
Schenkon: Weinbau statt Schweinezucht – Ein Entscheid für Generationen
Ein toller, sonniger Herbsttag. Die Blätter der Rebstöcke am Tannberg in Schenkon verfärben sich langsam, die Weinbeeren sind schon seit einigen Tagen gepflückt. Es dürfte nach einem tollen Sommer qualitativ ein guter Jahrgang werden, ertragsmässig liegt man im Mittel. Und doch ist es nicht übertrieben, wenn Weinbauer und Landwirt Reto Vonarburg-Lässer sagt: «Dieses Rebjahr wird in die Geschichte eingehen.» Doch dazu später mehr.
Gut möglich, dass schon in früheren Jahrhunderten mal am Tannberg in Schenkon Wein angebaut wurde, denn die Lage ist geradezu prädestiniert mit südwestlicher Ausrichtung und dem erdigsteinigen Untergrund einer Moräne. Doch es waren 2010 Reto und Susanne Vonarburg-Lässer, die sich hier ein Herz fassten und mit Unterstützung der Familie die ersten 4000 Rebstöcke auf einer Fläche von einer Dreiviertel Hektare pflanzten. Schon bei der Meisterprüfung zum Landwirt hatte Reto Vonarburg den Weinbau «im Hinterkopf», wie er sagt. Er und seine Frau entschlossen sich dann aber erst einige Jahre später nach der Übernahme des elterlichen Bauernhofes, der traditionellerweise auf Schweinezucht und Ackerbau ausgerichtet war, mit dem Weinbau einen weiteren Betriebszweig aufzubauen. «Die Landwirtschaft hat sich verändert. Wir wollten etwas Eigenständiges», sagt er. Gerade hier am Tannberg in unmittelbarer Nachbarschaft zu teuren Wohnlagen erachtet er den Wechsel von der immissionsbeladenen Schweinezucht zum schon fast landschaftsgestalterischen Weinbau als den richtigen Schritt. Drei Jahre Vorlaufzeit hätten sie benötigt, andere Weinbaubetriebe besucht und gute Ratschläge von Weinbauer Thomas Bisang aus Dagmersellen, der die Kelterei für Vonarburgs Weintrauben übernimmt, erhalten.
Fokus auf drei Rebsorten
Mittlerweile ist Reto Vonarburg selber ein Experte, hat sich weitergebildet, aber, so vor allem bei der Arbeit am Weinberg selber viel von der Materie gelernt. Er baut Blauburgunder, Grauburgunder und Gamaret, drei traditionelle Rebsorten, an, auch wenn sich in den letzten Jahren im Schweizer Weinbau viel getan hat und pilzresistente Sorten hinzugekommen sind. Aber: «Man muss sich entscheiden, es ist für die nächsten 25 bis 30 Jahre, für Generationen», sagt Vonarburg-Lässer. So setzte er wiederum auf diese drei Rebsorten beim Ausbau des Weinberges im Jahre 2016 – es kamen auf weiteren 75 Aren weitere 5000 Stöcke hinzu. Und Vonarburgs haben übrigens die alte Mosti auf dem Hof zu einer Art Showroom umfunktioniert.
«Eine riesige Umwälzung»
2017. Für Reto Vonarburg und auch alle anderen Weinbauern in der Schweiz wird dieses Jahr unvergesslich bleiben. Er erinnert sich natürlich noch sehr gut an diese Apriltage und -nächte. «Alles hat grün gespriesst, sehr früh ausgetrieben, die Triebe waren etwa fünf Zentimeter lang. Und dann ist alles erfroren.» Die Konstellation in jenen Tagen sei extrem speziell gewesen. Am Vorabend fiel Schnee, dann waren die Pflanzen nass und schliesslich sanken die Temperaturen in den Minusbereich, da ein kalter Ostwind wehte. «Es gab eine riesige Umwälzung», so der Weinbauer. In der ersten Nacht hat er noch mit dem Verbrennen von Stroh zwischen den Weinreben gegen den drohenden Verlust angekämpft, doch mit dem Tiefpunkt von minus 4,5 Grad morgens um 4 Uhr dann realisierte er, dass keine Chance mehr besteht. Die zweite Nacht sparte er sich die Bemühungen. «Nachher war ein Monat lang Schockzustand – bei uns und den Pflanzen», erzählt Vonarburg-Lässer. Im Mai dann aber stimmte das Wetter, die Triebe kamen erneut und blühten. «Es ist schon interessant, was die Natur und die Reben so kompensieren können.» Das Glück der Weinbauern – im April waren bei den Stauden erst die Triebe draussen, sie blühten aber noch nicht. Eine zweite Chance, im Gegensatz beispielsweise zu vielen Obstsorten. Der Weinberg erlebte einen tollen Sommer. «Vollschub, es wuchs wie sonst noch nie.» Die Kirschessigfliege war dieses Jahr ein eher kleineres Problem, der Befall sehr gering. Nicht nur aufgrund des Wetters, sondern auch weil die Vorbeugemassnahmen fruchteten. «Man muss Ordnung im Weinberg haben, kurzen Grasbewuchs und sauber auslauben», schildert Reto Vonarburg-Lässer. Zwischen den Reben weiden übrigens gelegentlich Vonarburgs Schafe – sie mögen die Blätter der Rebstö- cke. Auch Steinmehl kam zum Einsatz. Für die Weinlese schliesslich entschied man sich Anfang Oktober, da nach einem eher durchzogenen und feuchten September die Fäulnis drohte.
Für Susanne und Reto Vonarburg-Lässer war der Entscheid für den Weinbau definitiv der Richtige. Das Gebiet um den Sempachersee ist im Kanton Luzern gemäss Vonarburg-Lässer die jüngste Weinbauregion. Das mittlerweile halbe Dutzend Weinbauern der Region pflegt untereinander einen guten Kontakt. Zusammen mit Sempachersee Tourismus vermarktet man das Handwerk als Erlebnis. «Mit Regionalität und etwas Tourismus können wir überleben.» Die Kunden seien sehr interessiert und wollten etwas sehen, es werden Führungen durch den Weinberg und anschliessende Degustationen angeboten. «Das machen eigentlich alle. Das ist unsere Zukunft», zeigt sich Reto Vonarburg überzeugt. www.am-tannberg.ch

