Säumige Prämienzahler: Verlustscheine lassen die Gemeinden ächzen

Die Höhe und damit die Last der Krankenkassenrechnungen steigt und steigt. Trotz Prämienverbilligung sind immer mehr Leute nicht mehr in der Lage, diese zu begleichen – oder setzen bei ihren Ausgaben andere Prioritäten. Schulden können auch Menschen machen, die keinen Anspruch auf Prämienverbilligung haben. Das Resultat ist die Betreibung. Verläuft eine solche erfolglos, bekommt die Krankenkasse einen Verlustschein. Auf diesem bleibt sie im Gegensatz zu einem Autohändler nicht sitzen.

Das Krankenversicherungsgesetzt (KVG) verpflichtet die Kantone, diese Schuldscheine zu übernehmen – zu einem Wert von 85 Prozent der offenen Forderung. Gesamtschweizerisch ging es 2010 um 184,6 Millionen Franken. Für 2017 weist die Gesundheitsdirektorenkonferenz der Kantone eine Summe von 346,5 Millionen Franken aus. Schuldnerinnen und Schuldner waren rund 164 000 Versicherte.

Schlimm auch im Aargau– aber schlimm hier für die Gemeinden. Mit der Optimierung der Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden per Anfang 2018 wurde eine Neuordnung des Finanzausgleichs in Kraft gesetzt. Mit diesem hat man die Sozialhilfe, welche die Gemeinden zu leisten haben, in den Ausgleich aufgenommen. Dies verschafft stark belasteten Gemeinden wie Aarburg Luft.

Zwei Zahlen aus der Region Zofingen

Quasi im Gegenzug wurden die Gemeinden verpflichtet, den Aufkauf der Krankenkassen-Verlustscheine zu übernehmen. Was dies im Einzelfall bedeutet und wie gross die Kosten bereits in der Vergangenheit waren, zeigen einige Zahlen auf, welche dieser Zeitung vorliegen.

Im Fall von Aarburg ging es 2017 um 283 000 Franken. In Oftringen – damals noch der Kanton – mussten 534 000 Franken aufgebracht werden. Diese Differenz irritiert angesichts der hohen Sozialhilfequote in Aarburg. Fakt ist aber: Wer Sozialhilfe bezieht, der bekommt die Krankenkassenprämie aus deren Topf bezahlt – was im Finanzausgleich berücksichtigt ist.

Das Thema und die Ohnmacht der Gemeinden hat Grossrat Gabriel Lüthy (FDP) aus Widen in einer Interpellation aufgegriffen. Er stellt in der Begründung seines Vorstosses fest: «Als die neue Regelung im Grossen Rat beraten wurde, hat man die Kostenzuweisung an die Gemeinden damit begründet, dass die Gemeinden näher an ihren Einwohnern sind und die Schulden besser eintreiben können». Nun sei es aber so, dass die Schuldtitel bei der Sozialversicherung Aargau (SVA) bleiben. «Damit haben die Gemeinden gar keine Möglichkeit, die Schuldbriefe zu bewirtschaften – ein Auge darauf zu halten, ob ein Schuldner wieder zu Geld kommt und Rückzahlungen leisten muss.» Ausserdem interessiert Lüthy, wie die Verlustscheine von der SVA bewirtschaftet werden. «Über ein professionelles Inkassobüro?». Mit seiner Interpellation möchte Lüthy notwendige Informationen beschaffen, «um möglicherweise eine Gesetzesänderung anzustossen, welche die Zuständigkeiten klarer und wirkungsvoller regelt.»

Zusätzlich die für den Kanton und seine SVA wohl «ketzerisch» anmutende Frage: «Wie würde der Kanton die Gemeinden abgelten, wenn diese für die Verlustscheinbewirtschaftung zuständig wären?»