
Seit zwei Monaten sind im Aargau Läden und Restaurants zu – wie sich die Zahlen seither entwickelt haben
Im Dezember starben im Aargau regelmässig mehr als zehn Personen pro Tag, die an Covid-19 erkrankt waren. Am 23. Dezember wurden 17 Todesfälle registriert. Inzwischen gibt es wieder Tage, an denen im Aargau kein neuer Todesfall gemeldet wird. Seit dem vergangenen Montag sind fünf Personen an den Folgen von Covid-19 gestorben.
Entspannt hat sich die Situation auch an den Spitälern. Am 22. Dezember wurden 180 Covid-Patienten auf der Allgemeinabteilung behandelt. Vorgestern Montag waren es noch 22; am Freitag sogar nur 18. Weniger als 20 Covid-Patienten wurden zuletzt am 13. Oktober auf den Bettenstationen behandelt.

Evelin Bucheli Laffer, Oberärztin Infektiologie und Spitalhygiene am Kantonsspital Aarau (KSA), sagt: Für die Mitarbeitenden werde der Aufwand durch die kleinere Anzahl isolierter Patienten etwas geringer. Isolierte Patientinnen müssen mit Schutzausrüstung gepflegt werden. «Das ist belastender und aufwendiger», sagt Bucheli Laffer.
Pflegepersonal hat etwas Luft und Operationen können nachgeholt werden
Durch nicht mehr ständig vollkommen aus- beziehungsweise überlasteten Bettenkapazitäten auf den Covid-Stationen hätten die Mitarbeitenden etwas Luft, sagt die Oberärztin. «Sie müssen nicht immer unter Maximalbelastung arbeiten.»
Gleichzeitig konnten die Kapazitäten im Operationssaal wieder erhöht werden. «Dadurch können Patientinnen und Patienten, die auf nicht-dringliche Eingriffe warten mussten, nun wieder vermehrt behandelt werden», sagt Bucheli Laffer.
Auf den Intensiv- und Überwachungsstationen der Spitäler hat sich die Lage seit Ende 2020 ebenfalls entspannt:

Von Ende November bis fast Mitte Januar lagen immer zwischen 25 und 46 Covid-Patientinnen auf der Intensivstation. Damals konnte es mehrere Stunden dauern, um ein freies Intensivbett für einen Patienten zu finden. Seit Anfang Februar sind es wieder weniger als 20 Covid-Patienten, die auf intensivmedizinische Behandlung angewiesen sind. Am Montag waren es noch elf.
Virusmutationen sind weiterhin ein Risiko
Eine Kurve zeigt allerdings weiter nach oben. Im Aargau wird in immer mehr Fällen eine der mutierten Virusvarianten nachgewiesen. Inzwischen wird bei ungefähr 30 bis 40 Prozent der Neuansteckung ein mutiertes Virus festgestellt:

Mit der Ausbreitung der neuen Varianten bestehe weiterhin ein Risiko für einen erneuten und raschen Anstieg der Fallzahlen, hält der Kantonsärztliche Dienst in seinem Wochenbulletin fest. KSA-Oberärztin Evelin Bucheli Laffer sagt, der Rückgang der Zahlen sei «sicher primär den verschärften Massnahmen zu verdanken». Ob die Impfung bereits einen Einfluss auf die Neuansteckungen habe, lasse sich nicht sagen. «Es liegen in der Schweiz noch keine Zahlen vor und die Anzahl geimpfter Personen ist noch tief», sagt sie.

Es gebe erste Hinweise, dass die Fallzahlen in Altersheimen nach dem Impfstart zurückgegangen seien. Dies könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass der Bund die Massnahmen damals verschärft hatte.
Die Ärztin ist optimistisch aber auch besorgt
Den kommenden Monaten blickt Bucheli Laffer mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits ist sie optimistisch, «dass die Massnahmen des Bundes eingehalten werden, wir zusammen mit der Impfung weiterhin die Fallzahlen tief halten können und somit weitere Lockerungsschritte erwarten dürfen».
Andererseits macht sich die Oberärztin Sorgen, «dass die sinkenden Fallzahlen und die ersten Lockerungsschritte die Corona-Müdigkeit der Bevölkerung verstärken und wir so mit der zunehmenden Verbreitung der Virusvarianten eine dritte Welle befürchten müssen». Das Risiko bestehe, sagt Bucheli Laffer: «Ob eine dritte Welle kommt, hängt insbesondere von der Mitarbeit der Bevölkerung ab.»
Wenn es gelinge, die Anzahl Kontakte und die Ansteckungen weiterhin tief zu halten, werden im weiteren Verlauf des Frühlings auch weitere Lockerungsschritte möglich werden, ist die Oberärztin überzeugt. Gelinge es nicht, die Bevölkerung dafür zu motivieren oder würden die Lockerungen nicht gut umgesetzt, dann sei eine dritte Welle zu befürchten.
Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Lockerungsschritte findet die Oberärztin «grundsätzlich vorsichtig gewählt». Das grösste Risiko sieht sie bei den Menschenansammlungen im Freien. Der Bundesrat will Treffen von bis zu 15 Personen wieder erlauben.
Im Aargau sind die Restaurants, Läden und Erotikbetriebe seit dem 20. Dezember zu und Versammlungen im öffentlichen Raum mit mehr als fünf Personen verboten. Das hat der Regierungsrat am 18. Dezember entschieden. Er ging damals weiter als der Bundesrat. Schweizweit sind die Läden erst seit dem 18. Januar zu. Der Regierungsrat begründete die einschneidenden Massnahmen damals mit den sehr hohen und weiter steigenden Ansteckungszahlen. Am Tag des Entscheids waren 207 Covid-Patienten im Spital, davon lagen 38 auf der Intensivstation. Ein Zuwarten bis nach Weihnachten sei nicht zu verantworten, so die Regierung.
Seither sind gut zwei Monate vergangen und die Lage hat sich deutlich entspannt. Zum Beispiel bei den Fallzahlen:

Am 22. Dezember meldete der Kanton den bisherigen Negativrekord von 575 Neuansteckungen innerhalb von 24 Stunden. Danach dauerte es rund einen Monat, bis sich die Neuansteckungen im tiefen dreistelligen – inzwischen sogar im zweistelligen – Bereich bewegten. Am Montag wurden 63 neue Fälle registriert; am Montag vor einer Woche 77. Die zweite positive Entwicklung zeigt sich bei den Todesfällen:
