Umzug mit schwerem Herzen

In unserer Sommerserie «Pensionierte» stellen wir Luzernerinnen und Luzerner vor, die sich in der dritten Lebensphase befinden.

Seit dreizehn Jahren lebt die in Berlin geboren Marianne von Allmen (Jahrgang 1945) im hintersten oder obersten Dorf des Gambarogno, in Indemini. An Kultur interessiert war sie aber schon seit ewig: «Während 20 Jahren habe ich in Luzern das Kleintheater geleitet, als Nachfolgerin von Maya und Emil Steinberger», berichtet die überaus aktive Seniorin. In der «Vecchia Dogana» (Altes Zollhaus), ihrem Indemini-Wohnsitz, hatte sie vier Jahre lang ein Bücherzimmer eingerichtet.

Gratis konnte man Bücher abholen, aber auch bringen. Die Türen standen Tag und Nacht offen. «Bereits nach wenigen Tagen hatten sich Bücher in Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch von ganz unterschiedlichen Besitzerinnen und Besitzern eingefunden.» Nach einem Besitzerwechsel musste sich Marianne von Allmen nach einem neuen Standort umsehen – und wurde fündig.

Sindaco kam auch vorbei
Die politische Gemeinde Gambarogno stellte die ehemalige «Aula Scolastica» (Schulzimmer) im gelben Gemeindehaus gratis zur Verfügung. «Gratis war auch meine Arbeit, was die Comune (Gemeinde) sehr schätzte», erzählt die umtriebige Pensionärin begeistert. Sowohl der Sindaco wie auch der Vizesindaco (Gemeindeammann und Vizeammann) seien mehrmals im Bücherzimmer vorbeigekommen, war weiter zu vernehmen. Mittlerweile werde die «Biblioteca» auch für andere Zwecke genutzt. Seit 2017 stehe dort ein Klavier, und der Raum werde als Probelokal für das Indemini-Festival, für Konzerte, Lesungen und sogar Yogakurse geschätzt. So wurde auch im vergangenen Sommer eine Lesung organisiert – und dies an zwei Tagen – im Rahmen des «Festivals der leisen Töne», wie der Seetaler Poesie-Sommer genannt wird. Von Ulrich Suter organisiert, findet dieser Anlass jeweils im aargauisch-luzernischen Seetal statt. Einzelne Anlässe gibt es auch im Tessin oder im Ausland zu besuchen. Ulrich Suter ist jeweils auch der Organisator der monatlich stattfindenden Lyrik-Lesungen im alten Kloster St. Urban (diese Zeitung berichtet regelmässig).

Unterschiedliche Gründe
Schweren Herzens hat sich Marianne von Allmen entschlossen, in eine kleine Wohnung nach Luzern umzusiedeln. «Ganz unterschiedliche Gründe waren schlussendlich der Auslöser und es ist mir nicht leicht gefallen.» Eine längere Vorbereitungszeit habe sie nun hinter sich, mit viel Entsorgen und Verschenken. Vieles wurde bereits nach Luzern abtransportiert.

Eine Zwischenlösung habe sich für die Bibliothek glücklicherweise ergeben, erklärte von Allmen. Die Besitzerin des kleinen Ladens im Dorf, Flora Rossi, sei bereit, zwischen 10 und 18 Uhr den Raum geöffnet und zu halten. Für ein Jahr hat Marianne von Allmen von der Gemeinde zudem die Erlaubnis bekommen, die letzten vier Tage des Monats in der ehemaligen Lehrerinnenwohnung zu logieren. «Ich bin überaus zuversichtlich, dass sich in dieser Zeit eine Nachfolge und damit das Weiterbestehen des beliebten Bücherzimmers «Libri per tutti: Es hat für alle» finden wird.