
Über 10 Hofläden in der Gemeinde: auf Einkaufstour in Reitnaus Food-Abteilung
Wer die Reitnauer Bergrennstrecke nicht zu schnell hinunterfräst, erwischt ihn, den Abzweiger zum Grüterhof. Dort verrät auch eine Tafel, was es im Hofladen von Therese und Erwin Baumann zu kaufen gibt: unter anderem Eier, Brot, Konfitüre, Sirup – Produkte, deren Rohmaterial auf dem Hof geerntet wird. Die Öffnungszeiten sind grosszügig und Bargeld braucht man auch nicht dabei zu haben. Montags bis samstags kann man sich im Lädeli von 9 bis 19 Uhr selber bedienen, neben dem Kässeli kann ein QR-Code für Twint gescannt werden.
Sirup, Eierteigwaren, Dörrfrüchte, Konfitüre – dahinter steckt Können und Fleiss der 55-jährigen Therese Baumann, die ihren Hofladen vor knapp 20 Jahren eröffnete. Freitags, wenn sie Brot anbietet, herrscht reger Ansturm auf die kleine Holzbude. Auch Urdinkel vom eigenen Anbau kommt in einige Brotsorten, wobei sie den Teig dafür bereits zwei Tage vorher zubereitet. Diese Woche hat Therese Baumann noch mehr zu tun: Am Samstag, 11. September, organisiert die Kultur- und Landschaftskommission den «Genuss durchs Dorf». Von 10 bis 16 Uhr darf bei den elf Hofläden degustiert werden. Auf dem Grüterhof darf man sich dann durchs Desserbuffet probieren.
Ansturm auf das Brotsortiment
Ein Dorfladen und elf Hofläden für 1570 Einwohner – eine komfortable Situation, die auch geschätzt wird. Den Supermarkt ersetze das nicht, sagt die Grüterhof-Bäuerin, aber mit frischen Lebensmitteln könnte man sich in Reitnau gut eindecken. Sie eröffnete ihn, als sie der wachsenden Familie zuliebe ihr Pensum als Lehrperson Wirtschaft, Arbeit und Haushalt zurückschraubte. Damals wurde sie noch belächelt. Zu abgelegen, fanden manche. Diese Prophezeiung hat sich nicht bewahrheitet, denn Baumanns Produkte schmeckten den Leuten, auch weil sie als gelernte Hauswirtschaftslehrerin gerne pröbelt, wie sie sagt.

Weiter unten im Dorf ist Käthi Reinhard in ihrem Attelwiler Hoflädeli gerade mit Kunden beschäftigt. Wenn das Geschäft dienstag- und freitagvormittags geöffnet ist, geben sich die Kundinnen die Klinke in die Hand. Das frische Brot duftet zum Reinbeissen gut und die meisten nehmen gleich mehrere Laibe mit, nachdem sie mit der Bäuerin ein paar Worte ausgetauscht haben. «Man teilt mit den Kunden den Alltag», sagt Käthi Reinhard, deren offenes Ohr gerade zu Coronazeiten geschätzt wird. Die Hälfte ihrer Kunden wohnt im Dorf, der Rest kommt von ausserhalb. Das Backen von Brot und Chrömli, ohne die ebenfalls kaum jemand den Laden verlässt, verlangt viel Zeit ab von der 50-Jährigen. Sie stellt alles selber her, was im Laden steht. Der Honig stammt von ihren Bienen. Daneben macht sie mit ihrem Mann Hubert den Hof und steigt mit ihm regelmässig bei Jaun auf die Alp, wo ihre Milchkühe sind. Den Alpkäse kann der Besucher am 11. September degustieren, in der Urform oder als Käseküchlein. Auch Milchshakes und Zopf wird man dann vorfinden.
Zehn Jahre ist es her, seit Käthi Reinhard ihrem Hof einen Laden angliederte. Damals suchte die Tagesschule Wannenhof, die im Schulhaus Attelwil eingemietet war, nach der Schliessung des Chrämerhus einen neuen Znüni-Lieferanten. Die Bäuerin backte ihnen Brot und eröffnete ihr Lädeli – zu der Zeit der einzige Laden im Dorf. Die Tagesschule ist schon vor einer Weile ausgezogen, Käthi Reinhards Brot, Chrömli, Käse und Honig sind immer noch zu kaufen. Das Hubi-Brot ist nach ihrem Mann benannt, das Schwinger-Brot nach dem Sport ihrer Söhne. Vier sind es, drei davon wurden Bauern. «Ich bin in Attelwil aufgewachsen und habe früher im Dorf eingekauft. Das will ich unseren Leuten auch ermöglichen», sagt sie. Oft sei es ein Chrampf, das alles alleine zu stemmen. Doch müsste sie eine Mitarbeiterin bezahlen, könnte sie ihre Sachen nicht mehr zum selben Preis verkaufen. «Und ich möchte nur so viel verlangen, wie ich selber auch zahlen würde.» Auch Käthi Reinhard hat eine Lösung gefunden, ihre Produkte ausserhalb der Öffnungszeiten zugänglich zu machen. Sie deponiert auf Wunsch Bestellungen in Ladennähe, die abgeholt werden können, und via bstelle.ch kann man sich den Sunntigszopf auch nach Hause liefern lassen.
Ein Kühlschrank und ein Kässeli
Gänzlich unabhängig von Öffnungszeiten kann man bei Steiners Biohof von Flavia Schär und Daniel Steiner einkaufen. Zwei Kühlschränke mit Kässeli (und Twint-Code) stehen vor ihrem Hof, daneben ein Milchautomat, den ein befreundeter Bauer mit seiner Milch füllt. Abgepackte Salate, Rüebli, Lauch und Eier liegen hinter den Glastüren der Kühlschränke. Auch andere Bauern können hier verkaufen. Im untersten Regal liegen kiloweise Kartoffeln, eines der Hauptprodukte des Steinerhofs. Entsprechend wird Flavia Schär am 11. September Pommes frites anbieten.

Der 24-Stunden-Selbstbedienungsladen ist zum Markenzeichen des Betriebs geworden. Als sie 2018 mit dem Gedanken spielten, einen Laden zu eröffnen, hätten sie die Form finden müssen, die für sie passe, sagt Flavia Schär, die zwei kleine Kinder hat. Beschäftigt ist die Familie bereits genug, wer also im Laden steht, hätte woanders gefehlt. «Ich dachte an mein eigenes Kaufverhalten. Ich bin selber froh, wenn ich dann einkaufen kann, wenn ich dazu komme.» Die Nachfrage zeigte: Der Reitnauer Markt war trotz des schon breiten Angebots an Hofläden noch nicht übersättigt. Die Kunden würden die frischen Produkte der Hofläden schätzen, weil sie auch geschmacklich besser seien, so Flavia Schär. Oder es sie sonst nirgends zu kaufen gibt, wie die rohen Randen oder die Rüebli, die ungewaschen gelagert werden und so länger frisch bleiben.
Ohne zu bezahlen bediene sich kaum jemand aus ihren Kühlschränken, sagt die Bäuerin. Dass das Vertrauen, das man dem Kunden entgegenbringe, nicht missbraucht würde, sei ein schönes Zeichen. «Die wenigen Male, als etwas wegkam, waren Bubenstreiche.»