Tag der regionalen Wirtschaft: Gemütlichkeit und eine Philippika

Ammänner im Gespräch: Hans-Ruedi Hottiger (l.) mit Ralph Ehrismann.
Ammänner im Gespräch: Hans-Ruedi Hottiger (l.) mit Ralph Ehrismann.
Oftringens Ammann Hans-Peter Schläfli mit Moderatorin Danièle Zatti.
Oftringens Ammann Hans-Peter Schläfli mit Moderatorin Danièle Zatti.
Gastgeber Roland Hallwyler (l.) führte die Gäste durch den Neubau seiner Firma.
Gastgeber Roland Hallwyler (l.) führte die Gäste durch den Neubau seiner Firma.

FAKTEN ZUM VERBAND

Schon die 163. GV

Im Verband «Wirtschaft Region Zofingen» (WRZ) sind die Unternehmen der Region Zofingen sowie des nördlichen Wiggertals zusammengeschlossen. Er kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: Hervorgegangen ist der WRZ aus dem 1855 gegründeten Handels- und Fabrikanten-Verein. Die diesjährige Generalversammlung war deshalb bereits die 163. Aktuell zählt der WRZ 160 Mitglieder. Präsident ist seit 2007 Peter Gehler, Leiter des Pharmaparks und Kommunikationschef bei der Siegfried AG in Zofingen.

Den «Tag der regionalen Wirtschaft» streichen sich die Unternehmer aus der Region im Kalender jeweils rot an: An diesem Frühsommertag hält der Verband «Wirtschaft Region Zofingen» (WRZ) seine jährliche Generalversammlung ab – verbunden mit einer Standortbestimmung und einem geselligen Nachtessen. Diesmal traf man sich im beeindruckenden Neubau der Gebrüder Hallwyler AG in Rothrist.

Zunächst breitete sich allerdings alles andere als Gemütlichkeit aus. WRZ-Präsident Peter Gehler adressierte in seiner Rede die wirtschaftlichen Gewitterwolken am Horizont klar und ohne Umschweife.

WRZ-Präsident spricht Klartext
Auf nationaler Ebene kämen die grossen Reformvorhaben – Rentenreform und Unternehmenssteuerreform – nicht vom Fleck. Immer zahlreichere Initiativen und Referenden verlangten die Abkehr von der liberalen Wirtschaftsordnung. «Die Nation ist zerstritten, wenn es um die Beziehungen zu Europa geht.» Und der Reformstau im Inneren nehme «bedrohliche Ausmasse» an. «Es ist ein eigentlicher Reformstillstand.»

Seine Ausführungen zur Region trugen dann die Züge eine Philippika. Gehler hielt mit Kritik nicht zurück. Die Stadt Zofingen entwickle sich sehr gut, Oftringen und Rothrist könnten auch zufrieden sein. Aber als Ganzes verliere die Region dauernd an Attraktivität. «Die meisten Gemeinden rundherum haben sehr hohe Steuerfüsse und bieten ihren Einwohnerinnen und Einwohnern eher wenig.» Damit werde die Profilierung der Region Zofingen aktiv behindert. «Wir verkommen immer mehr zum Hinterland von Olten und Aarau.» Und: «Die Strukturen im Bezirk Zofingen sind nicht von gestern, sondern von vorgestern.»

Aus 18 Gemeinden mach 3?
Gehler schwebt eine radikale Verwaltungsreform vor: «Aus meiner Sicht kann der Bezirk Zofingen mit drei Verwaltungseinheiten administriert werden: Rothrist-Aare im Westen, Zofingen-Wiggertal im Zentrum und Kölliken-Surental im Osten, je mit einem Einwohnerrat, in dem alle Dörfer vertreten sind. Das würde ausreichen, würde Mittel freispielen für Freizeit, Kultur und Sport bei erst noch wesentlich tiefen Steuern, die dann den Haushalten zugutekämen.» Ohne eine solche Reform gehe «die Talfahrt der Region Zofingen ungebremst weiter». Der WRZ wolle am Thema dranbleiben «und auch jene Gemeinden, die sich halb tot über die Runden zu bringen versuchen, auch entsprechend benennen».

Als Beispiel könne man Strengelbach nehmen, das die Unabhängigkeit als Legislatur-Ziel benannt hat. «Mit Verlaub, von welcher Unabhängigkeit ist hier die Rede? Diese Gemeinde hat ja gar keinen finanziellen Spielraum, um irgendetwas unabhängig zu tun. Autonom sind nur finanzkräftige, gesunde Gemeinden.» Die Fusionen in den Kantonen Fribourg, St. Gallen und Thurgau seien damit begründet worden, dass man den Gemeinden mehr Autonomie verschaffen wolle.

Auch Wirtschaftsförderer warnt
In die gleiche Kerbe schlug der regionale Wirtschaftsförderer Andreas Brändle. Zwar verzeichne die Region in den letzten vier Jahren ein überdurchschnittliches Produktivitätswachstum und die Wirtschaftsförderung habe gute Erfolge verbuchen können. Die Ansiedlungsdynamik sei jedoch schwach, zu schwach: «Es läuft verdammt wenig.» In den letzten vier Jahren habe das Arbeitsplatzwachstum in der Region sehr magere 2,1 Prozent betragen; «wir verlieren mehr Unternehmen als wir hinzugewinnen».

Nur richtige Fusion bringt etwas
Zudem habe die Region mit der Bodenknappheit ein «echtes Problem». Anzustreben sei ein überdurchschnittliches qualitatives Wirtschaftswachstum – mit einer Erhöhung der Wertschöpfung pro Quadratmeter. Die Politiker in der Region müssten deshalb «konsequente Strukturpolitik mit Fokus auf Wertschöpfung» betreiben, forderte der regionale Wirtschaftsförderer.

Gehlers und Brändles kritische Ausführungen boten befeuernden Stoff für das anschliessende Podium mit den Ammännern aus Oftringen, Rothrist und Zofingen, Hans-Peter Schläfli, Ralph Ehrismann und Hans-Ruedi Hottiger.

Schläfli mochte nicht glauben, dass er einen Bezirk Zofingen mit nur noch drei Gemeinden noch erleben werde; deshalb müsse man schrittweise die Zusammenarbeit verbessern, was bereits geschehe.

Deutlicher äusserte sich Hottiger; noch werde die Politik im ganzen Kanton zu stark auf Gemeinden mit 500 bis 800 Einwohnern ausgerichtet. «Im Prinzip schwächen wir uns so, indem wir Strukturen erhalten, die nicht überlebensfähig sind.» Als Beispiel nannte Hottiger das Zusammengehen von Attelwil und Reitnau: Es werde zwar Geld für eine Fusion ausgegeben; überlebensfähig sei die fusionierte Gemeinde auf lange Frist aber nicht.