Tierseuche: Kanton Luzern probt den Ernstfall in Ruswil

Ein leichter Nebel hängt am Freitagmorgen in der Luft. Zwischen Hügeln und Wäldern steht abgelegen der Hof Elischwand, auf halbem Weg zwischen Nottwil und Ruswil. Ein gewöhnlicher Bauernbetrieb: Kühe, Kälber, Schweine, Katzen und Schildkröten sind hier zuhause. Die vergangenen zwei Tage ging es jedoch alles andere als normal zu und her. Die Maul- und Klauenseuche habe auf dem Hof einige Tiere infiziert, meldete ein Tierarzt am frühen Mittwochmorgen der kantonalen Dienststelle. Sofort leiteten die Behörden Massnahmen ein: Nur wenige Stunden später nahm der Kantonstierarzt auf dem Betrieb chemische Proben; am nächsten Morgen stand ein Zug Zivilschützer bereit, um den Hof abzuriegeln. Die Weiterverbreitung der Seuche soll um jeden Preis verhindert werden.

Glücklicherweise handelte es sich um eine Übung, ein Ernstfall hätte weitreichende Konsequenzen. Mit Schäden in Milliardenhöhe sei zu rechnen, sagt Otto Ineichen, Kantonstierarzt und Leiter Veterinärdienst des Kantons Luzern. Die ganze Wirtschaft, die der Landwirtschaft vor- und nachgelagert ist, stünde bei einem Ausbruch der Seuche still. Ineichen veranschaulicht: «Die Emmi hätte keine Milch mehr zum Verarbeiten.» Zudem käme der Tourismus schweizweit zum Erliegen.

«Wir gehen davon aus, dass bei Ausbruch der Seuche mindestens 100 Bauernhöfe sofort betroffen sind», sagt Otto Ineichen. Es gelte, möglichst schnell ausfindig zu machen, mit welchen anderen Betrieben die befallenen Höfe in Kontakt standen, um herauszufinden, wohin sich die Viren bereits verbreitet haben. Die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe würden abgeriegelt.

Die Einsatzleiter legen innerhalb der Bauernhöfe zwei Zonen fest. Die eine ist auf dem Hof mit einem gelben Band markiert. Dieser Bereich darf niemand unkontrolliert betreten oder verlassen, das Tragen von Schutzausrüstung ist obligatorisch. Ein rotes Band umschliesst die zweite Zone, in der sich die befallenen Tiere aufhalten. Verlässt jemand den Hof, muss er an der Personalschleuse seine Kleider desinfizieren, wechseln und anschliessend dort lassen, damit sie unter Kontrolle gereinigt werden können. So ist sichergestellt, dass keine Viren das Areal verlassen.

Der Veterinärdienst schlachtet die betroffenen Kühe und Schweine. Dabei achtet er auf einen möglichst tiergerechten Umgang. Nach der Betäubung werden die Tiere mittels Bolzenschuss oder Stromschlägen getötet. So verspüren sie keine Schmerzen. Anschliessend transportieren die Einsatzkräfte die Kadaver in einer dicht verschliessbaren Mulde ab und entsorgen sie. Dieses Vorgehen entspricht internationalen Standards im Umgang mit Seuchen und hilft, eine Weiterverbreitung zu unterbinden.

Die letzte grössere Seuchenübung im Kanton fand im Jahre 2011 statt. Damals führte der Bund die Simulation durch, der Kanton Luzern betrieb einen Schadenplatz. Der Zivildienst führt jährlich kleinere Seuchenübungen durch. Ineichen ist mit dem Ablauf der vergangenen zwei Tage sehr zufrieden. «Die Situation Bauernhof hätte im Ernstfall bewältigt werden können, zudem haben wir wertvolle Erkenntnisse für die Ausbildung der Einsatzkräfte gewonnen.»