Trotz Kritik von links und rechts – das Energiegesetz nimmt die erste Hürde

Das Volk hat an der Urne die Energiestrategie 2050 des Bundes gutgeheissen. Nun müssen die Kantone ihre Energiegesetze auf den neusten Stand bringen. Die Kantone können vorab im Gebäudebereich gesetzgeberisch tätig sein.

Als Instrument dafür haben sie sich die sogenannten «Mustervorschriften der Kantone im Gebäudebereich» (MuKEn) geschaffen, bei denen die Anforderungen stufenweise erhöht werden. Dass das im Ergebnis nicht immer einfach ist, haben jüngst die beiden Kantone Bern und Solothurn gezeigt, wo entsprechende Vorlagen vom Volk versenkt wurden.

Stephan Attiger: Es braucht zusätzliche Massnahmen

Den Energieverbrauch und damit auch den CO2-Ausstoss im Gebäudebereich können die Kantone mit ihrer Gesetzgebung und mit Förderprogrammen steuern. Bisher habe man den Reduktionspfad im Aargau mehr oder weniger eingehalten, sagte Energiedirektor Stephan Attiger in der Eintretensdebatte zum neuen Gesetz, aber: «Wenn wir auf dem Absenkpfad bleiben wollen, braucht es zusätzliche Massnahmen.»

Für ihn sei klar, dass Massnahmen nur zu ergreifen seien, wenn sie wirtschaftlich tragbar und verhältnismässig seien. Unterstützung gab es dafür einleitend von CVP, EVP-BDP, GLP, Grünen und SP. Die war aber mehrfach begleitet von deutlicher Kritik. Hansjörg Wittwer etwa würdigte für die Grünen die Vorbereitungsarbeit der Regierung. Es sei «ein pragmatischer Schritt, mehr leider nicht». Es seien strengere Vorgaben nötig.

Eine Volksabstimmung aufgrund eines möglichen Referendums «muss uns nicht beunruhigen», so Wittwer weiter. Es würde darum gehen, die Beschlüsse gut zu kommunizieren. Die Stossrichtung der Vorlage stimme, meinte auch SP-Sprecherin Gabriela Suter. Diese sei aber «kein mutiger, sondern ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung.»

Nach vielen schönen Worten in der Klimadebatte verlangte Gian von Planta (GLP) Taten. Schliesslich seien die Gebäude für über einen Viertel der Treibhausgase in der Schweiz verantwortlich. Am wichtigsten sei es, die Ölheizungen zu befristen: «Wir wollen das Geld nicht den Saudis schicken, sondern bei uns investieren.»

Diese Parteien kamen bei der SVP allerdings an die falschen. Christian Glur beklagte, die Vorlage weise zahllose neue Vorschriften und Verbote auf. Was sie genau bewirken würden, sei aber nicht ersichtlich.

Eine Pflicht zur Eigenstromproduktion bei Neubauten sei nicht sinnvoll, meinte Glur, weil so die Winterstromlücke nicht gedeckt werden könne. Den Druck auf die Hauseigentümer so stark zu erhöhen, «bringt vor allem hohe Kosten und eine noch nie da gewesene Bevormundung mit sich,» rief Glur in den Saal.

Die SVP trete auf die Vorlage ein, wolle das Gesetz aber massiv stutzen. Ob man am Schluss zustimme oder das Referendum ergreife, hänge vom Ergebnis der Beratung ab.
Gewissermassen zwischen den Fronten steht die FDP. Man trete auf die Vorlage ein, sagte in ihrem Namen Jeanine Glarner. Man sei jedoch nur für Massnahmen, die ökologisch wirksam, ökonomisch vertretbar und sozial akzeptiert sind, schränkte sie ein.

Man sei gegen Eingriffe in die Eigentumsfreiheit, wenn hohe Investitionen zunichtegemacht würden, und auch gegen Massnahmen, die technologisch keinen Sinn machten. Zentral sei es, den überschüssigen Sommerstrom in den Winter zu bringen. Die FDP vermisse Daten, Fakten, das Preisschild pro Massnahme, und die erwartete Wirkung.

So könne man vieles nicht beurteilen. Da erwarte man für die zweite Beratung viele Antworten der Regierung . Patrick Gosteli (SVP) sagte unter Hinweis auf die CO2-Abgabe auf Heizöl aus Sicht des Hauseigentümerverbandes, die Abkehr von fossilen Brennstoffen schreite voran.

Weitere Massnahmen drängten sich nicht auf. Die verordnete Eigenstromproduktion in Neubauten lehne man ab. Das sei zutiefst illiberal. Gosteli will auf freiwillige Massnahmen setzen.

Das sind die Entscheide im einzelnen

Elektroboiler: Solche darf man im Aargau seit 2012 nicht mehr einbauen. Die Regierung will noch bestehende Elektroboiler bis in 15 Jahren durch andere Lösungen ersetzen lassen. Die SVP wehrte sich gegen die Vorschrift, unterlag aber mit 84 : 43. Es bleibt also bei diesen 15 Jahren.

Gebäudeenergieausweis: Eine Kommissionsminderheit wollte bei Handänderungen die Pflicht zur Erstellung eines Gebäudeenergieausweises der Kantone (Geak) einführen. Der Rat lehnte dies mit 81 : 46 ab.

Eigenstromerzeugung: Die Regierung will eine Bestimmung im Gesetz, wonach ein Neubau eine Elektrizitätserzeugungsanlage mit einer bestimmten Leistung benötigt, oder dass man sich an einer solchen woanders beteiligen muss.

Die SVP bekämpfte diese neue Vorschrift ganz massiv. Damit könne man zudem die Stromlücke im Winter nicht schliessen. Die FDP machte deutlich, sie wolle vor der zweiten Lesung genau wissen, ob dies der Energieversorgung im Winter substanziell helfe. In erster Lesung sagte die FDP allerdings Ja. So überstand die Vorschrift die erste Lesung mit 85 : 42 Stimmen.

Ölheizungen: Die Regierung will neue Ölheizungen auch künftig zulassen, wenn man nachweisen kann, dass keine effizientere Lösung mit tieferem CO2-Ausstoss zur Verfügung steht und wirtschaftlich tragbar ist.

Die SVP wollte beim weniger weitgehenden bisherigen Recht bleiben. Ein Antrag von links verlangte ein Verbot neuer Ölheizungen. Beide blitzten deutlich ab, womit die Regierung sich auch hier durchsetzte.

Ersatz Heizung: Wenn man den Wärmeerzeuger (Heizung) ersetzt, muss man das melden. So will es die Regierung. Beim Ersatz ist darauf zu achten, dass 10 Prozent des Energiebedarfs mit erneuerbarer Energie gedeckt werden können. Auch diese Bestimmung wollte die SVP streichen lassen. Der Rat beliess sie jedoch mit 85 : 43 Stimmen so im Gesetz.

Weiter überwies der Grosse Rat der Regierung mit Blick auf die zweite und entscheidende Beratung der Vorlage nach den eidgenössischen Wahlen zahlreiche Prüfungsaufträge.

Dann entscheidet sich, was aufgrund der regierungsrätlichen Antworten im Gesetz drin bleibt oder gar als Verschärfung (zum Beispiel starke finanzielle Unterstützung von Gebäudesanierungen) dazu kommt.