Solidarität in der Corona-Krise: Kleine Initiativen – grosse Hilfe

Die Corona-Krise schürt Verunsicherung und Angst. Sie bringt aber auch das in den Menschen hervor, was unsere Bundesverfassung mit folgenden Worten schön beschreibt: «Die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen.» In der Region entstehen in diesen Tagen via Facebook oder über Flugblätter in den Gemeinden Initiativen und Plattformen für Nachbarschaftshilfe. Und diese werden schon rege genutzt.

Einen Aufruf in den sozialen Medien startete zum Beispiel Marlis Businger, Leiterin des Alters- und Pflegezentrums Rondo in Safenwil. In der Facebook-Gruppe «Zofingen solidarisch» suchte sie nach mobilen freiwilligen Mahlzeitenfahrerinnen und -fahrern. Diese sollten Zeit haben, um den Risikogruppen eine warme Mahlzeit an die Haustüre zu bringen. Voraussetzungen waren ein eigenes Fahrzeug und Zeit zwischen 11 bis 12.15 Uhr zu haben, sowie selbst nicht zur Risikogruppe zu gehören.

Knapp drei Stunden, nachdem Businger den Aufruf aufgeschaltet hatte, war ihre Fahrergruppe bereits beisammen. «Es sind vier vorwiegend jüngere Personen aus Safenwil, die entweder im Homeoffice oder anderweitig daheim sind», sagt Businger. Nötig wurde der Aufruf, weil die bisherigen Mahlzeitenfahrerinnen alle selbst der Risikogruppe angehören. «Diese wollen wir natürlich schützen», sagt Businger. Ebenfalls nehmen beim Rondo die Anfragen für den Mahlzeitendienst zu, da viele Senioren jetzt nicht mehr auswärts essen können. «Wir überlegen uns nun, unseren Mahlzeitendienst auch samstags und sonntags anzubieten.»

Plakate, Flyer, Facebook: «Aarburg hilft»

Auch in Aarburg haben schon übers Wochenende Freiwillige sich organisiert, um Hilfe anzubieten. Ursula Hinden hat mit ihrem Mann die Facebook-Gruppe «Aarburg hilft» gegründet und einen Flyer für eine koordinierte Nachbarschaftshilfe entworfen. Die Reformierte Kirchgemeinde Aarburg hat diese spontan bei sich im Verwaltungsbüro ausgedruckt und bereit gestellt. «Gestern haben wir einen ersten Hilfseinsatz vermittelt», sagt Hinden. Eine über 80-jährige Frau fragte an, ob man ihre Einkäufe machen könne. «Wir haben dann am Telefon genau vereinbart, wie man die Übergabe von Geld und Einkaufsliste organisiert und wie die Lieferung der Einkäufe ablaufen soll.»

So könne man Abstands- und Hygiene-Regeln gut einhalten. Die Facebook-Gruppe umfasst bereits nach drei Tagen rund 140 Mitglieder, davon hätten sich gut 30 in der Helferliste eintragen lassen. Ursula Hinden koordinierte die Einsätze derzeit zusammen mit der Reformierten Kirchgemeinde Aarburg sowie mit acht in definierten Gebieten eingeteilten Koordinatoren. Gemeinsam wurden in den letzten zwei Tagen rund 2000 Flyer in Briefkästen in Aarburg verteilt. «Die Gemeinde Aarburg hat uns ebenfalls ihre Unterstützung zugesichert.» Es würden zurzeit 4000 Flyer gedruckt und der Versand an Menschen im Alter 65+ vorbereitet. «Wir sind sehr dankbar für die vielen Menschen in Aarburg, welche ‹Aarburg hilft› unterstützen», sagt Hinden.

Gemeindeammann Hans-Ulrich Schär begrüsst die organisierte Hilfe: «Das entlastet natürlich auch die Gemeinde.» Daher habe man auch Hilfe angeboten beim Erstellen von Flyern und Plakaten. Auch Gemeinderäte würden sich an der Aktion beteiligten. So habe etwa Fredy Nater die Koordination eines Quartiers übernommen.

In Uerkheim hilft die Verwaltung

Auch Uerkheim zeigt sich solidarisch. Anfang Woche entstand praktisch in der Znüni-Pause der Verwaltung die Idee eines Lieferdienstes. «Wir müssen etwas bieten für diejenigen, die zu Hause sind und allenfalls Angst haben, nach draussen zu gehen», sagt Larissa Schweizer, stellvertretende Gemeindeschreiberin.

Einkaufen wird zur Abwechslung

Die am selben Tag gedruckten Flugblätter wurden am Montagabend und Dienstagmorgen eigenhändig auf dem ganzen Gemeindegebiet verteilt. Menschen aus Risikogruppen, aber auch Einwohnerinnen und Einwohner, die eine Unterstützung benötigen, dürfen sich telefonisch bei der Gemeindekanzlei melden. Die Verwaltungsangestellten gehen auf Anfrage im Volg-Dorfladen oder in eine der umliegenden Apotheken einkaufen. «Es ist eine willkommene Abwechslung. Wenn wir helfen können, tun wir das gerne», so Schweizer.

Damit auch die Psyche in dieser Zeit nicht zu kurz kommt, dafür sorgt unter anderem Sabine Schär. Sie ist eine von drei Mitarbeiterinnen in der Bibliothek Uerkheim. «Ich sah, dass gewisse Restaurants Menüs zum Mitnehmen anbieten. Ich dachte mir, dass man das mit Büchern auch machen könnte», so die Bibliothekarin. Eine kleine Auswahl an verschiedensten Medien liege nun bei ihr zu Hause zum Abholen bereit. «Wenn jemand jedoch einen anderen Wunsch hat, gehe ich das Buch in die Bibliothek holen und bringe es nach Hause.»

«Einfach das beste daraus machen»

Auch bei der Familie Schär sieht der Alltag wie in vielen anderen Familien aus: Die Kinder sind zu Hause und müssen beschäftigt werden. «Bei diesem Wetter kommen wir im Moment gar nicht dazu, DVDs zu schauen oder Bücher zu lesen», so Schär.

Wie sie ihr Engagement und die neue Familiensituation unter einen Hut bekommt? «Ich sehe es locker, man macht einfach das Beste draus.» Im ersten Moment hätte sie sich schon gefragt, ob alles zu viel sei. Aber: «Es geht ja allen gleich, und dank dem Engagement habe ich das gute Gefühl, dass ich helfen konnte.»