
«Taxitaxitaxitaxitaxi!»
Die Schiebetür öffnet sich. Noch bevor ich einen ersten Schritt in die neue Welt vor meiner Nase machen kann, weicht die angenehme Ruhe – untermalt vom leisen Brummen der Klimaanlagen – schlagartig einem Schwall diverser «Taxitaxitaxi!»-Rufe, während sich vor mir eine Traube aufgeregter Menschen bildet, die uns nur zu gerne herumchauffieren würden.
Gnadenlos vertreibt die senkrecht stehende, mittelamerikanische Mittagssonne dabei die Kühle der brummenden Klimaanlagen aus den Räumen zuvor, in denen unser Gepäck gescannt und unsere Einreisemotive penibel in einem Gemisch aus ihrem dürftigen Englisch und unserem katastrophalen Spanisch durchleuchtet wurden. Zum Glück kam mir die Idee, auf die Frage nach meinem Beruf mit «estudiante» – was ja auch stimmt – und nicht mit «periodista» zu antworten. Kurz vor den Wahlen in Nicaragua wollte ich kein Risiko eingehen und das Innere eines nicaraguanischen Gefängnisses stand definitiv nicht auf unserer Besichtigungsliste. Gelesen hatten wir schliesslich so einiges im Vorfeld.
Dazu gehört auch, dass Taxifahrer bei Touristen gerne etwas mehr verlangen. Kaum sassen wir auf der Rückbank des Taxis, dessen Fahrer uns für 20 statt 25 Dollar – wie alle anderen vor dem Flughafen Managuas verlangten – ins Stadtzentrum befördern wollte, folgte der Schock: Während wir zufrieden waren, uns scheinbar nicht übers Ohr gehauen haben zu lassen, bemerkten wir, dass wir in all dem Trubel gar nicht sahen, ob der Taxifahrer die offiziellen, rot-weissen Taxinummernschilder an seinem Wagen hatte. Sämtliche Reiseführer, die wir gelesen hatten, rieten in aller Deutlichkeit davon ab, in ein nicht-offizielles Taxi zu steigen. Als der Fahrer plötzlich damit begann, zu telefonieren und Sprachnachrichten zu verschicken, wuchs unsere Besorgnis noch mehr. Touristen sollen in dem Teil der Welt mit der Hilfe nicht offizieller Taxis ja ab und zu mal entführt oder ausgeraubt werden, wie zu lesen ist. Als meine Freundin zu allem Unheil auch noch den Griff eines offenbar riesigen Messers entdeckte, war uns gänzlich unwohl. Ohne ihn bei seinen Gesprächen zu verstehen war uns klar, dass wir gerade einer gut betuchten Käuferschaft feilgeboten wurden. Schaudernd mussten wir immer wieder zu dem riesigen Messer schauen, mit dem er uns wohl problemlos zerstückeln könnte.
Während wir auf dem Rücksitz vor Angst wie erstarrt waren, hielt der Fahrer plötzlich an. Beklommen schauten wir nach draussen und sahen die Mauer eines Grundstückes. Endet es hier?
Ja, zumindest die Taxifahrt. An der Mauer konnten wir glücklicherweise schnell den Namen des Hotels lesen. Also kein Folterkeller. Beim Bezahlen stellte sich der Griff des vermeintlichen Riesenmessers als Griff eines selbst gemachten Schildes heraus, wie sie am Flughafen einige Taxifahrer in die Höhe streckten. Beim Herausnehmen des Gepäcks aus dem Kofferraum sahen wir, dass die offiziellen Taxinummernschilder montiert waren. Und während dem Rest der Ferien stellten wir fest, dass Fahren und gleichzeitiges Telefonieren in Nicaragua die Norm zu sein scheinen.