
Saisonabbruch im Amateurfussball als «einzig richtiger Entscheid»
Was sich abgezeichnet hat, ist seit Donnerstag Tatsache. Der Zentralvorstand des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) hat beschlossen, die Saison 2019/20 im Amateurbereich abzubrechen und nicht zu werten. Es gibt weder Meister, Cupsieger, Auf- noch Absteiger, auch der Aargauer Cupfinaltag vom 21. Mai in Zofingen fällt ins Wasser. Der SFV kommt damit der Bitte der Amateurliga und der 13 Regionalverbände nach, die das vorzeitige Saisonende bereits vor zwei Wochen einstimmig beantragt hatten. «Das ist der einzig richtige Entscheid. Solange das öffentliche Leben stillsteht und wir das Coronavirus nicht in Griff kriegen, können wir nicht an gefahrenlosen Fussball denken», sagt Flavio Catricalà, Trainer des SC Zofingen. Auf eine Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs ab dem 11. Mai wie vom Bundesrat vorgeschrieben in Fünfergruppen und ohne Körperkontakt verzichtet er. «Bei einem 20-köpfigen Kader und mit nur zwei Trainern macht das keinen Sinn», sagt Catricalà.
Sein Vorschlag lautet stattdessen, den Amateurfussball bis im Frühling 2021 ruhen zu lassen und dann mit dem zweiten Teil der Saison 2019/20 zu beginnen. «Das wäre aus sportlicher Sicht für alle am fairsten. Ohne Impfstoff ist alles andere bei den Amateuren fahrlässig», meint Catricalà. Dass die Zofinger als Tabellendritte in der 2.-Liga-inter-Gruppe 5 durch den Abbruch aller Aufstiegschancen beraubt wurden, sorgt beim Oftringer indes für keinen Ärger. «Das ist höhere Macht, die man akzeptieren muss», sagt Catricalà und betont: «Was auf der Welt passiert, ist viel wichtiger.»
Beim SC Schöftland halten sich Enttäuschung und Überraschung gleichermassen in Grenzen. Gemäss Sven Osterwalder, Trainer der Schöftler 2.-Liga-inter-Equipe, warte man das Schutzkonzept, das der SFV an alle Vereine verteilen will, ab und entscheide dann, ob ein Training in Kleingruppen Sinn macht. «Ich könnte mir eher vorstellen, dass wir mit der Vorbereitung für die neue Saison früher starten und in einer ersten Phase den spielerischen Aspekt stärker gewichten», sagt Osterwalder. Er sei zwar kein Freund von zwölf Wochen Sommertraining, «aber nach dieser langen Pause wäre die Motivation bei den Spielern genug gross».
Der Fokus richtet sich jetzt auf die neue Saison
Auch in der 2. Liga herrscht ein Konsens. «Mit dem Abbruch bin ich absolut einverstanden», sagt FC-Rothrist-Trainer Oscar Muino. In den Sommerferien würde ihm ein grosser Teil seines Kaders fehlen. «Viele Spieler haben Kinder, einige verreisen ein paar Tage», sagt Muino. Und vom «Reindrücken» der Rückrunde in die Wochen vor den Ferien hält er wegen des hohen Verletzungsrisikos nicht viel. «Meine Spieler haben sich zuhause fitgehalten. Das ist aber nicht vergleichbar mit drei gemeinsamen Einheiten pro Woche», sagt Muino, dessen Fokus sich nun auf die Planung der neuen Saison richtet.
Ähnlich klingt es bei Marco Wüst, Trainer des FC Kölliken. «Wir müssten innert kürzester Zeit wieder fit sein, um die Saison in hoher Kadenz zu Ende zu spielen. Da ist die Verletzungsgefahr viel zu gross», warnt Wüst. Deshalb geniesse jetzt die Vorbereitung der neuen Saison oberste Priorität. «Ich hoffe, dass wir im Juli wieder gewohnt als Mannschaft trainieren können», sagt Wüst.
Erleichtert über den Entscheid des SFV zeigt sich Zelimir Skopljak. «Jetzt wissen wir, wie es weitergeht», freut sich der Spielertrainer des FC Oftringen. Am 11. Mai will er mit seiner Mannschaft unter Einhaltung der Regeln des Bundesrates auf den Rasen zurückkehren. «Uns geht es um den Spass und darum, denn Ball wieder zu spüren», erklärt Skopljak. Als Schlusslicht kommt den Oftringern der Saisonabbruch nicht ungelegen. «Wir hätten aber gerne auf dem Platz gezeigt, dass wir in die 2. Liga gehören», sagt Skopljak.
Späte Erkenntnis nach fragwürdigem Zeitspiel
Der Entscheid des Schweizerischen Fussballverbands, die Saison 2019/20 im Amateurbereich abzubrechen, überrascht nicht. Bereits vor zwei Wochen haben die Amateurliga und die 13 Regionalverbände in einem gemeinsamen Schreiben an den SFV-Zentralvorstand diesen Wunsch geäussert. Warum sich die Führungsriege in Bern aber so lange Zeit liess, um der unmissverständlichen Bitte nachzukommen, ist unverständlich. Erhoffte man sich, dass die Lockerungen des Bundesrats weit genug gehen, um die Saison der Amateure trotzdem noch zu Ende zu spielen?
Selbst wenn dieser Fall eingetroffen wäre, sei die Frage erlaubt: Wie hätte das funktionieren sollen? In der Aargauer 2. Liga wären noch 13 Runden zu absolvieren gewesen, womit die Saison bis tief in die Sommerferien gedauert hätte. Kommt hinzu, dass die Spieler dieses Mammutprogramm nebst ihrer beruflichen Tätigkeit hätten bewältigen müssen.
Aus diesem Grund ist der Saisonabbruch der einzig richtige Entscheid – oder «alternativlos», wie es SFV-Präsident Dominique Blanc formulierte. Seine Erkenntnis kommt spät – aber besser spät als gar nicht.