Stephan Andrist trainiert lieber auf dem Rasen als alleine im Wald

Wer die jüngsten Testspiele des SC Zofingen vor Ort mitverfolgte, staunte nicht schlecht: Mit Stephan Andrist lief ein prominentes Gesicht des Schweizer Fussballs im Dress der Thutstädter auf. Ist dem SC Zofingen etwa ein Transfercoup gelungen? Die Antwort dürfte zumindest die Klubanhänger enttäuschen, denn der ehemalige Spieler des FC Basel, FC Luzern und FC Aarau bestreitet beim SCZ «nur» die Vorbereitung.

Nachdem sein Vertrag beim deutschen Viertligisten Saarbrücken nicht verlängert wurde, hält sich der 32-jährige Mittelfeldspieler bei der Mannschaft von Trainer Hansruedi Birrer fit. «In Saarbrücken haben wir uns sechs Wochen lang auf den Pokal- Halbfinal gegen Bayer Leverkusen vorbereitet. Danach kehrte ich in die Schweiz zurück und war froh, dass ich weitertrainieren konnte. Sonst wäre die Arbeit im Frühling umsonst gewesen», sagt Andrist.

Beim Höhepunkt der Saison Anfang Juni kam Stephan Andrist allerdings nicht zum Zug. Saarbrücken, das als erster Regionalligist der Geschichte in die Pokal-Vorschlussrunde eingezogen ist, verpasste die nächste Sensation und unterlag Bundesligist Leverkusen erwartet klar mit 0:3. «Nach dem Saisonabbruch im März war es schwierig für uns, weil Leverkusen bereits voll im Meisterschafts-Rhythmus war», blickt Andrist zurück. «An einem super Tag hätten wir vielleicht eine kleine Chance auf den Sieg gehabt.»

Auch als temporärer Gast ein Teil der Mannschaft 
Zurück zum SC Zofingen. Stephan Andrist ist froh, dass er bei den Aargauern mittun darf. Denn der gebürtige Berner Oberländer, der in Aarau wohnt, kennt das Dasein ohne Verein bestens. Nach dem Abstieg mit dem VfR Aalen stand Andrist letzten Herbst ohne Arbeitgeber da und musste sich entsprechend alleine um seine Fitness kümmern. «Am wichtigsten sind die Mannschaftstrainings», erklärt Andrist. Dreimal pro Woche in einer Gruppe Fussball zu spielen, sei besser, als alleine im Wald seine Runden zu drehen. «Natürlich hilft das auch, aber auf dem Rasen mit anderen Leuten macht es definitiv mehr Spass», sagt Andrist.

Im Gegenzug kommen auch die Spieler des SC Zofingen dank des temporären Gasts auf ihre Kosten. Mit der Erfahrung von über 150 Super-League-Partien und mehr als 130 Bundesliga-Einsätzen weiss Andrist, wie das Fussballgeschäft läuft. «Es hat viele junge Spieler im Kader, denen ich gerne weiterhelfe und Tipps gebe», sagt der Schweizer Meister und Cupsieger von 2012 mit dem FC Basel.

Apropos FCB: Aus seiner Zeit am Rheinknie kennt er Michael Weber, der sich derzeit ebenfalls beim SCZ auf sein letztes College-Semester inklusive Fussballsaison in den USA vorbereitet und damals in Basel bei der U21 spielte. Ansonsten war Anel Hodzic das einzige vertraute Gesicht für Andrist. Hodzic, der seit diesem Sommer wieder für den SCZ stürmt, betreut Andrist mit seiner Agentur «WAD Sports» und stellte den Kontakt zu den Thutstädtern her. Als Fremder fühlt sich Andrist indes nicht: «Ich wurde gut aufgenommen und fühle mich als Teil der Gruppe», sagt er.

Hoffen und Warten auf ein passendes Angebot
Dass Stephan Andrist trotz mangelnder Spielpraxis nichts von seiner Klasse verloren hat, stellte er mit einem Assist am letzten Samstag im Test gegen Erstligist Solothurn unter Beweis. Zuvor skorte er auch beim Mini-Turnier in Schötz gegen Langenthal. Dem SC Zofingen selbst attestiert Andrist viel Qualität. «Die Mannschaft spielt auf einem guten Niveau», sagt er. Auch die Trainings seien intensiv, «aber das ist in der Vorbereitung ganz normal.»

Wie lange Stephan Andrist noch das Trikot des SC Zofingen tragen wird, steht in den Sternen. Erschwerend ist vor allem, dass viele nationale Meisterschaften wegen der Coronapandemie verspätet zu Ende gehen und die Klubs erst danach mit der Planung für die neue Saison beginnen. «Ich schaue, welche Angebote ich erhalte. Ich möchte auf jeden Fall noch ein bis zwei Jahre weiterspielen und bin offen für alles», sagt Andrist zu einem allfälligen Karriereende.

Über die Gründe, die ihn in diese Situation brachten, will er keine Gedanken verlieren. «In Saarbrücken hatte ich wegen Corona keine Chance auf einen Einsatz. Und wer nicht spielt, kann sich auch nicht zeigen», sagt Andrist, «das ist schade, aber so ist der Fussball.»