
SVP-Delegierte beschliessen Stimmfreigabe beim Covid-19-Gesetz
Die Delegierten der SVP haben entschieden. Sie wollen das Covid-19-Gesetz nicht zur Ablehnung empfehlen, sondern die Entscheidung ihren Wählern überlassen. 80 Delegierte sprachen sich am Samstag für, 64 Gegen die Stimmfreigabe aus. Weitere 19 haben sich in der Frage enthalten. Das Covid-19-Gesetz spaltet die Partei. Das zeigte sich bereits in der Schlussabstimmung in der Frühlingssession. Zwar hiessen 28 SVP-Nationalräte und damit die Mehrheit das Gesetz gut, allerdings lehnten es 13 ab und weitere 13 enthielten sich der Stimme. Sämtliche anderen Fraktionen stimmten der Vorlage einstimmig zu.
Beim Covid-19-Gesetz hielten sich die Pro- und die Kontra-Argumente die Waage, führte Nationalrat Lars Guggisberg (BE) an der Delegiertenversammlung aus. «Wer ein Zeichen setzen will gegen die unverhältnismässigen Massnahmen des Bundesrates, stimmt Nein.» Diejenigen müssten sich aber auch bewusst sein, wer davon betroffen sein wird. Denn bei einer Ablehnung würde die Grundlage zur Abfederung der negativen wirtschaftlichen Folgen wegfallen. «Wenn der Staat faktische Arbeitsverbote verfügt, soll er auch finanziell dafür geradestehen», so Guggisberg. Die pragmatische Lösung sei deshalb die Stimmfreigabe.
Chiesa gegen «bundesrätliche Holzhammerpolitik»
Der Vorschlag des Parteivorstandes stiess auf viel Sympathie, wie auch die Wortmeldungen an der Delegiertenversammlung zeigten. «Hängen wir diese Frage nicht zu hoch, es geht um ein befristetes Bundesgesetz», sagte der Zürcher Nationalrat Gregor Rutz. Für einmal sei die Stimmfreigabe der richtige Weg. Auch Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (GR) sprach sich für die Stimmfreigabe aus. Dies, obwohl sie die Politik des Bundesrates bereits mehrfach als «Diktatur» bezeichnet hatte. Sie gab dennoch zu bedenken: «Wenn wir ja sagen, akzeptieren wir die vollumfänglichen Befugnisse des Bundesrates.»
Auch SVP-Präsident Marco Chiesa liess es sich in seiner Präsidialrede am Samstag nicht nehmen, die Coronapolitik des Bundes und der anderen Parteien hart zu kritisieren. «Sie vernichten Tausende von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, zwingen ganze Berufszweige willkürlich in die Knie», sagte er. Dazu komme ein riesiger Schuldenberg, der auf den Schultern einer ganzen Generation laste. Die «bundesrätliche Holzhammerpolitik» zerstöre nicht nur die Wirtschaft, sie schade auch der Gesundheit der Bevölkerung. Was das den nationalen Impfplan und die Teststrategie betrifft, sprach Chiesa von einem «Krisenmanagement from hell».
Ueli Maurer: Wirtschaftlichen Folgen mehr Gewicht geben
Die Coronakrise war an der Delegiertenversammlung das dominierende Thema. Finanzminister Ueli Maurer wurde per Video zugeschaltet und äusserte sich zu den finanziellen Folgen der Pandemie. Er sprach von 60 bis 70 Milliarden an zusätzlichen Kosten, die in diesem Jahr anfallen werden. Tragen würden diese die kommende Generation, so Maurer. Denn: «Wir werden an diesen wirtschaftlichen Folgen noch Jahrzehnte arbeiten müssen». Es sei deshalb höchste Zeit, dem wirtschaftlichen Aspekt mehr Gewicht zu geben.
In den letzten Monaten seien die Direktiven fast ausschliesslich von oben gekommen, Diskussion habe nicht mehr stattgefunden, so Maurer weiter. Diese Sanduhr müsse nun wieder gekehrt werden. «Wir brauchen kritische Bürgerinnen und Bürger», so Maurer weiter. Das Volk müsse ein gewichtiges Wort mitreden können, um diese Krise abzuschliessen.
Weitere Abstimmungen: SVP empfiehlt dreimal Nein und einmal Ja
Neben dem Covid-19-Gesetz stehen am 13. Juni noch vier weitere Abstimmungen auf dem Programm. Hier gab es seitens der Delegierten keine Überraschungen. So sagten sie deutlich Nein zum revidierten CO2-Gesetz. Die Schweiz sei ein Vorzeige-Land beim CO2-Ausstoss, führte der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark aus. Das neue Gesetz werde keine Probleme lösen und hinsichtlich des Klimas «schlicht keine Wirkung» haben. Derweil warnte Imark vor höheren Steuern und Abgaben, unter anderem bei den Benzin- und Dieselpreisen. Die Argumente für das Gesetz, welche die Berner GLP-Nationalrätin Melanie Mettler vorbrachte, hatten am Samstag keine Chance.
Ebenfalls chancenlos blieben die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative. Wirtschaftsminister Guy Parmelin warnte an der Delegiertenversammlung seiner Partei erneut vor deren Folgen. Konkret fürchten Gegner und Bundesrat eine Verringerung des Selbstversorgungsgrades der Schweiz und den Verlust von Arbeitsplätzen. Einzige Vorlage, welche die SVP-Delegierten befürworten, ist das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT). Gleich zwei Komitees hatten dagegen das Referendum ergriffen, weil es zu weit gehe. Für die SVP sind die Instrumente wie Kontaktverbote, oder Hausarrest für potenzielle Gefährder jedoch eine gute gesetzliche Grundlage zur Bekämpfung von Terrorismus.