Regionale Unternehmen im kalten Brexit-Nebel

Der Countdown läuft. Am 29. März – in 48 Tagen – ist Grossbritannien nicht mehr Mitglied der EU. Wie es aussieht, kommt es zum harten Brexit, zum Austritt ohne vertragliche Regelungen zwischen dem United Kingdom (UK) und der Europäischen Union. Britannien wird aus EU-Warte zu einem Drittstaat. Wie sehen die Auswirkungen für die Schweizer Wirtschaft und insbesondere für Firmen in der Region Zofingen aus?

Eine Million Kilo pro Tag

Tagtäglich wird eine Million Kilogramm Waren von der Schweiz nach Grossbritannien exportiert. Die nach dem EU-Austritt nötige Zollabfertigung wird da zum Problem. Im Hafen von Dover dauert sie heute pro Container im Schnitt zwei Minuten. Sind nur zwei Minuten mehr nötig, gebe es Staus von 27 Kilometer Länge, warnt der Hafen.

Also rasch bilaterale Abkommen abschliessen? Die liegen ja auch im Interesse der Briten. Das ist aber nicht so einfach, wie der Bundesrat in der Dezember-Session im Nationalrat zeigte. Die Gespräche zwischen der Schweiz und dem UK über die Weiterführung der gegenseitigen Rechte und Pflichten seien fortgeschritten. Allerdings sind diese in einigen Bereichen vom zukünftigen Verhältnis Britanniens zur EU abhängig. Beispiele sind der Abbau technischer Handelshemmnisse sowie im Pharma-, Landwirtschafts- oder Veterinärbereich zu finden. Hier muss sich die Schweiz an EU-Richtlinien halten.

Pharma, Auto, Unterwäsche …

Die wichtigste Warengruppe im Handel der Schweiz mit Grossbritannien sind Pharmaprodukte. Sie machten 2017 wertmässig 45 Prozent aller Schweizer Exporte aus. Hier heisst das Problem Medikamentenzulassungen, wie Peter Gehler als Kommunikationschef der Pharmazulieferin Siegfried AG sagt. «Ein ungeordneter Brexit würde uns sicherlich im Geschäft mit der sterilen Abfüllung betreffen. Da haben wir wichtige Kunden im UK – teilweise auch im Wirkstoffgeschäft. Betroffen sind unsere Kunden und damit indirekt dann auch wir. Die Grössenordnung ist schwer abzuschätzen. Es herrscht eine grosse Ungewissheit.»

Eine Frage, die unter den Fingernägeln brennt, ist der Brexit auch für André Steiner. Er leitet in Safenwil das Auto-Center der Emil-Frey AG. Seine Firmen-Gruppe ist Importeur der britischen Marken Jaguar und Land Rover (JLR). «Gegenwärtig sind wir mit dem Hersteller am Abbilden von möglichen Szenarien – können also zum aktuellen Zeitpunkt keine abschliessende und fundierte Antwort geben. Unsere Gruppe ist seit über 90 Jahren Handelspartner von JLR und hat schon so manchen Sturm miterlebt.»

Zimmerli in Aarburg produziert und exportiert Wäsche im qualitativen Top-Segment. Zum Brexit und seinen Folgen kann noch nichts ausgesagt werden. Der Textilverband Schweiz habe auf Ende Februar zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, sagt Pressesprecherin Sonja Baumann.

Bei Franke in Aarburg sieht man sich speziell «im Hinblick auf die künftige Zollabwicklung Grossbritanniens mit Unsicherheiten konfrontiert. Wir verfolgen die weitere Entwicklung eng – und haben erste taktische Massnahmen in die Wege geleitet», führt Kommunikationschefin Gabriele Hepp aus. Müller Martini? Mediensprecher ist Markus Angst: «Wir stehen vor so vielen Fragezeichen, dass jede Antwort unseriös wäre.»