
Und plötzlich hat der FC Aarau ein Luxusproblem
Tabellenachter, nur drei Punkte nach drei Spieltagen, gepunktet einzig gegen Challenge-League-Schlusslicht Chiasso – und der FC Aarau soll ein Luxusproblem haben? Bisher musste Trainer Stephan Keller nicht lange überlegen, wer in die Startelf soll. Diese stellte sich wegen Verletzungen und mangels ernsthafter Alternativen von alleine auf. Daran hat sich nach der Länderspielpause im Tor, in der Abwehr-Viererkette und im defensiven Mittelfeld nichts verändert: Simon Enzler, Raoul Giger, Leon Bergsma, Arijan Qollaku, Elsad Zverotic und Olivier Jäckle scheinen unantastbar für das heutige Auswärtsspiel gegen Lausanne-Ouchy.
Im offensiven Mittelfeld und im Sturmzentrum indes hat Keller mittlerweile die Qual der Wahl. In den bisherigen Ligaspielen gegen Wil, Winterthur und Chiasso bildeten Kevin Spadanuda, Donat Rrudhani, Liridon Balaj und Shkelzen Gashi eine Offensivreihe, die zwar im Torabschluss sündigte, um die Stephan Keller trotzdem wohl nicht wenige Trainerkollegen in der Challenge League beneideten. Das Quartett war gesetzt.
Doch mit dem polyvalenten Marco Aratore und dem vom FC Sion ausgeliehenen Stossstürmer Filip Stojilkovic sind nun zwei Spieler zum FCA gestossen, für die alles andere als ein Stammplatz zu wenig ist. Mit Aratore und Stojilkovic wächst die Offensivabteilung nicht nur in der Breite, sondern gewinnt auch auf dem Papier an Qualität. Mit Petar Misic, Randy Schneider und Ersan Hajdari stehen noch weitere Offensivkräfte zur Verfügung, die jedoch punkto Einsatzchancen weit entfernt sind von den anderen.
Routiniers haben keine Stammplatz-Garantie
Keller betont seit jeher, dass Namen und Meriten keinen Einfluss auf die Einsatzminuten hätten. Heisst mit Blick auf die verstärkte FCA-Offensive: Auch Gashi und Aratore, beide routiniert und garniert mit vielen Super-League- und Europacup-Einsätzen sowie im Fall von Gashi sogar mit einer EM-Teilnahme, haben ihre Plätze nicht einfach so auf sicher.
Gerade bei Gashi stellt sich die Frage: Passt er zu Kellers Fussballidee? Gashi ist der erfolgreichste und am weitesten gereiste Spieler im FCA-Kader, er ist auf dem Platz mit allen Wassern gewaschen und kümmert sich als Ratgeber und Motivator um die jüngeren Offensivkollegen. Doch Schnelligkeit, das zentrale Element des Keller-Fussballs, ist nicht seine Stärke und wird es im 33. Lebensjahr auch nicht mehr werden. Welche Rolle sieht der Trainer langfristig für ihn vor?
Voller Selbstvertrauen nach Aarau
Gashi hat seine bisher zwei Saisontore als Mittelstürmer erzielt. Eine Position, die ihm noch nie behagt hat, am besten war Gashi stets als hängende Spitze. Unter anderem deshalb ist seit zwei Wochen Filip Stojilkovic ein Spieler des FC Aarau. Ein klassischer Stossstürmer, robust, schnell, der seine Knipserqualitäten mit acht Toren für den FC Wil in der Vorrunde der Saison 2019/20 angedeutet hat. Seit Anfang dieses Jahres steht Stojilkovic beim FC Sion unter Vertrag. Dort wurde ihm zuletzt Ex-YB-Stürmer Guillaume Hoarau vor die Nase gestellt, deshalb die Ausleihe bis Ende Saison nach Aarau.
Interessant: Gemäss Sion-Präsident Christian Constantin musste Aarau für den 20-Jährigen keine Leihgebühr bezahlen, dafür mit dem Spieler den Lohn bis Ende der Leihe selber aushandeln. Für diese Zeit setze Sion die Lohnzahlungen aus.
Stojilkovic dürfte seinen Dienst im Brügglifeld voller Tatendrang angetreten haben: In der Länderspielpause hat er sich mit der Schweizer U21-Nationalmannschaft für die EM im nächsten Jahr qualifiziert, er ist also vollgepumpt mit Selbstvertrauen. Gute Voraussetzungen, um der bisher spielerisch zwar nett anzuschauenden, grösstenteils jedoch harmlos agierenden FCA-Offensive die nötige Durchschlagskraft zu verleihen. Mit auf 185 Zentimeter verteilten 80 Kilogramm bringt er auch körperlich einiges mit.
Zurück zu Stephan Keller: Schenkt er heute Abend (19 Uhr) im Auswärtsspiel bei Stade-Lausanne-Ouchy der gleichen Startelf das Vertrauen, die vor zwei Wochen für den Premierensieg gegen Chiasso sorgte? Oder macht er von den neuen Offensivalternativen Gebrauch und lanciert somit den Konkurrenzkampf so richtig?
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