
Schiesst sich Varol Tasar heute aus Aarau weg?
Beim Trainer ist die Sache einfach: Er wird primär am wichtigsten Parameter eines professionellen Fussballklubs gemessen – an den Resultaten. Und sekundär daran, ob sich unter ihm die einzelnen Spieler verbessern.
Und der Sportchef? Welche Fächer stehen in seinem Zeugnis? Bei ihm ist die Bewertung komplexer und weniger konkret definierbar. Der Sportchef muss weiter in die Zukunft blicken als sein Trainer, der «nur» die Aufstellung und die Taktik für das nächste Spiel im Kopf hat. Ein Sportchef eines Schweizer Profiklubs sagte einst: «Ich will daran gemessen werden, ob sich nach einer Saison die Gesamtsituation des Klubs verbessert hat. Und dazu gehört, ob ich auf dem Transfermarkt ein Plus erwirtschaftet habe.»
Die Gesamtsituation verbessert? Das ist Sandro Burki seit seinem Amtsantritt im August 2017 gelungen. Der FC Aarau hat das stärkere und homogenere Kader als damals, hat sich in der Tabelle verbessert und die Zukunftsperspektiven sind insgesamt vielversprechender. Letzteres unter der Voraussetzung, die ewige Stadiongeschichte nimmt aus FCA-Sicht ein gutes Ende.
Ein Plus auf dem Transfermarkt? Aus Lausanne hat der FCA im vergangenen Sommer zwar einen Batzen für Igor Nganga erhalten. Doch das aktuelle Kader ist deutlich teurer im Unterhalt als jenes der vergangenen Saison. Und einen prestigeträchtigen Spielerverkauf kann Burki noch nicht nachweisen. Einen, der viel Geld in die Kasse spült und der einen FCA-Profi in eine höhere Liga bringt. Einen der Marke «Silvan Widmer», für den Serie-A-Klub Udinese 2013 eine Million Franken bezahlte.
Das dürfte sich bald ändern. Vielleicht schon früher als gedacht. Ursprünglich war abgemacht, dass Varol Tasar den FC Aarau erst im kommenden Sommer, also ein Jahr vor Vertragsende, verlassen kann. Super-League-Klubs wie Luzern und Lugano haben den 22-Jährigen schon länger auf dem Zettel und würden ihn gerne in diesem Winter zu sich holen. Die angebotenen Ablösesummen aber erreichten nicht die Schmerzgrenze, um Burki zur vorzeitigen Abgabe seines Topskorers zu bewegen.
Gegen eine Million Franken
Doch was, wenn Tasar heute in Rapperswil-Jona erneut so stark spielt wie beim Rückrundenauftakt gegen Wil (3:1)? Das Spiel gegen die Ostschweizer haben sich etliche Beobachter aus der Super League angeschaut und der Auftritt von Tasar dürfte sie nachhaltig beeindruckt haben. Das Transferfenster für Wechsel innerhalb der Schweiz ist bis zum 15. Februar geöffnet. Wenn ein Klub aus der Super League Tasar noch in diesem Winter holen will, muss er wohl gegen eine Million Franken bieten. Das Szenario ist eher unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar. Die Vergangenheit zeigt, dass Vereine kurz vor Transferschluss tief ins Portemonnaie langen, um ihre Wunschspieler zu bekommen.
Interesse an Tasar haben auch Servette und Lausanne. Ob für den Deutsch-Türken Tasar ein Wechsel in eine fremde Sprachregion Sinn macht, sei dahingestellt. Aber die Mittel, um ihm mehr Lohn als der FC Aarau zu bezahlen, haben die Romands alleweil. Servette und Lausanne müssten die Schmerzgrenze aber deutlich überbieten, damit der FC Aarau sein heissestes Eisen ausgerechnet an die Liga-Konkurrenz abgibt.
Grundsätzlich gilt: Burki will Tasar keine Steine in den Weg legen. Für diesen würde ein Transfer nicht nur eine sportliche Verbesserung bedeuten, er würde auch seine und die finanzielle Situation der Familie markant verbessern. Gleichzeitig will Burki verständlicherweise auch das Beste für den FCA herausholen.
Wie blickt Tasar selber in die Zukunft? Nach seiner Galavorstellung gegen den FC Wil sagt er: «Ich habe den Verantwortlichen des FC Aarau und meinem Berater gesagt, dass ich selber nichts damit zu tun haben möchte. Ich will mich auf den Fussball konzentrieren. Fakt ist: Ich habe noch nirgends einen Vertrag unterschrieben. Und zu einem Klub zu wechseln, bei dem ich geringere Einsatzchancen habe als in Aarau, macht zum jetzigen Zeitpunkt ja auch keinen Sinn.»