Schiedsrichter und neu Präsident: Stefano Mungo rettet den FC Kölliken

Er sieht nicht wie ein typischer Retter aus. Stefano Mungo, 44 Jahre alt, hat nicht die typische Fussballerstatur, sondern ist hochgewachsen und schlaksig. Und doch hat er den FC Kölliken gerettet, der zuvor unter jahrelanger Führungslosigkeit gelitten hatte. Mungo machte diesem traurigen Dasein ein Ende – indem er am 12. August Vereinspräsident wurde. Seither schaut der Transportdisponent mit anderen Augen von seinem Büro bei der Kölliker Firma Bachmann auf die nahe Fussballanlage.

Als 2.-Liga-Verein ein regionaler Vorzeigeklub mit drei Aktiv-, zwei Senioren- und sechs Juniorenmannschaften und grosszügigen Spielfeldern, machte der FC Kölliken ohne Präsident keine gute Gattung. Dann stach dem Vorstand Stefano Mungo ins Auge. Als Kölliker und Fussballfan war er regelmässiger Besucher der Spiele. Seit drei Jahren pustet er für den FC Oerlikon in die Schiedsrichterpfeife. Nach erstem Zögern – «ich hatte keine Erfahrung als Präsident» – nahm er das Amt an.

Inzwischen hat Mungo sein erstes Oktoberfest hinter sich, das der FC Kölliken seit vier Jahren in der Mehrzweckhalle organisiert. «Wir hatten reichlich Gäste und sind zufrieden.» Ein Glück, denn der Aufwand für ein solches Fest sei sehr gross. Auch mit dem ersten grossen Problem muss sich Stefano Mungo rumschlagen: Der Hauptsponsor der ersten Mannschaft ist abgesprungen. «Nun bin ich fieberhaft auf der Suche nach einem neuen – die Mannschaft braucht neue Dresses», sagt er.

Der Ton der Eltern ist aggressiver geworden 
Als früherer Spieler, der Schiedsrichter, dann Trainer und später wieder Schiedsrichter wurde, beurteilt Stefano Mungo ein Fussballspiel aus drei Perspektiven. Alle drei lassen ihn hinsichtlich der Juniorenspiele nachdenklich stimmen. «Der Ton der Eltern am Spielfeldrand ist in den letzten Jahren aggressiver geworden.» Gerade der Schiedsrichter kriege Wörter an den Kopf geworfen, die deutlich unter der Gürtellinie seien. Ein 15-Jähriger, der seine ersten Spiele pfeifen gehe, hänge so das Schiedsrichtertrikot nach wenigen Matches wieder an den Nagel, sagt Stefano Mungo. Und: «Auch die Junioren hören, welche Ausdrücke ihre Eltern da in den Mund nehmen, und denken, dieses Benehmen sei o. k.»

Wenn er selber als Schiedsrichter im Einsatz ist, können ihm Beschimpfungen von der Zuschauerbank kaum mehr etwas anhaben. Auch dann nicht, wenn Ehefrau Irena und die 13-jährige Tochter Angelina zuschauen. «Papi, ist es gerecht, was der zu dir gesagt hat?», hört er von der Tochter manchmal nach einem Spiel. «Dann erkläre ich ihr jeweils, weshalb ich wie entschieden habe und dass man auf der Zuschauertribüne eben 50 Meter weit weg vom Spiel ist.»

Wie seine ältere Tochter Ylenia (24) ist Angelina kein Fussballmädchen geworden. «Das macht mir nichts aus», sagt der Papa, «jeder soll den Sport ausüben, den er mag.» Bei den Volleyballturnieren seiner Tochter schaue er genauso gerne zu wie bei Fussballspielen. Als Kind von Italienern stand auf dem Wegweiser seines eigenen sportlichen Pfads von Anfang an: «Calcio – Fussball». Als Knirps fing er in seinem Heimatdorf beim FC Engstringen an zu kicken. Später holte ihn ein Kollege zum inzwischen aufgelösten FC San Paolo Aarau.

Wiedereinstieg nach Herzoperationen
Nach einem Jahr als Aktivfussballer sollte Stefano Mungo seine Lieblingsrolle entdecken: das Schiedsrichteramt. Er meldete sich auf einen Aufruf des Aargauer Fussballverbands – und hatte seine Passion gefunden. «Der Schiedsrichter führt das Spiel, setzt Grenzen, sorgt dafür, dass alles in geregelten Bahnen verläuft.» Zwei Herzoperationen unterbrachen seine Karriere als Ref, da war er Ende 30. Den Wiedereinstieg machte er als Juniorentrainer beim FC Küttigen, bis er sich 2016 wieder an den Schiedsrichterposten wagte.

Nach all den Fussball-Rollen war Vereinspräsident praktisch die letzte Rolle, in die Stefano Mungo noch schlüpfen konnte. In den vergangenen Jahren hat der Vorstand des FC Kölliken die Führung unter sich aufgeteilt. Seine Aufgabe kennt der Neue genau: Dafür sorgen, dass die Mannschaften gerne spielen und den Nachwuchs motivieren, damit dieser später auch bei den Aktiven spielt. Dazu muss sich die erste Mannschaft, die aktuell auf Rang neun liegt, in der 2. Liga halten. «Die erste Mannschaft ist die Lokomotive eines Fussballvereins. Wenn sie oben ist, spornt das die Junioren umso mehr an.»