
Sozialhilfe: Gibt es bald nur noch das Existenzminimum im Aargau?
Schon während der Debatte über die Abstufung der Sozialhilfe im Grossen Rat liess ein Votum von FDP-Mann Adrian Schoop aufhorchen. Die heutigen Ansätze, die auf den Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) beruhen, seien zu hoch.
Heute würden neben dem Existenzminimum auch Beiträge für die Teilnahme am sozialen Leben ausgerichtet, für Unterhaltung, Erholung und Kultur. Noch am selben Tag reichte Schoop zusammen mit Martina Bircher (SVP), Renate Gautschy (FPD) und Susanne Voser (CVP) einen Vorstoss ein, der eine markante Reduktion der Sozialhilfe-Ansätze fordert.
Kürzungen sind heute möglich
Geht es nach den vier bürgerlichen Gemeindevertretern, sollen Sozialhilfebezüger im Aargau künftig unter anderem kein Geld mehr erhalten für auswärtiges Essen oder Tabakwaren. Der sogenannte Grundbedarf soll auf das Existenzminimum reduziert werden, die Beiträge würden damit auf 70 Prozent der aktuellen Höhe sinken.
Heute schon ist es möglich, Sozialhilfebezügern die Beiträge zu kürzen, wenn sich diese nicht kooperativ verhalten. Dies sei aber zeitraubend und wenig effektiv, kritisieren die Motionäre. Oft werde ein juristisches Hick-Hack losgetreten und es dauere sehr lange, bis die Bezüger tatsächlich mit finanziellen Konsequenzen rechnen müssten. Der administrative Aufwand der Sozialdienste, der kantonalen Verwaltung sowie der Gerichte übersteige die Einsparungen durch Kürzungen dabei deutlich.
Existenzminimum mit Bonus
Deshalb wollen die vier Motionäre das Prinzip umkehren: Statt den heutigen Grundbedarf auszurichten und diesen bei Verstössen zu kürzen, soll der Basisbetrag für Sozialhilfebezüger künftig tiefer sein, dafür soll es für integrationswillige, motivierte und engagierte Personen einen Bonus geben. Mit dieser sogenannten Motivationsentschädigung sollen jene Sozialhilfebezüger, die sich kooperativ verhalten, wieder auf den ursprünglichen Betrag kommen.
Ein fiktives Zahlenbeispiel: Erhält ein Sozialhilfebezüger bisher 1000 Franken als Grundbedarf und hält er sich nicht an Auflagen und Weisungen der Wohngemeinde, so können ihm die Beiträge auf 700 Franken gekürzt werden. Geht es nach dem System der Motionäre, würde derselbe Mann von Anfang an nur 700 Franken erhalten, bei positivem Verhalten käme die Motivationsentschädigung von 300 Franken dazu.
Bircher, Gautschy, Schoop und Voser argumentieren, ihr Vorstoss unter dem Titel «Motivation statt Sanktion» habe mehrere Vorteile. So liessen sich zum Beispiel die heute häufigen Drohungen und Tätlichkeiten gegen Mitarbeiter der Sozialdienste verhindern, wenn diese Beitragskürzungen verhängen. Zudem könne positives Verhalten mit der Entschädigung umgehend belohnt werden, während Sanktionen aufgrund von Rekursen oft lange nicht umgesetzt werden könnten. Schliesslich habe die Motivation im Vergleich zur Sanktion einen positiven psychologischen Charakter, argumentieren die vier bürgerlichen Gemeindevertreter.