erfolg. Kurz nachdem diese Zeitung die Geschichte veröffentlichte, meldete sich die 36-Jährige bei ihm.

Jetzt sitzen Dominique Hunger und Bernhard Jungen vor dem Restaurant Rathaus und trinken ein Bier. Gezapft hat es Jungens Kollege Tobias Rentsch. Die beiden Pfarrer sind für zwei Wochen mit der «Unfassbar», ihrer mobilen Velo Bar unterwegs. Sie radeln mit zwei Elektro-Velos und der aufgebauten Fass-Bar von Bern nach Basel. An verschiedenen Orten machen sie Halt, um bei einem frisch gezapften, kühlen Bier mit ihren Gästen über Gott und die Welt zu plaudern. Zofingen hat Jungen deshalb als Station ausgesucht, um seine Helferin hier treffen und sich mit einem Nachtessen nochmals persönlich bei ihr bedanken zu können. «Ich freue mich sehr darüber, dass es ihm nun wieder besser geht», sagt Dominique Hunger, die für einen IT-Dienstleister arbeitet. Es sei das erste Mal gewesen, dass sie direkt an einen Unfall geraten und erste Hilfe geleistet habe. «Darum zweifelte ich nachher, ob ich die richtigen Massnahmen ergriffen hatte.» Nach dem Unfall wollte sie sich darum bei Bernhard Jungen melden und sich nach seinem Zustand erkundigen. Im Internet fand sie eine Handynummer. Doch die SMS, die sie ihm schickte, kam nie an. «Ich hatte offenbar zwei Zahlen vertauscht, als ich die Nummer eintippte.» Kurz darauf entdeckte eine Freundin von ihr Jungens Aufruf im Zofinger Tagblatt. Sie habe sich darüber gefreut, sei aber auch überrascht gewesen, da die Hilfeleistung für sie selbstverständlich gewesen sei. «Ich hatte auch einmal einen kleinen Velo-Unfall und war dankbar, dass mir jemand geholfen hat.» Als Mutter sei es ihr zudem ein Anliegen, ihren beiden Kindern ein hilfsbereites Verhalten vorzuleben.

Bernhard Jungen überreicht Dominique Hunger schliesslich ein Geschenk. Es ist mit einer grünen Schlaufe verziert. «Das E-Bike, mit dem ich verunfallte, hatte die gleiche Farbe», erklärt er die Wahl der Verpackung. Dominique Hunger öffnet vorsichtig den Karton und nimmt eine kleine Engelsfigur heraus. Sie freut sich sichtlich über das Präsent. Er habe die Figur zusammen mit seiner Frau gebastelt, erzählt Bernhard Jungen und lächelt. «Das ist ein quasi ein Schutzengel für meinen Schutzengel.»